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  Verloren...
 
Kapitel 26 – Verloren

Ich verstand nicht. Wo Mick gerade noch gelegen hatte, breitete sich ein Fleck feuchter Erde aus. Ich kniete neben der Stelle nieder, an der er gelegen hatte und berührte den Boden. Als ich meine Hand wieder zurück zog haftete dort neben den dunklen, schweren Krümeln der Erde auch eine rötliche Flüssigkeit. Den Geruch kannte ich genau. Das war Blut. Micks Blut. Aber warum war er nicht aufgestanden, trotz der Wunden, und zu uns gekommen, um uns zu helfen?

Mir bot sich dafür nur eine logische Erklärung. Weil die Legion seinen geschwächten Zustand ausgenutzt und ihn mit genommen hatte, als alle anderen gerade mit Sophia beschäftigt waren. Natürlich war die Legion vorrangig hinter uns Vampiren her und dass Sophia verletzt worden war, schien ein blutiger, aber in ihren Augen angenehmer Nebeneffekt zu sein. Wir waren beschäftigt, und sie konnten sich in aller Ruhe aus dem Staub machen.

Unruhig sah ich mich an. Ich wusste, dass ich jetzt andere Pflichten hatte, schließlich war ich jetzt Mentor eines Neugeborenen, um den ich mich zu kümmern hatte, aber ich konnte nicht umhin, wütend zu knurren. Allein bei dem Gedanken, was die Legion Mick antun könnte, wurde mir übel vor Zorn und Angst. Ich wusste immerhin nur zu gut, was man mir angetan hatte. Das verfolgte mich nachts immer noch in meinen Träumen und war der Grund, warum ich die Legion so hasste. Nicht nur, weil sie Vampire jagte und tötete, was schlimm genug war, sondern weil sie mir persönliches leid zugefügt hatten. Und weil sie Mick weh tun würden, wenn wir nicht schnell etwas unternahmen.

Ich drehte mich zu Guillermo um.
„Wir müssen Mick suchen!“ rief ich und er sah von seiner Tätigkeit auf, Sophia zu Boden zu drücken, die inzwischen wieder aufgewacht war und Anstalten machte, sich auf Beth und Pat zu stürzen, denen der Schock noch ins Gesicht geschrieben stand. Beth liefen stumme Tränen die Wangen hinab, aber Pat sah aus, als würde sie gleich umfallen.
„Ich fürchte, da können wir nicht viel tun, es sei denn, du hast einen Holzpflock dabei, um Sophia ruhig zu stellen.“ meinte er. Ich sah ein, dass er Recht hatte. Sophia war unser Hauptproblem im Moment. Unser zweites großes Problem war Patricia. Wie sollte ich ihr das jemals vernünftig erklären, ohne, dass sie schreiend davon lief und im Wald zu Tode kam? Und Mick.... wie sollten wir ihn jemals wieder finden?

Nachdenklich ging ich zu einem der Soldaten, die Sophia getötet hatte und untersuchte seine Wertgegenstände. Prompt wurde ich fündig. An seinem Gürtel baumelten zwei zugespitzte Holzpflöcke aus poliertem, dunklem Rosenholz. Ich nahm einen Davon und den anderen steckte ich ein, für Notfälle. Bei einem Neugeborenen wusste man nie, was einen als nächstes erwartete. So gut ich glaubte, Sophia zu kennen, mit der Verwandlung in einen Vampir hatte sich das größtenteils geändert. Für die erste Zeit würde sie nur nach ihren Instinkten existieren, die ihr sagen würden, wann sie zu trinken hatte, wann sie sich ausruhen musste und wann sie die Gesellschaft anderer Vampire – maßgeblich die ihres Mentors – benötigte.

Vorsichtig näherte ich mich mit dem Holzpflock in der Hand Sophia. Guillermo war von ihr herunter gestiegen und hatte sie los gelassen, aber da ich immer noch zwischen ihr und den beiden Menschenfrauen stand, wusste sie selbst in diesem Zustand, dass sie erst an mir vorbei musste, wenn sie die beiden töten wollte. Und das würde keinesfalls leicht werden. Denn auch wenn neugeborene von Anfang an stärker waren als ältere Vampire, wegen dem menschlichen Blut in ihrem Kreislauf, gab es ein großes Problem.
Diese Kraft verlor sich nach gut einem Jahr, wenn das menschliche Blut langsam mehr und mehr mit den Stoffen aus dem Organismus des Vampirs in Kontakt kam und alles menschliche im Körper regelrecht fraß. Das Wachstum, die Alterung, all das wurde unterbrochen. Und die Kraft, die ihr dann fehle, würde sie mühsam wieder aufbauen müssen, auch wenn sie immer stärker sein würde als ein gewöhnlicher Mensch.
Ich hatte den Vorteil, dass ich schon mehr als einen Menschen in einen Vampir verwandelt hatte und wusste,worauf es ankam. Ich kannte die Anfängerfehler, die junge Vampire häufig begingen. Und ich wusste mich zu wehren.
Weh tun wollte ich ihr nur, wenn es wirklich nicht anders ging. Aber zu ihrer eigenen und zur Sicherheit von Beth und patricia würde der Holzpflock unerlässlich sein.

Sophia richtete sich langsam auf und kam zu mir herüber, mit katzenhaften Bewegungen. Unwillkürlich musste ich an den Jaguar denken. Ich hatte mich zwischen ihn und seine Beute gestellt. Hier war es nicht anders. Ich stellte mich wieder zwischen den Jäger und seine Beute, weil ich nicht wollte, dass weder den Damen noch Sophia etwas passierte. Und ob es Absicht war oder nicht, Sophia fletschte die Zähne und grollte mich so durchdringend an, dass sich mir die Nackenhaare aufstellten. Das war in meinen Augen eine vollkommen nachvollziehbare Reaktion, denn sicherlich war sie verwirrt und hatte Angst. Die ersten Momente als Vampir konnten einen vollkommen aus dem Gleichgewicht werfen. Warum sah man alles so gestochen scharf? Warum hörte man plötzlich alle Geräusche wie einen röhrenden Presslufthammer, bis man sich auf ein Geräusch konzentrierte und es herausfilterte? Warum roch man plötzlich alles so viel intensiver?

Ich hob die Hände zum Zeichen, dass ich ihr nichts tun würde. Den Pflock hatte ich mir in den Gürtel geschoben, an eine Stelle, die Sophia von dort nicht einsehen konnte. Dann machte ich einen Schritt auf sie zu. Ich ging sicher und ruhig wie immer. Wenn ich ihr signalisierte, dass ich Angst vor ihr hatte, würde sie zum Angriff übergehen. Es war wie mit Tieren. Zeig einem Hund oder einem Löwen nie, dass du Angst hast. Tiere riechen das und greifen sofort an. Denn die Chance zu nutzen, in der man stärker und überlegener ist als sein gegenüber, war meist besser, als sie verstreichen zu lassen und zu warten, bis der Gegner den nächsten Schritt machte.

Damit, dass ich vollkommen ruhig blieb, konnte ich ihr vielleicht selbst etwas Ruhe einflößen. Schließlich brauchte sie einen Orientierungspunkt und ich würde dafür sorgen, dass ich das war und niemand sonst. Noch immer kam das bedrohliche Fauchen aus ihrer Kehle, nicht anders als das der Raubkatze nur wenig zuvor.
Ich ging immer noch auf sie zu und fühlte mich plötzlich an eine ganze andere Situation erinnert, die sich fast so vor so langer Zeit in Micks Wohnung zugetragen hatte...

Mit einem Satz schoss ich hoch und saß einen Lidschlag später an der nächsten Wand, knurrend, die Eckzähne gebleckt. Mick starrte mich eine Weile perplex an, während das Knurren aus meiner Kehle beständig lauter wurde. Normalerweise war das eine Warnung an alle, mir nicht zu nahe zu kommen, und doch tat er genau das. Er kam auf mich zu und drängte mich in die Ecke. Das Knurren aus meiner Kehle erreichte einen Punkt, an dem sogar die Fensterscheiben in Schwingungen versetzt wurden, und er blieb immer noch nicht stehen. Erst als er genau vor mir stand, schoss ich weg. Das heißt, ich wollte es, kam aber nicht dazu. Weil er die Arme zu beiden Seiten gegen die Wand stemmte und ich festsaß, wie in einem Käfig. Und wenn ich eines nie wieder sein wollte, dann gefangen. Wusste er denn nicht, was er mir allein mit seiner Körpersprache signalisierte? Anscheinend nicht. Also hatte ich nur ein Mittel ihm das klar zu machen. Ich schob mich an der Wand hoch, bis ich auf Augenhöhe mit ihm war, die Eckzähne immer noch deutlich sichtbar, neigte den Kopf zur Seite und rammte ihm selbige ansatzlos in den Hals.

Er knurrte und ich knurrte zurück, schob ihn von mir weg. Die Zähne aus seinem Hals ziehend duckte ich mich an ihm vorbei und stand hinter ihm. Er war ein paar Sekunden wie versteinert, dann sah ich, wie sich die Wunde an seinem Hals schloss. Sein dunkelblaues Hemd hatte jetzt einen recht großen Blutfleck, aber es interessierte mich nicht. Er drehte sich zu mir um und kam wieder auf mich zu. Was sollte ich denn noch tun, damit er Abstand zu mir hielt und mich nicht bedrängte?
Er hatte die Hände gehoben. „Josef, ganz ruhig. Ich tue dir doch nichts! Ich will dir nur helfen!“ sagte er. Er blieb immer noch nicht stehen, also knurrte ich weiter, auch wenn ich davon morgen ganz sicher heiser sein würde.
Mit einem Sprung war ich bei der Tür. Ich wollte hier nur raus. Dabei war mir entgangen, dass Mick, als ich auf der Couch gesessen hatte, abgeschlossen hatte und ich ergo nicht raus kam, es sei denn, er gäbe mir die Schlüssel.
„Lass mich raus.“ fauchte ich dunkel und entblößte die Eckzähne. Ich wusste, dass man ihn damit nicht einschüchtern konnte, aber versuchen wollte ich es trotzdem.
„Nein. Erst, wenn du mir zugehört hast. Ich kann dich jetzt nicht gehen lassen.“ sagte er und ich knurrte noch lauter. „Ach nein?“ Mit einem Satz schoss ich auf ihn zu und bemerkte zu spät, den Holzpflock, den er aus dem Nichts aus der Tasche oder ich weiß nicht woher zog und ihn mir in die Brust rammte.


Aber anders als ich damals konnte Sophia sich einfach umdrehen und weglaufen. Hier hinderte sie niemand daran. Immer noch überwand ich die Kurze Distanz zwischen ihr und mir. Guillermo ein Stück daneben versteifte sich und biss sich auf die Lippe. Ich wusste, er wäre bereit, jederzeit dazwischen zu springen,sollte das ganze ausarten. Aber Sophia musste jetzt lernen, wer das Sagen hatte und keine Sekunde später. Ich hatte sie erreicht und streckte die Hand aus, um sie ihr auf die Schulter zu legen, ungeachtet ihres immer noch beständig ertönenden Knurrens.
„Sophia, es ist alles in Ordnung. Ich tue dir nicht weh.“ flüsterte ich. Langsam sah sie mich an, aber das eisblau des Vampirs wollte nicht aus ihrem Blick weichen. Ich sah, wie sie aufhörte zu knurren und tief Luft holte. Ein Seufzen drang über ihre Lippen, dann streckte sie die Arme aus und schlang sie um meinen Körper.

Ich vergrub für einen Moment die Nase in ihrem Haar, wie früher. Bis ich merkte, dass die Umarmung mehr war als nur eine Umarmung. Der Druck um meine Körpermitte wurde von Sekunde zu Sekunde stärker und als ich den Mund öffnete, um etwas zu sagen, entwich nur zischend die Luft aus meinen Lungen.
Ein Knacken ertönte und sengender Schmerz schoss durch meinen Brustkorb. Ich schnappte nach Luft, auch wenn ich wusste, dass ich nicht ersticken konnte, aber es war ein unangenehmes Gefühl. Mir fiel wieder ein, was Patricia über die Anakondas gesagt hatte, die es hier angeblich geben sollte.
So musste man sich fühlen, wenn eines von diesen vierzehn Meter langen Gebilden aus Muskeln einen umschlang, in der Absicht, sein Opfer zu Tode zu quetschen.

Du bist ein Narr, Josef Kostan! Fuhr es mir durch den Kopf. Ich hatte den peinlichsten, tödlichsten und banalsten Fehler gemacht, den man im Umgang mit einem Neugeborenen machen konnte. Ich hatte zugelassen, dass Sophia ihre Arme um mich schlang. Und selbst wenn ich nicht ersticken konnte... in der Mitte durchzubrechen wie ein Ast war auch eine Möglichkeit.
Wieder knackte es. Wenn Sophias Begrüßung darin bestand, mir für den ihr beigebrachten Schmerz sämtliche Rippen zu brechen, musste sie sehr verwirrt sein. Aber ich selbst hatte nicht die Kraft, sie los zu werden und ihre Arme waren wie Stahlbänder, die unaufhaltsam zugezogen wurden.
Aber plötzlich war da Guillermo, der Sophia von mir herunter riss und ihr einen Holzpflock in die Brust schlug. Mit einem Ausdruck ungläubigen Erstaunens auf dem Gesicht ging sie steif wie ein Brett zu Boden. Wie ein Ertrinkender rang ich nach Luft, als Guillermo hinter mich trat und meine Rippen wieder richtete, die mit einem Übelkeit erregenden Knacken wieder an ihren Platz und in ihre Form sprangen.

Ich hustete und spuckte aus. Unwillig knurrte ich und sah erst zu Sophia herüber, dann zu Guillermo.
„Danke.“ keuchte ich. Er nickte nur und ging wieder zu Sophia herüber. Dann wandte ich meine Aufmerksamkeit den beiden Damen zu. Auch wenn Beth schon länger mit uns Vampiren zu tun gehabt hatte, war sie doch leichenblass und sie zitterte.
Micks Verschwinden, die Verwandlung und Sophias Angriff auf mich waren sicherlich hart an ihrer Schmerzgrenze. Ich entdeckte Besorgnis in ihren Augen.
„Es geht schon wieder.“ murmelte ich lächelnd und sie lächelte unsicher zurück. „Was tun wir denn jetzt?“ fragte sie und obwohl ich mir diese Frage schon dutzende Male in den letzten Minuten gestellt hatte, musste ich überlegen, um eine Antwort zu finden.
„Ich denke, wir werden nach besten Möglichkeiten versuchen müssen, mit der neuen Situation zurecht zu kommen.“ sagte ich langsam und sah auf den Fleck, an dem Mick vorher gelegen hatte.

„Und dann werden wir uns auf die Suche nach Mick machen.“ ich legte Beth eine Hand auf die Schulter. Das daran noch geronnenes Blut von Sophia haftete, schien sie nicht zu stören. Würde ich jetzt in den Spiegel schauen, ich würde mich vermutlich selbst nicht wieder erkennen.
„Wir werden ihn finden, Beth. Mach dir keine Sorgen.“ sagte ich und drückte ihre Schulter aufmunternd, bevor ich mich Patricia zuwandte, die ängstlich vor mir zurück wich. Wie schon zuvor bei Sophia hob ich die Hände in einer friedlichen Geste und um zu zeigen, dass ich keine Waffen bei mir trug. Das war gelogen und sie wusste es, denn ich trug sehr wohl Waffen bei mir. Waffen, die ich immer und überall durch den Zoll und die Kontrollen bekommen würde.
Niemand schaute einem schließlich am Flughafen in den Mund.

Innerlich noch immer auf Vampirismus eingestellt wechselte ich mein Aussehen. Bis auf das Blut an meiner Kleidung, meinem Gesicht, meinen Händen, praktisch überall machte ich nicht den Eindruck, ein Monster zu sein. Ein Massenmörder vielleicht.
„Bleiben Sie weg von mir!“ sagte sie fest, aber ich konnte hören, dass ihre Stimme zitterte. Vom Boden hob sie einen Stock auf und hielt ihn schlagbereit vor sich. Fast hätte ich gelacht. Damit wollte sie mir zu Leibe rücken? Ich ging noch näher, doch sie wich weiter vor mir zurück, die nackte Panik in den Augen. Auch ohne die stecknadelkopfgroßen Pupillen in den eisblauen Augen, die mich aussehen ließen wie eine Schlange, war es schwer, die Bedrohung zu übersehen, die von mir ausging. Immerhin hatte ich ihr gerade bewiesen, dass ich in der Lage war Menschen zu töten. Vielleicht würde ich auch sie töten, weil sie zu viel gesehen hatte? Ich konnte fast hören, wie es in ihrem Gehirn arbeitete.

Doch sie hatte die Baumwurzel übersehen und stolperte. Prompt saß sie auf ihrem Hosenboden und der Stock flog durch die Luft. Geschickt fing ich ihn auf und brach ihn vor ihren Augen in gleich lange Stücke.
Knack, knack, knack. Die Bruchstücke warf ich hinter mir ins Gebüsch. Quakend machte sich ein fetter Frosch davon, aber ich hörte, wie er im nächsten Gebüsch das Opfer einer Schlange wurde. Der Kreislauf des Lebens war auch hier allgegenwärtig. Auch ich hatte gerade ein Leben beendet und ein neues geschaffen. Ich streckte die Hand au und sah, wie sie die Augen zusammen kniff. Weglaufen war zwecklos, wenn man gesehen hatte, wie schnell ich laufen konnte, würde sie mir – hätte ich die Absicht, sie zu töten – niemals entkommen.

Doch statt sie zu meucheln griff ich einfach nur nach ihrer Hand und zog sie hoch. Unsicher und schwankend stand sie auf den Beinen. Ich wollte sie stützen, aber durch die Berührung meiner unnatürlich kalten Haut, an der immer noch Blut haftete, zuckte sie zurück und riss sich los, die Augen immer noch schreckgeweitet und schnell und flach atmend.
Ich warf Beth einen auffordernden Blick zu und sie nahm Patricia am Arm und führte sie weg, während ich zu einem kleinen Wasserlauf ging, der hier floss, und mich gründlich wusch. Erst, als ich sicher war, dass sämtliches Blut von meiner Kleidung, meiner haut und aus meinen Haaren verschwunden war, ging ich zurück zu den anderen.

Patricia schien ihre forsche Art zurück gewonnen zu haben, denn sie funkelte mich über das Feuer, dass Beth und sie entfacht hatten, wütend an.
„Erklären Sie mir jetzt mal, was das soll? Ist das hier so etwas wie versteckte Kamera oder so?“ sie sah sich peinlich genau um.
„Kameras kann ich hier leider keine entdecken.“ legte sie das offensichtliche dar.
„Weil es keine gibt.“ ich merkte, wie ich dank meiner nassen Kleider anfing zu zittern. Auch Vampire waren gegen Umwelteinflüsse nicht gefeit. Das einzig gute daran war, dass ich mir hier im Regenwald sicherlich keinen Schnupfen würde holen können.
„Setzen Sie sich doch ans Feuer!“ schnappte sie quer über selbiges hinweg. Der Schock schien doch tiefer zu sitzen als gedacht. Manch einer weinte hysterisch, Miss Robins kompensierte ihren Schock durch noch forscheres Auftreten als ohnehin schon.

Ich lächelte und schüttelte höflich den Kopf.
„Feuer ist nicht gerade das Element, dass ich bevorzuge. Wir sind nicht... Feuer tut uns nicht gut. Wenn Sie in die Flammen fassen, bekommen Sie schlimmstenfalls Brandblasen. Von mir würde nur ein Häufchen Asche übrig bleiben.“ erklärte ich und blieb sitzen, wo ich war. Weit genug vom Feuer weg, um seine schmerzhafte Macht nicht zu spüren, aber noch nahe genug, damit ich nicht schreien musste, um mich verständlich zu machen.
„Also sind Sie... ein Vampir?“ fragte sie und wirkte mit einem mal unsicher, so als wollte sie, dass das alles nur ein schlimmer Traum war und sie gleich wieder daraus erwachte. Mir versetzte es einen schmerzhaften Stich. Genau das hatte Sophia Mick vor so langer zeit gefragt.

„Ja, das bin ich.“ erklärte ich. Mehr bedurfte es nicht. Immerhin hatte sie gesehen, wie ich aussah, wenn das Monster in mir durchbrach.
„Und bitte entschuldigen Sie, wenn ich Ihnen jetzt nicht das volle Spektrum an Gute-Nacht-Schauermärchen auftische, aber ich bin müde.“ ich erhob mich und wollte gehen, als ihre Stimme mich innehalten ließ.
„Warten Sie mal.“ ich drehte mich zu ihr herum.
„Dann stimmt die Geschichte, dass Emily Santero Ihre Großtante ist, ja auch nicht oder?“ fragte sie und sah aus wie ein kleines Mädchen, dass ein Geheimnis ganz allein heraus gefunden hat. Ihre Augen leuchteten im Feuerschein.
„Nein, das stimmt nicht.“ erwiderte ich. Ich fürchtete mich aus einem unbestimmten Grund vor dem weiteren verlauf des Gespräches.
„Wie gut haben Sie sie gekannt?“ fragte sie weiter und ich schluckte, bevor ich den Blick abwandte.
„ich habe sie geliebt.“ murmelte ich im Vorbeigehen, aber ich war sicher, dass sie mich gehört hatte.
 
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