Meine Geschichten
  Stadt der Götter
 
Seit Lance uns gesagt hatte, dass er uns so bald wie möglich verlassen würde, war die Stimmung niedergedrückt. Nicht nur, weil wir alle wussten, dass die Legion wusste, wer wir waren und wo wir uns aufhielten. Ich lag auf dem Bett in unserer Hotelsuite – dass den gestrigen Angriff gut überstanden hatte – und grübelte darüber nach. Meine Fingerspitzen und Lippen kribbelten noch etwas, eine Nachwirkung des Silbers, und das würde auch noch ein paar Stunden anhalten, wie nach einem Schwächeanfall.
Sophia saß neben mir und zappte durch die Kanäle des kleinen spanischen Fernsehers, der in unserem Zimmer stand. Sie mochte vielleicht verstehen, was dort gesagt wurde, aber mir entzog sich der Sinn des ganzen.
„Also nur, damit ich es verstehe... wo geht es eigentlich jetzt hin?“ fragte sie und lehnte sich mit dem Kopf gegen das Bett. Ich streckte die Hand aus, um ihr den Nacken zu kraulen, dicht unterhalb der Ohren, was sie wohlig seufzen ließ und das Kribbeln ein bisschen minderte, das mir allmählich auf die Nerven ging.

„Nun, Lance nimmt den nächsten Flieger nach Frankreich, jetzt noch schneller als geplant, weil uns die Legion hier entdeckt hat und wir deshalb logischerweise nicht hier bleiben können.“ sagte ich gedehnt und verlagerte den Punkt, an dem meiner kühlen Finger sie kraulten, ein bisschen nach rechts. Sie rutschte noch dichter an das Bett heran.
„Und wir reisen dann mit Instruktionen weiter nach Rom. Zumindest ist das der Stand der Dinge von gestern. Hast wohl nicht sehr gut zugehört, hm?“ fragte ich und langte an ihr vorbei nach der Fernbedienung, um dem Treiben des Fernsehers ein Ende zu machen. Auch ohne das Ohr gegen die Wand zu drücken hörte ich, wie nebenan ein reges Treiben im Gange war und dann etwas weiches – vermutlich ein Kissen – gegen die Wand flog.
Beth und Mick fanden doch immer neue Wege, nicht so erwachsen zu leben, wie sie an Jahren waren. Besonders Mick sollte ich das vielleicht öfter vor Augen halten.

Gelächter drang vom Gang her, Schritte näherten sich und dann ging die Tür auf.
„Funktioniert euer Fernseher?“ fragte Mick mit durch den Türspalt gestecktem Kopf und ich nickte.
„Eurer nicht?“
Er schüttelte den Kopf und zog Beth hinter sich her in den Raum, die sich neben Sophia setzte. Mick nahm ihr die Fernbedienung ab und bald zappten sie sich fröhlich durch die Kanäle.
Lustlos ließ ich mich nach hinten auf die Kissen fallen und seufzte.
„Also, schon eine Idee, wies weitergeht?“ fragte ich und Mick, von dem ich nur seine Kehrseite sah, weil er vor dem Fernseher kniete, murmelte etwas, das nicht mal ich verstand.
„Was hast du gesagt?“ fragte ich nach. „Ich sagte... nicht so wichtig.“ Ich nahm einen tiefen Atemzug Luft und roch, wie noch jemand draußen vor der Tür stand. In dem Moment, in dem ich „Herein“ rief, schwang die Tür auch schon auf und Lance stand dahinter.
Wir alle sahen zu ihm auf. Damit hatten sie nicht gerechnet, das sah ich in ihren Gesichtern, auch wenn zumindest Mick ihn gerochen haben musste.

„Nun, ich denke, wir sollten aufbrechen. Die anderen sind schon bereit.“ Bereit zu sein war ja nicht schwer, wenn man kein Gepäck dabei hat, dachte ich verächtlich. Die anderen sahen einfach nur geschockt aus. „Wir reisen schon ab? Aber Josefs Verletzungen sind gerade erst verheilt, er sollte sich...“ fing Sophia an, aber ein Blick von Lance brachte sie zum Schweigen. „ich diskutiere nicht länger darüber. Die Legion weiß, dass wir hier sind und wer wir sind und macht nicht umsonst gezielt Jagd auf und! Wir werden so schnell wie möglich abreisen um mögliche Verfolger abzuschütteln und Spuren zu verwischen. Sagt niemandem, wohin es geht, auch nicht untereinander, kapiert!“ Sophias Blick huschte betreten zu mir. Lance hatte es gesehen. „Das darf doch alles nicht wahr sein!“ stöhnte er entnervt. „Und du hast es ihr auch noch gesagt?!“ fragte er mit einem Blick an mich gewandt. Ich schluckte, verzog aber keine Miene, als ich nickte. „Ja, habe ich. Ich denke nicht, dass sie uns abhören.“ erwiderte ich und ging an ihm vorbei aus dem Zimmer. „Bitte, wenn du zurück willst dahin wo du her gekommen bist, dann geh. Wir gehen unseren Weg weiter wie bisher.“ sagte ich noch, dann verschwand ich die Treppe herunter. Logan würde eine Weile hier bleiben und uns auf dem Laufenden halten, aber die anderen standen schon marschbereit unten in der Halle und warteten nur noch auf uns.
Unten drückte Lance mir und Mick zwei Walkie-Talkies in die Hand. „Die sind abhörsicher. Benutzt sie nur, wenn es wirklich nicht anders geht.“ schärfte er uns noch ein, dann gingen wir getrennte Wege.

*
Mick POV
„Also müssen wir ins Archiv des Vatikans?“ fragte ich nach und Josef nickte. „Aber da kommt man nicht mal eben so rein.“ sagte er und das Flugzeug machte einen Hüpfer in ein Luftloch. Beth sah mich von der Seite an, ebenso Sophia. Ich schluckte.
„Wir müssen rein, aber wir kommen nicht rein. Schön. Und wie... kommen wir rein?“ fragte ich und sah förmlich, wie der ältere Vampir im Kopf bis zwanzig zählte, um ruhig zu bleiben und mich nicht anzufahren. Nicht nur Lance war jemand mit einem außergewöhnlich heißen Temperament. „Indem wir eine nette altbekannte Technik verwenden. Am Flughafen wartet ein alter Freund von mir auf uns, er nimmt uns mit und stellt uns bei sich neue Pässe aus. Verkleidung dürfte kein Problem sein.“ Beth studierte einen Reiseführer. „Rom, damals und heute“ hieß es auf dem Einband. „Hier steht dass die Archive des Vatikans noch bis 2012 wegen Bauarbeiten geschlossen sind.“ las sie vor. Josef stöhnte. „Mit anderen Worten: Wir kommen wirklich nicht rein.“ Ich runzelte die Stirn, weil ich nicht ganz verstand. „Und? Das heißt?“ fragte ich nach und Beth neben mir klappte das Buch zu. „Nun, das heißt, das wir uns irgendwie dort hinein schmuggeln müssen, wie Josef schon richtig bemerkte.“ erwiderte sie und lehnte sich an meine Schulter. Ich legte ihr den Arm um und zog sie an mich.

„Wir schaffen das schon. Zur Not mit Gewalt.“ erklärte ich und wieder war es Josef, der mich unwirsch unterbrach.
„Nun dann viel Spaß. Die richten dich eher öffentlich hin, als das wir an irgendwelche Informationen kommen.“ murmelte er und sah aus dem Fenster, wo wir uns langsam dem Landeplatz näherten. Vorsorglich zogen wir alle Sonnenbrillen aus den Taschen und setzten sie auf, als das Flugzeug zur Landung ansetzte und schließlich ausrollte.
Kaum hatten wir die Flughafenhalle verlassen, steuerte Josef auch schon auf einen braun gebrannten Mann in seinem Alter zu. Erst als wir näher kamen, merkte ich, dass er ein Mensch war.
„Mario, wie schön.“ die beiden umarmten sich mehr aus Höflichkeit denn aus Freundschaft, auch wenn ich sehen konnte, dass Mario es ehrlicher meinte als Josef.

Der Italiener trat mit einem ehrlichen Lächeln auf Josef zu und umarmte ihn stürmisch.
„Ah Guiseppe, buon giorno! Come stai?“fragte er und Josef nickte höflich. Wir anderen hielten uns im Hintergrund und sagten nichts.
„Buon giorno, Mario. Gut, danke der Nachfrage.“ Unnauffällig winkte er uns näher und Beth, Sophia und ich kamen ein Stück zu den beiden herüber.
„Mario, das sind Mick, Beth, Ryder, Guillermo und Sophia.“ stellte er vor, was uns allen ein Kopfnicken und ein „Buon giorno“ entlockte und auch ebenso erwidert wurde.
Nachdem der Höflichkeiten genüge getan war, führte Mario uns zu seinem Wagen, der so ähnlich aussah wie der, mit dem der alte Mann uns nach Toledo gefahren hatte, nur war dieses Exemplar bedeutend geräumiger und nicht so staubig. So dauerte es auch nicht lang, bis wir bei Mario ankamen, der in seinem Keller eine ganze Fälscherbande hätte arbeiten lassen können. Augenscheinlich nicht nur für Pässe, sondern auch andere Wertpapiere und sogar Falschgeld sah ich herumliegen. Innerlich musste ich mich zur Ruhe zwingen, nicht meinen Ausweis zu zücken und hier alles aufzureißen, sein Geschäft dicht zu machen und ihn hinter italienische Gardinen zu befördern, aber ich wusste, dass es erstens nichts genutzt hätte und zweitens hätte er uns dann sicher nicht mehr geholfen, also beließ ich es dabei und drückte mich nur in eine schattige kleine Ecke.

„Dann hilfst du immer noch Vampiren über die Grenze?“ hörte ich Josef fragen und Mario drehte sich um, als hätten die Wände Ohren, bevor er nickte. „Manche kommen her, weil sie illegal über die Grenze nach Frankreich wollen, andere, so wie ihr, brauchen Pässe und neue Namen für andere Zwecke.“ erklärte er. Ah, also half er auch noch anderen Vampiren, nicht nur uns. Das brachte mich auf einen Gedanken, der so unmoralisch war, dass ich ihn sofort wieder verwarf. Nein, wenn wir sicher wieder in Amerika waren, würde ich ihn sicher nicht hochgehen lassen, wo er uns doch geholfen hatte. Lance hatte Recht, wir mussten zusammenhalten, oder wir waren geliefert.
„Hattest du... öfters mit Vampiren zu tun, die vor der Legion auf der Flucht waren?“ fragte Josef leise nach. Mario nickte. „Ab und zu kommen welche, um hier unter zu tauchen. Ist aber keine gute Idee. Ich würde das nicht machen, wenn ich du wäre.“

Josef schwieg ein paar Sekunden. Ich war im Denken etwas schneller in diesem Moment und hatte so schneller den Sinn von Marios Worten erfasst als er.
„Moment mal, heißt das, die Legion weiß von der Sache und lässt dich weiter arbeiten?“ fragte ich nach und er sah mich erst einen Moment verständnislos an, bevor sein ängstlicher Blick zu Josef huschte.
„Nun... ja. Manchmal kommen Männer her. Von ihnen. Sie schauen, was ich so mache, aber sie sagen nie etwas. Nur, dass ich weitermachen soll wie bisher. Manchmal bekomme ich auch Aufträge von ihnen.“ gab er zu und Josef sah ihn so durchdringend an, sein Blick hätte auch ein Schwert sein können und Mario hätte auf der Stelle tot nieder sinken müssen, wäre das möglich.
„Moment mal, Amigo. Du arbeitest für sie?“ zischte er und ich konnte es Mario nicht verübeln, dass er bei Josefs Anblick weiß um die Nase wurde.

„N-nein, du verstehst das vollkommen...“ Josef war binnen eines Lidschlages bei ihm und packte ihn an der Kehle, um ihn ein gutes Stück vom Boden hochzuheben. Der Italiener röchelte.
„Soll das heißen, du verschaffst den Leuten von der Legion Hinweise über uns? Gibst brav weiter, wer hier ein und aus geht, wer seinen Namen und seine Adresse bei dir hinterlässt, sagst ihnen das alles und sie gehen hin und haken ihre Liste ab?“ fauchte er und seine Augen wurden von Sekunde zu Sekunde heller.
„Dios mios, nein, nein! Lass mich runter, bitte!“ Josef beobachtete ihn noch zwei Sekunden, dann ließ er ihn fallen.
„Also, ich höre!“ knurrte er und der Fälscher rappelte sich langsam auf und strich sein kurzes schwarzes Haar glatt.
„Die Legion erteilt mir Aufträge, das stimmt. Aber für sie, nicht für irgendwelche Vampire! Manchmal brauchen halt auch solche Männer und Frauen eine neue Identität, und die verschaffe ich ihnen. Das hat nichts mit Verrat zu tun, ich muss doch auch sehen, wo ich bleibe, ich habe eine Frau und drei Kinder, verstehst du, Guiseppe?“ fragte er flehend. Josef wandte den Blick ab und sah ihn dann abweisend an. „Schön, ich glaube dir. Aber erlaubte dir ein Mätzchen, eine krumme Tour, und ich versenke dich mit einem Betonklotz am Bein in irgendeinem See, okay? Das ist doch so beliebt bei euch.“ flüsterte er sanft. Mir entging nicht die Hand, die er dabei unnachgiebig um den Nacken des Italieners legte.

„D-das würde ich nie tun, Giuseppe, glaub mir.“ zitterte Mario, und Josef wandte sich ab. „Ja ja. Jetzt – was kannst du uns bieten?" fragte er ruhig und besah sich die Gerätschaften, die hier standen. Einen Kopiere sah ich, eine Druckpresse und noch andere Sachen.
„Und noch wichtiger: Wie lange wirst du brauchen und was verlangst du dafür?“ ich sah Mario schlucken und grinste. Mit dieser Frage hatte Josef ihn genau da, wo er ihn haben wollte.
„Ich... ich verlange gar nichts. Wir sind doch Amicos, oder? Da macht man so was doch ohne Geld.“ stammelte er und sah unsicher drein. Josef grinste zufrieden.
„Das wollte ich hören. Und wie lang wirst du brauchen?“ Mario sah uns alle der Reihe nach an. „Nun, zuerst einmal brauche ich eure Ausweise für die Fotos. Und dann könnt ihr euch ja aussuchen, wie ihr heißen wollt, oder ich gebe euch selbst die Namen, die ich für richtig halte.“ sagte er geschäftsmäßig und holte eine Art Spezialpapier und Folie hervor. Ich kramte in meiner Tasche nach meinem Ausweis und sah die anderen das selbe tun. Dann aber stockte ich.

„Warte mal, du kannst nicht unsere Fotos dafür nehmen! Die kennt die Legion doch!“ rief ich alarmiert, aber Mario schien mich gar nicht zu hören. Er sammelte reihum die Ausweise ein und machte daraus einen hübschen kleinen Stapel.
„Überlege du dir lieber, wie du ab jetzt heißen willst, alles andere mache ich schon. Ihr müsst euch nur ein bisschen anders kleiden, mit Mützen oder Brillen, vielleicht ein falscher Schnauzer hier, ein aufgemaltes Tattoo dort, und schon seid ihr ganz andere Leute.“ Er ging zur Druckerpresse und sah dabei über die Schulter zu uns her.
„Und jetzt geht nach oben, da könnt ihr euch hinsetzen und ausruhen. Ich kanns nicht leiden, wenn man mir bei der Arbeit über die Schulter schaut. Am Ende werden eure Ausweise nicht schön, wäre doch schade.“ Plötzlich hatte er seine ängstliche Art abgelegt. Er wusste genau, dass Josef ihn gut bezahlen würde, wenn er seine Sache gut machte, ob er Geld nahm oder nicht. Schon allein, weil er uns einen großen Gefallen tat mit dem, was er da tat.

Also trollten wir uns zusammen die steile Kellertreppe nach oben und setzten uns ins Wohnzimmer.
Ich setzte mich zu Josef, um mich mit ihm unterhalten zu können. Ebenso unterhielten sich Ryder und Guillermo. Auch Beth und Sophia hatten die Köpfe zusammen gesteckt und plauderten.
„Also sag mal, was hat es mit diesem Mario auf sich?“ flüsterte ich eindringlich. Das Haus war schön eingerichtet, weiß getüncht um die helle Sonne abzuhalten und es innen schön kühl werden ließ, das rotbraune Dach, ein Garten mit Nutz- und Zierpflanzen gleicher Art, ein Springbrunnen... Weiter sah ich nicht mehr hin, dann richtete sich meine Aufmerksamkeit wieder auf Josef.
„Er ist Fälscher, das wisst ihr ja.“ fing er langsam an und die anderen rutschten zu ihm, um ihn besser zu verstehen. „Er weiß aber, dass wir... Vampire sind?“ fragte ich nach. Josef nickte. „Natürlich weiß er das. Und er weiß auch, was ich mit ihm mache, wenn er nicht ordentlich arbeitet.“ sagte er und ließ die Fingerknöchel verheißungsvoll knacken. Ich schluckte. Immerhin wusste ich noch zu gut, dass Josef seinen PR-Agenten einst in den Teergruben versenkt hatte.

„Also fälscht er unsere Pässe, verpasst uns ein neues Aussehen und damit kommen wir dann ungesehen davon.“ zählte ich für mich selbst noch einmal auf. Josef nickte. „Er wird seine Sache gut machen. Und uns nicht an die Legion verraten.“ das war mehr eine Hoffnung als konkretes Wissen, das hörte ich an seiner Stimme. Mir machte er nichts vor. Er selbst wusste genau so gut wie wir alle, wie riskant die ganze Sache war und was alles schief gehen konnte.
„Aber warum arbeitet er für die Legion?“ fragte ich mehr zu mir selbst gewandt als an die anderen. Josef hatte es gehört und beantwortete meine Frage.
„Weil er der Beste ist, und das wissen sie. Er macht sein Handwerk so gut wie sonst keiner im Umkreis von einigen hundert Meilen um Rom. Deswegen nehmen die meisten von uns weite Wege auf sich, wenn sie Hilfe brauchen. Dass er für die Legion arbeitet heißt nicht, dass er uns verrät.“ wieder nur eine Hoffnung, kein konkretes Wissen.

„Josef...“ fing ich an, aber mein Freund ließ mich nicht ausreden. Wie immer, wenn er besorgt, nervös oder wütend war, stand er auf und lief im Zimmer auf und ab. Täuschte ich mich oder knabberte er dabei allen Ernstes an seinem Daumennagel?
„Er darf uns nicht verraten, er muss einfach...“ Er wandte sich um, als ein Mädchen ins Zimmer kam, die vielleicht sechs oder sieben Jahre alt war. Sie sagte etwas, das keiner von uns verstand. Wir sahen sie einfach nur an wie einen Marsmenschen. Oder wie etwas Essbares. Mich schüttelte es schon bei dem Gedanken. Als sie keine Antwort erhielt, rief sie etwas über die Schulter, sah uns an, zuckte dann mit diesen und hüpfte zur Tür hinaus in den Garten, wo sie Seilspringen spielte. Josef schüttelte verwirrt den Kopf, als sehe er nicht richtig und lief dann weiter im Kreis.
„Es verstehe einer die Menschen...“ murmelte er und setzte sich wieder aufs Sofa. Neue Pässe herzustellen schien lange zu dauern, also richteten wir uns für einen längeren Aufenthalt in seinem Haus ein. Auch überraschte es uns gar nicht, als eine junge Frau ins Zimmer kam, ein Tablett tragend. Ich hatte immer gewusst, dass Italiener gastfreundlich waren, aber dass sie Blutkonserven für Vampire bunkerten, war mir neu. Anscheinend verfuhren auch nicht wirklich alle Familien so, sondern nur diese, da sie von der Existenz der Vampire wusste. Die junge Frau reichte das Blut herum und als sie erkannte, das Beth und Sophia Menschen waren, ging sie erneut in die Küche und zauberte aus dem Nirgendwo kühlen Saft und Knabbereien hervor. Während wir aßen und tranken, unterhielt sich Josef mit der jungen Frau über dieses und jenes. Sie sprach nur gebrochen Englisch, deswegen wechselten die beiden zwischen den Sprachen hin und her, wenn ihnen in der einen Sprache Worte fehlten oder es keine Entsprechung gab.

„Sie sagt, die Arbeiten an den Pässen werden vermutlich noch die ganze Nacht dauern, deswegen hat sie einige Kühltruhen und zwei Gästezimmer, in die wir uns zurückziehen können.“ gab Josef nach einer Weile an uns weiter. Das wurde von allen unter begeistertem Seufzen aufgenommen. Immerhin hatten wir Vampire seit Lance' Haus keine richtige Kühltruhe mehr von innen gesehen und das lag schon unglaubliche zwei Wochen zurück. Auch die Damen schliefen sicherlich lieber in einem Bett als auf dem Fußboden, deswegen zogen wir uns unter höflichem Dank zurück.

Wohlig seufzend berührte ich mit einer Hand den Boden der aufgeklappten Truhe vor mir und merkte, wie mein Arm angenehm taub und schwer wurde. Tat das gut... Langsam zog ich mich aus und setzte mich dann hinein, bevor ich mich hinlegte und den Deckel schloss.
„Nacht!“ flüsterte ich und bekam ebensolche Wünsche von drei Seiten zurück, bevor mit einem Klacken alle Deckel zuschnappten und die Kälte unsere Glieder lähmte...
 
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