Meine Geschichten
  Planänderung
 

Zitternd hielt ich mich an der Treppe fest. Die Wunden, wo mich die Kugeln getroffen hatten, schmerzten stärker als gedacht. Es war wohl doch mehr als nur ein Kratzer. Und noch dazu merkte ich, wie die Stellen um die Wunden herum langsam warm wurden. Ich fluchte unterdrückt. Diese verdammten Mistkerle hatten reines Silber als Munition benutzt. Eigentlich hatte ich nichts anderes erwartet. Mick kam die Treppe herunter, Beth im Schlepptau.

He Alter, was ist denn mit dir passiert?“ fragte er und packte mich ausgerechnet an der verletzten Schulter, was mir ein tiefes Knurren entlockte. Sofort ließ er los.

Wir sind ihnen genau in die Falle gelaufen. Ich konnte nichts machen, ich hätte sie nicht auf offener Straße angreifen können, ohne das uns jemand sah.“ Ich stöhnte auf, als das Brennen schlimmer wurde und Mick sah erst mich ein weiteres Mal besorgt an, dann wandte er seine Aufmerksamkeit Sophia zu.

Bist du irgendwo verletzt?“ fragte er und tastete sie ab, was mir unter anderen Umständen weniger gut gefallen hätte, jetzt aber war ich froh, dass er so gründlich war.

 

Sie schüttelte stumm den Kopf.

Nein, mir ist nichts passiert. Wo sind die anderen, sind sie schon zurück? Ich denke nicht, dass das die Einzigen waren.“ Ich zitterte. Langsam aber sicher breitete das Silber sich in meinem Körper aus. Ich spürte, wie es mich langsam zu lähmen begann. Vielleicht hatte ich nur noch Minuten, bevor sie mich von der Treppe los sägen mussten, aber die wollte ich sicher nicht mit Fachsimpeleien über unsere Freunde verbringen, so dringend es auch war, herauszufinden, wie es ihnen ging.

Ich unterbreche.... euch beide... ja nur... ungern, aber... könntet ihr mir... zuerst mal helfen?“ Wortlos hob Mick mich hoch und löste meine schon langsam steifen Finger vom Treppengeländer, dann trug er mich die Treppe nach oben.

 

Beth und Sophia unterhielten sich flüsternd. Oben legte Mick mich auf ein Bett, dessen Kopfteil in zwei Hälften gerissen war. Offenbar hatte er mit Beth ziemlich gewütet. An ihr erkannte ich keine Verletzungen. Hatte er sich also doch so weit beherrschen können, dass er lieber das Bett zerfetzte als sie.

Ich merkte, dass ich unkontrolliert anfing zu zittern, als das Silber meine Nerven angriff. Lange würde ich nicht mehr haben.

Mick... bitte.“ röchelte ich und er griff in aller Seelenruhe in seinen Koffer. Wahrscheinlich bewahrte er dort chirurgisches Besteck für Notfälle wie diesen auf.

Vorsichtig brachte er mich in eine aufrechte Position und knöpfte mir das Hemd auf.

Sophia, Beth, geht ihr bitte mal raus?“ sagte er ruhig und wäre ich dazu im Moment in der Lage gewesen, ich hätte ihm dankend zugelächelt. Normalerweise hatte ich kein Problem damit, mich auszuziehen, aber die Damenwelt musste ja nicht alles sehen, zumal es dort noch Narben von der Folter gab, die zwar Sophia kannte, die ich Beth aber ersparen wollte und Mick wusste das.

 

Die Tür schloss sich hinter den Beiden und er striff mir das Hemd von den Schultern und inspizierte die Wunden auf meinem Rücken. Obwohl ich steif war wie ein gefrorener Fisch, tat es doch weh und ich zischte mit unbeweglichen Kiefern.

Entschuldige.“ murmelte er und ich hörte wenig später ein schmatzendes Geräusch und ein leises Klirren, als die erste der zwei Kugeln auf ein Tellerchen fiel. Langsam wurde die Umgebung der Wunde wieder beweglicher. Meinen Arm konnte ich zumindest wieder benutzen. Langsam folgte auch ein Teil meines restlichen Körpers.

Ich gab ein Knurren von mir, als er die Pinzette ein weiteres mal in mein Fleisch steckte.

Weißt du...“

Für einen vierhundert Jahre alten Vampir habe ich eine erstaunlich niedrige Schmerzschwelle, ich weiß.“ murmelte ich undeutlich. Meine Zähne bekam ich immer noch nicht auseinander.

Er lachte leise. Wieder ein kleines Klirren. „So, fertig. Wieder alles beweglich?“ Ich führte meinen Hand zu meinem Unterkiefer und massierte ihn kreisend, schob das Gelenk von einer auf die andere Seite und klopfte von unten dagegen, bis ich meinen Kiefer wieder wie gewohnt bewegen konnte. Das war so, als hätte man mir einen Pflock ins Herz getrieben, aber die Nachwirkungen des Silbers hielten länger an und waren nachdrücklicher.

 

Ich ließ den Kopf auf dem Hals kreisen, bis es knackte, rieb mir Arme und Schultern, bis ich sicher war, wieder alles bewegen zu können.

Es klopfte an der Tür und Mick reichte mir mein Hemd mit den zwei Löchern. Ich würde eine Jacke darüber tragen müssen, anders ließ sich nicht verstecken, dass ich angeschossen worden war und es doch überlebt hatte.

Ich schloss den vorletzten Knopf, den obersten ließ ich offen, als Mick die Tür aufmachte und Beth und Sophia dahinter standen.

Geht's dir besser, Josef?“ fragte Beth lächelnd und ich schmunzelte zurück. „Das wird schon wieder, wirst sehen.“ sagte ich zuversichtlich. „Aber was zu trinken wäre jetzt nicht schlecht...“ Ich leckte mir abwesend über die Lippen. Mick sah sich um, als erwarte er, dass gleich eine Blutkonserve durchs Fenster geflogen kommen würde, was aber nicht geschah.

 

Tja ich fürchte, da hast du Pech. Aber du brauchst Blut, das stimmt. Ich frage mal Guillermo, ob er weiß, wo...“ er zückte sein Handy, doch Beth hielt ihn auf. Sie krempelte den Ärmel ihrer Bluse nach oben.

Das ist doch nicht nötig. Wir haben doch alles da, was Josef braucht.“ Allein bei dem Gedanken lief mir das Wasser im Mund zusammen, aber Mick starrte erst mich, dann Beth böse an und sein Mund wurde ein dünner, blasser Strich.

Nein!“ sagte er entschieden und schob Beth den Blusenärmel ordentlich wieder nach unten. Sie sah ihn verständnislos an.

Aber wenn er es doch braucht...“ fing sie an, aber Mick schnitt ihr das Wort ab.

Ich habe nein gesagt, Beth!“ fuhr er sie ruhig an, aber ich hörte die Schärfe in seiner Stimme.

Stattdessen rollte er den Ärmel seines Hemdes nach oben und bot mir die Pulsader an.

Bon Appetit.“

 

Ich spürte, wie meine Eckzähne sich vor schoben, als ich seinen Arm umfasste. Immerhin wusste ich nur zu gut, wie Micks Blut schmeckte. Ausspucken würde ich es sicherlich nicht, wenn er es mir schon freiwillig anbot. Ich biss zu, vorsichtiger als bei der Gelegenheit, bei der ich ihn zurück verwandelt hatte und er atmete zischend aus, als ich anfing zu trinken. Langsam schlossen sich meine Wunden wieder und ich fühlte mich gekräftigt und gestärkt. Als ich endlich von ihm abließ, hätte ich Bäume ausreißen können. Die beiden Löcher, die meine Zähne hinterlassen hatten, schlossen sich sofort wieder und ich atmete tief durch.

Ahhh, jetzt geht es mir wieder besser.“ Ich stand auf und klopfte Mick auf die Schulter, der seinen Hemdsärmel wieder herunterkrempelte und zuknöpfte. „Hast was gut bei mir, Bruder.“ In diesem Moment flog krachend die Tür gegen die Wand. Putz bröckelte heraus und die Klinke verbog sich unter der Wucht des Aufpralls. Wie es aussah, würde uns der Hotelbesitzer nicht nur das Bett in Rechnung stellen, das Mick demoliert hatte, sondern auch die Tür und die Wand, die Logan kaputt gemacht hatte. Ich schüttelte den Kopf. Der Junge wusste manchmal einfach nicht mit seiner Kraft umzugehen.

 

Mitten im Zimmer bleiben die anderen stehen. „Was ist hier los?“ verlangte Lance zu wissen und schob sich an Ryder und Logan vorbei.

Ich grinste gespielt zerknirscht. „Naja, Sophia und ich waren auf dem Weg vom Café hierher, als uns plötzlich zwei Männer der Legion angriffen. Wir sind weg gerannt, sie haben auf mich geschossen und mich getroffen. Aber mir geht’s gut. Trotzdem danke der Nachfrage.“ gab ich spöttisch Auskunft. Mir war auch ohne seine nächsten Worte klar, dass es ihm nicht um mein Wohlergehen ging.

Mir ist gerade ziemlich egal, was mit dir passiert ist, Kostan.“ zischte er mich an und ging zum Fenster, zog die Vorhänge zu, ging zur Tür, schloss diese notdürftig – durch Logans ungestümes Auftreten hatte sich auch das Schloss verzogen – und kam dann wieder zu uns zurück.

 

Viel wichtiger ist, wie konnten sie wissen, dass wir hier sind und noch dazu so gezielt angreifen?“ fragte er in die Runde und erntete ratlose Mienen.

Vielleicht... haben sie so was wie Fahndungsfotos von uns, wäre doch möglich.“ gab Logan zu bedenken und Lance fluchte unterdrückt.

Verdammt sei die moderne Technik!“ stieß er wütend hervor. Ich lächelte still. „Ich wäre mit solchen Flüchen vorsichtig. Ohne diese moderne Technik hättest du längst nicht ein so schönes Leben.“ erwiderte ich und er funkelte mich wütend an.

Nun, Scherz beiseite...“ Ich sah Logan eine Weile an und dann klappte mir der Mund auf.

Moment mal, willst du damit sagen, ihr seid auch... angegriffen worden?“ fragte ich leise nach und nach kurzem Zögern nickte er.

Ja, sind wir. Aber zum Glück wurde keiner von uns verletzt.“ er sah mich bedauernd an.

 

Ist schon gut, Logan. Du musst kein Mitleid heucheln.“ meinte Lance freundlich und Logan starrte ihn entgeistert an.

Ich heuchele kein...“

Ich habe gesagt, es ist genug!“ herrschte Lance ihn an und er verstummte. Langsam begann der dunkelhaarige Vampir in dem kleinen Zimmer auf und ab zu gehen, eine Eigenschaft, die auch mir eigen war, wenn ich nervös, wütend oder aufgeregt war.

Das heißt also, sie wissen schon wieder, dass wir hier sind. Werden wir vermutlich abgehört? Beobachtet? Verfolgt?“ murmelte er mehr zu sich als zu uns. Automatisch flogen alle Blicke im Raum umher. Auf der Suche nach Kameras, Wanzen oder Mikrofonen, aber unsere sonst so scharfen Augen fanden nichts außergewöhnliches.

 

Mach dich nicht lächerlich, Lance.“ sagte ich leise. „Aber irgendwie müssen sie uns doch einen Schritt voraus sein! Das ist doch nicht normal!“ Ich grinste verschlagen.

Jammerst du etwa? Der große Lance jammert?“ fragte ich nach und er warf mir einen Blick zu, der mich hätte töten sollen, wäre das möglich. „Nein, ich jammere nicht, ich stelle fest!“ erwiderte er so würdevoll wie möglich, ohne lächerlich zu wirken. Zu meiner Verblüffung gelang es ihm sogar.

Als ich aus dem Fenster sah, war es draußen schon dunkel. Die Nacht war schneller über uns herein gebrochen als gedacht.

Wir müssen unseren Plan ändern.“ sagte Lance leise, während Ryder den Lichtschalter betätigte, der einzige Gegenstand in diesem Zimmer, der nicht kaputt war.

Wir müssen uns etwas einfallen lassen, wie wir sie loswerden.“

Wieder lief Lance unruhig auf und ab. Ich wusste, dass ich das selbst tat, aber ihm dabei zu zu sehen, machte mich wahnsinnig.

 

Okay, jetzt beruhigen wir uns alle erst einmal wieder, ja? Vielleicht reagieren wir ja über und es ist nicht so schlimm, wie wir...“ fing Ryder an, aber Mick brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen.

Hast du den letzten Frühling vergessen, Ryder?“ fragte er nach. „Hast du vergessen wer Josef gefangen genommen und gefoltert hat? Wer ihn angeschossen hat? Wer auch jetzt wieder hinter ihm...“ dann wandte er den Kopf ruckartig zu mir. „Sie sind hinter dir her!“ stellte er fest, als wäre das neu. Ich rollte die Augen.

Natürlich sind sie hinter mir her, Blödmann.“ Er knurrte, aber das beeindruckte mich gar nicht. Da brauchte es schon mehr. „Hinter dir sind sie auch her, schon vergessen? Aber ich stehe nicht da wie eine Kuh wenns donnert und sage 'Oooh, sie sind hinter dir her!'“ äffte ich. Er schnaubte. Lance tat, als hätte er von all dem nichts gehört.

Also, was machen wir?“ fragte er in die Runde.

 

Logan machte einen sehr mutigen und zugleich lächerlichen Versuch, uns einen Vorschlag zu unterbreiten.

Naja, wie wäre es, wenn wir uns gegenseitig Codenamen geben und...“ Ich hörte den Rest der Versammlung einschließlich mir aufstöhnen.

Das ist kein Science-Fictionfilm, Kumpel.“ meinte Ryder gelangweilt und wir anderen murmelten zustimmend.

Aber wenn...“ fing Logan wieder an und machte sich klein, als Lance anfing, zu schreien.

Nein! Was glaubst du eigentlich, wo wir hier sind, bei den anonymen Freaks, oder was?!“

Ich seufzte leise. Wenn so viele Vampire zusammen kamen und das noch über einen längeren Zeitraum, und wenn es zu allem Überfluss noch heißblütige Vampire waren, dann hatte man mehr Scherereien auf einem Haufen als in einem Sack Flöhe.

Noch ein Grund, warum die meisten von uns es vorzogen, allein zu leben. Weniger Stress mit Artgenossen.

 

Wir machen einfach so weiter wie bisher.“ ordnete Lance an. „Und wenn weiter nichts passiert, sehen wir weiter. Sie sollen sich erst einmal in Sicherheit wiegen. Wir wissen ja noch nicht genau, was los ist.“ sagte er bestimmt und alle nickten.

Wir setzen unsere Reise fort wie geplant.“ dann stand er auf und verließ den Raum. Wir anderen folgten langsamer und verteilten uns auf unsere Zimmer.

 

Die Tür war schon hinter mir zu geschwungen, als Sophia sich umzog und in das kleine Badezimmer huschte. Vorher jedoch sah sie vorsichtig nach, ob es auch nicht 'bewohnt' war. „Keine Spinnen in Sicht?“ fragte ich, während sie das Wasser andrehte und unter die Dusche stieg.

Nein!“ kam es zurück und ich lachte leise. Immerhin, meine Schuhe und Socken konnte ich schon einmal ausziehen, während sie duschte. Damit fertig legte ich mich bäuchlings aufs Bett, den Kopf in den Kissen vergraben, und ließ die letzten tage Revue passieren. Dreimal waren wir von der Legion angegriffen worden, dreimal hatten wir es erfolgreich geschafft, sie abzuwehren. Nur, dass die beiden Männer von heute überlebt hatten, machte mich wütend. Ich knüllte das Kissen in der Faust, ließ ab er reflexartig los, als es ein hässliches Ratschgeräusch von sich gab.

 

Im Zimmer nebenan knirschte Holz und ich drückte mein Ohr gegen die Wand. Das war Micks und Beths Zimmer. Irgendetwas – oder jemand - stöhnte dunkel und ich entfernte mich grinsend ein Stück von der Wand, als wieder Holz splitterte. Die Dusche wurde ausgestellt und wenige Sekunden später trat Sophia aus dem Badezimmer, nur mit einem Handtuch bekleidet, ein weiteres hatte sie um ihre Haare gewickelt. Wieder ein Stöhnen von nebenan.

Die beiden kriegen einfach nicht genug voneinander, kann das sein?“ fragte sie grinsend und ich grinste zurück. „Kann es.“ erwiderte ich und ging zu ihr, um sie zu küssen. Sie hielt mir die Badezimmertür auf.

Das Bad ist frei, Mr. Kostan.“ zwinkerte sie und ich grollte leise, tief aus der Kehle.

Renne bloß nicht weg, Mrs. Kostan.“ Ich betonte den letzten Teil überdeutlich.

Dann ließ ich meinen Blick an ihrem kaum verhüllten Körper auf und ab gleiten.

Ach und wehe du ziehst dir was an, während ich dusche. Ich möchte dich nicht auswickeln müssen wie ein Geschenk.“

 

Ich hörte noch ihr Lachen, während ich unter die Dusche sprang, den Hahn voll aufdrehte und ihn auf 'kalt' stellte. Dazu sang ich irgendein unsinniges Lied, das mir gerade in den Kopf kam, um den Krach von nebenan nicht hören zu müssen. Ganz abstellen konnte ich es jedoch nicht. Noch schlimmer war nur das Kopfkino, dass sich dazu mischte. Brrr. Allein die Vorstellung. Ich schüttelte mich und sprang etwas zu beschwingt unter der Dusche hervor. Verflucht seien die spanischen Bäder mit ihrem Nichtvorhandensein von rutschfesten Badematten.

Gerade noch konnte ich mich am Waschbecken fest klammern, um nicht hin zu fallen und richtete mich dann wieder auf. Ich trockene mich ab und ging dann so, wie ich geschaffen worden war, ins Schlafzimmer herüber. Grinsend kletterte ich zu Sophia auf das Doppelbett, wo sie ihr feuchtes Haar bürstete.

Sollen wir mal versuchen, denen da drüben Konkurrenz zu machen?“ fragte ich neckend und zwickte sie in die Schulter.

Sie legte mir die Arme um den Nacken und zog mich für einen Kuss zu sich. „Einen Versuch ist es auf jeden Fall wert.“ murmelte sie, bevor ich sie auf die Kissen herunter drückte.


 
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