Meine Geschichten
  Die Rettung
 
Kapitel 31 -  Die Rettung

Prüfend atmete ich die Luft ein, die ein bisschen abgestanden roch. Niemand war zu sehen oder zu hören, zumindest von unserem Standpunkt aus nicht. Um einen Knick in der Wand herumspähend konnte ich allerdings sehen, dass am anderen Ende des Ganges zwei Wachsoldaten standen und in unsere Richtung blickten.
Ich drehte mich wieder herum und sah mich den anderen gegenüber. Zusammen hatten wir uns in diese dunkle und nicht gerade geräumige Wandnische gequetscht, damit uns niemand sah.
„Also, ihr wisst, wie alles abläuft?“ fragte ich und erntete von allen Seiten zögerliches, aber zustimmendes Nicken. Niemand wagte es, etwas zu sagen, denn die Wachen waren nicht so weit weg, dass sie uns nicht gehört hätten, sollte jemand niesen.
Das würde uns Vampiren sicherlich nicht passieren, aber bei Beth, Ben und Patricia, die in einer Reihe am anderen Ende der Nische standen, wusste man bekanntlich nie so genau. Menschen eben.

Ich warf Logan ein Walkie Talkie zu und er fing es geschickt und ohne einen Laut auf.
„Das benutzt du nur im Äußersten Notfall, ist das klar?“ fragte ich und er nickte. Das Gegenstück steckte ich mir n den Gürtel. „Gut. Du holst den Schlüssel und die Codekarte, zusammen mit Guillermo, wie besprochen.“ ich nickte in die rechte Abzweigung des Weges, der sich hier kreuzte wie eine Hauptverkehrsstraße und die beiden schoben sich lautlos aus der Nische und waren Sekunden später sogar für mich gar nicht mehr zu sehen.
Befriedigt drehte ich mich zu den anderen um.
„Gut. Ray und Ryder, ihr stiftet hier unten ein bisschen Verwirrung.“ auch die beiden verschwanden auf ein Nicken von mir den Gang herunter und machten in Sekundenschnelle den Weg frei, bevor sie sich anderen Zielen zu wandten.
Blieben noch Ben, Sophia, Beth und ich. Ich lächelte -ölfisch.
„Und ihr... könntet eigentlich wieder nach Hause gehen.“ meinte ich und erntete von Sophia und Beth empörte Blicke. Ben dagegen sah aus, als würde ihm die Idee durchaus zusagen.

„Du glaubst doch nicht im Ernst, ich würde draußen warten und zusehen, wie du dich in Gefahr...“
„Ich lasse dich doch nicht alleine da rein gehen und Mick...“ schnatterten sie durcheinander. Ben sagte gar nichts und ich lachte.
„Schon gut. Okay, Ben, Sie passen auf Beth und Pat auf und glauben Sie mir, wenn Sie ihnen nur ein Haar krümmen, sie verlieren oder ie geschnappt werden, ist Mick nicht der Einzige, der Ihnen sämtliche Knochen bricht, kapirt?“ Ben schluckte, machte aber den Eindruck, als habe er durchaus verstanden, was ich meinte. Nur, was gab es für die drei zu tun? Um Mick würde ich mich kümmern, den Rest erledigten die anderen. Sie hätten wirklich zu Hause bleiben sollen, fuhr es mir in den Kopf. So waren die beiden nur überflüssiger Ballast.
Ich wandte mich Sophia zu.
„Und du“, sagte ich mit einem kleinen Lächeln, „kommst mit mir und egal, was du siehst oder hörst, oder wem wir uns gegenüber stellen, du bleibst auch da, verstanden?“ sie nickte zögerlich und ich wandte mich befreit dem linken Durchgang zu.

„Dann kann es ja los gehen.“ murmelte ich und schob mich in die Finsternis, Sophia dicht hinter mir. Ich wusste, dass es gefährlich war, was ich tat, denn immerhin hatte ich gerade Beth, Pat und Ben ohne eine Waffe zurück gelassen. Die anderen würden sicher keine Waffen brauchen, schließlich trugen sie diese immer mit sich herum.
Während des Laufens ging Sophia neben mir und nahm meine Hand, um sie mit ihrer zu verschränken. Ihr gab es Sicherheit, das fühlte ich sofort. Und auch mich machte es auf eigenartige Weise ruhiger. Ich war nicht mehr ganz so nervös wie zuvor und konnte wieder klarer denken.
Nach einer Weile kamen wir an eine Treppe. Dass hier niemand stand und uns überwachte, wunderte mich ein bisschen, hatte ich doch das Gegenteil erwartet.
Vorsichtig sah ich mich an der Treppe noch einmal um. Die Luft schien rein zu sein, weder ein Legionär, noch ein feindlicher Vampir war in Sicht. Aber die Treppe kam ein Geruch herunter geschwebt, der mir bekannt vorkam und mich an ein Krankenhaus denken ließ. Woher kannte ich diesen Geruch nur? Es war mir unbegreiflich.
Noch unbegreiflicher war mir, dass wir bisher weder an Kameras, noch Wachposten oder ähnlichem begegnet waren. Ich kam mir vor wie in einem dieser Computerspiele, in denen man mit einer Waffe in den Händen einen Gang herunterläuft und jedes Monster erschießen muss, dass sich einem in den Weg stellte. Kam lange zeit gar nichts, wog man sich in Sicherheit. Man wurde unaufmerksam und dann kam wie aus dem Nichts der Endgegner und klatschte einen wie eine Fliege gegen die Wand.
Game Over. Aber anders als im Spiel konnte man im wirklichen Leben nicht mal eben den Stecker für die Stromversorgung ziehen oder auf den Reset-Knopf drücken. Das Leben hatte keinen solchen Knopf.

Und während ich das dachte, schienen sich meine Sinne wieder zu schärfen und ich konnte klarer denken. Instinktiv wusste ich, dass ich, wenn ich Mick finden wollte, einfach nur der Treppe nach oben folgen brauchte. Die würde mich schon an mein Ziel bringen.
Sophia immer noch hinter mir schlich ich die ausgetretenen Steinstufen nach oben. Hier war erst vor kurzem jemand durch gekommen und auch in dem Gang, dem wir nach der Treppe folgten, konnte ich den Geruch eines oder mehrerer Menschen ausmachen sowie... ich konnte es nicht genau beschreiben, aber es schien mir, als wäre dort ein Mensch, den man gerade erst zu einem Vampir gemacht hatte. Aber der menschliche Geruch überwog, also konnte es gar nicht sein. Außerdem kannte ich Micks Geruch, und das war...
Das war Micks Geruch! Schwach zwar, aber er war hier... gewesen. Denn als ich in den Türrahmen des ersten Zimmers spähte, war es leer. Es roch, als wäre hier seit Ewigkeiten niemand mehr gewesen, die Fenster waren fleckig, der Boden und die Ablagen staubig. Abgeschaltete medizinische Geräte standen herum, ebenso staubig wie der Rest. Wenn er nicht hier war, wo war er dann?

Doch dann drang das ferne, rhythmische Piepsen eines anderen Gerätes an mein Ohr, dass ich ganz klar in ein Krankenhaus einordnen konnte. Sophia zupfte mich am Ärmel und ich folgte ihr bis zu dem Türrahmen eines zweiten Raumes, aus dem der Geruch zweier Menschen strömte. Vorsichtig spähte ich um die Ecke und erstarrte mitten in der Bewegung. Dort stand ein Mann über ein Bett gebeugt. Von der Person sah ich zuerst nur einen Arm. Nicht weiter wichtig, immerhin suchten wir hier nach Mick, aber...
Dann stutze ich. Den Ring am Zeigefinger des Mannes kannte ich. Schon sehr, sehr lange. Es war der Drachenkopf mit dem bläulichen Stein. Eindeutig Micks Ring. Mir hatte er einmal erzählt, er habe ihn von seinem Vater geerbt. Ihn legte er praktisch nie ab, nicht einmal zum Duschen oder schlafen. Als ich weiter zusah, bemerkte ich die Spritze, die der Mann in der Hand hielt. Bevor ich noch wusste, ob andere Personen mit im Raum waren, bewaffnete Legionäre zum Beispiel, schoss ich vor und schleuderte den Kerl weg. Er stolperte zwei Schritt zurück und die Spritze bohrte sich in den Teppich, wo sie sich entlud. Ein kurzer Blick zum Bett sagte mir, dass dort wirklich Mick lag, auch wenn ich den Geruch nicht einordnen konnte, der von ihm ausging.

Doch im Moment schlief er, denn ich sah das langsame Heben und Senken seines Brustkorbes. Kein Grund, sich Sorgen zu machen. Also musste erst einmal der Kerl dran glauben, der versucht hatte, meinen Freund umzubringen. Wie er dazu in der Lage gewesen war, überhaupt so weit zu kommen, war gerade nicht mein Hauptproblem. Ich wollte ihm nur die Kehle herausreißen für den Schmerz, den er Mick mit gutem Gewissen beigebracht hatte. Ich hatte ihn schon am Kragen gepackt, als etwas mehr Leben in ihn kam.
„Bitte, tun Sie mir nichts!“
Ein bedrohliches Grollen kam aus meiner Kehle. Auf die Geheimhaltung kam es jetzt auch nicht mehr an. Wenn der Kerl Mick gesehen hatte, wusste er ohnehin, was ich war oder konnte es sich zumindest denken.
„Nennen Sie mir doch einen Grund, warum ich das nicht tun sollte!“ zischte ich zurück.
„Immerhin wollten Sie gerade...“ Dann stockte ich. Denn jetzt sah ich dem Mann erst richtig ins Gesicht und mit einem Mal war mir glasklar, woher ich den Kerl kannte. Das war der Arzt, der geholfen hatte, Treasure auf die Welt zu bringen. Eigentlich ein Mann, dem ich bis ans Ende meiner Tage dankbar sein musste, aber gerade empfand ich nur unbändigen Hass.

Denn mir war durchaus klar, dass er mit der Legion Geschäfte machte. Nachdem er uns im Krankenhaus gesehen hatte war er nicht etwa in die Mitarbeiterkantine Kaffee trinken gegangen, er war schnurstracks zur Legion marschiert und hatte denen erzählt, was er wusste.
Der Griff um seine Kehle wurde noch fester.
Dr. Thomson röchelt merklich und versuchte, sich zu befreien, was ihm aber nicht gelang.
„Bitte... ich kann... Ihnen...helfen...“ flüsterte er schwach und ich knurrte.
Wieso sollte er uns helfen, ausgerechnet er?
„Ich will...Ihrem Freund...helfen...bitte...er braucht....Hilfe...“ Ein Blick zum Bett bestätigte seine Aussage. Mick sah aus wie ein Toter. Das dunkle Haar machte ihn zusätzlich blass, obwohl er immer einen guten Teint gehabt hatte für einen Vampir. Von seinem Arm führte ein Schlauch zu zwei Beuteln, der eine mit klarer Flüssigkeit, das andere war eine Blutkonserve.

Mein Blick flog wieder zurück zu dem Arzt in meinem Griff. Langsam ließ ich los und er rieb sich den Hals.
„Was wissen Sie?“ fragte ich immer noch unfreundlich und er schluckte.
„Als ich Sie im Krankenhaus sah... ich habe vielleicht überstürzt gehandelt, aber...“
„Sie haben der Legion haarklein erzählt, was Sie wissen oder glauben zu wissen. Sie sind mit irgendwelchen Halbwahrheiten dort aufgetaucht und wir hatten die Scheiße am Hals!“ fauchte ich und sah, wie er sich nervös den Nacken rieb. Mein Kopf ruckte zu dem Bett herüber, auf dem Mick lag.
„Was haben Sie mit ihm gemacht?“ flüsterte ich mit samtweicher Stimme, die ihm ein gewisses Maß an Sicherheit geben sollte, ihm aber gleichzeitig auch androhte, was passierte, wenn er mich belog. Das sollte er lieber nicht versuchen.
„Man hat... man hat ihm eine Art Heilmittel gegeben...“ ein wütendes Knurren drang aus meiner kehle und ließ ihn zusammenzucken. Ich schob ihn eine Armeslänge von mir weg,überlegte es mir aber dann anders und zog ihn so dicht zu mir heran, dass ich seinen Atem auf meinem Gesicht spüren und die Schweißperlen zählen konnte, die seines herunterliefen.

„Heilmittel?!“ meine Stimme hatte nichts samtiges mehr. Das war eher das Gegenteil, ein messerscharfes Schwert oder ein Reibeisen.
„Sie experimentieren hier mit irgendwelchen Extrakten und testen... testen das an... an Menschen?“ wisperte ich zitternd vor Zorn.
Kein Wunder, dass er in so schlechter Verfassung war, wenn man ihm einfach irgendetwas gegeben hatte, ohne zu wissen, wie es wirkte.
Er sah mich gequält an.
„Man... man hat mir nur gesagt, was ich tun muss. Mehr nicht. Ich konnte nicht nichts tun, verstehen Sie?“ fragte er ebenso leise. Nein, ich verstand nicht. Sollten sie ihre Mittel an Mäusen oder von mir aus Fledermäusen testen, aber nicht an meinen Freunden!
„Was ist mit ihm?“ fragte ich und ging zum Bett herüber. Micks Hand, die ich vorsichtig in meine nahm um das Infusionskabel nicht abzureißen, fühlte sich kalt an wie meine eigene. Seine Haut war wächsern blass wie die eines jeden Vampirs im Verwandlungszustand, aber er roch wie ein Mensch. Wie konnte das sein?


Plötzlich jedoch hörte ich über mir etwas knacken. Ich sah hoch und nahm das Alarmlicht wahr, dessen Inneres sich gerade träge zu drehen anfing. Sekunden später gesellte sich ein nasaler Heulton dazu. Ich wandte mich zu dem Arzt um, aber der stand nur da und ließ das Handy fallen, dass er in der Hand gehalten hatte.
„Verzeihen Sie mir. Ich musste es tun. Wenn ich helfe, Sie alle zu vernichten, komme ich vielleicht noch mit dem Leben davon.“ ich brüllte erschrocken und wütend zugleich auf, aber Sophia schob sich zwischen mich, bevor ich weiteren Schaden anrichten konnte.
„Josef, warte! Warte! Er kann uns helfen!“ flüsterte sie eindringlich und brauchte ihre ganze Kraft, um sich gegen mich zu stemmen.
„Helfen!“ spie ich. „Helfen! Eine schöne Hilfe ist er uns, er macht es nur noch...“ unten am Treppenabsatz vernahm ich selbst über das Jaulen der Sirene Stimmen und Fußgetrippel.
Ruckartig wandte ich mich wieder dem Arzt zu. Jetzt zählte jede Sekunde.

Nur zu schnell registrierte ich, dass wir niemals rechtzeitig unten an der Treppe und an den Wachen vorbei schlüpfen konnten. Nicht mit einem Menschen und einem bewusstlosen... naja, Fast-Vampir an unserer Seite.
„Gibt es noch einen Hinterausgang?“ flüsterte ich. Dr. Thomson starrte mich an, als sei ich verrückt geworden.
„Einen Hinterausgang? Aus dem Ersten Stock? Wohl kaum.“
Das hieß dann wohl improvisieren. Ich seufzte und ging zu Mick, um ihn von den Kabeln und Schläuchen zu befreien.
„Was machen Sie denn da?!“ fragte der Arzt entsetzt, als ich Mick den ersten Schlauch aus dem Arm zog und einen Zipfel der Decke auf die Wunde presste, bis es aufhörte zu bluten. Sophia neben mir zitterte, aber es ging so schnell,dass sie nicht mal die Zeit gehabt hätte, Mick zu beißen, wenn sie es wirklich gewollt hätte.
Auch den anderen Schlauch entfernte ich ihm. Er regte sich und stöhnte leise, aber bevor er noch etwas anderes machen konnte, hatte ich ihn wie ein Kind in die Decke gewickelt und Dr. Thomson in die Arme gedrückt, der unter dem Gewicht fast in die Knie ging. Das konnte ich gar nicht verstehen. Mick hatte in der Zeit, die er hier war, extrem abgebaut. Sogar durch den Stoff der Decke fühlte ich seine Knochen, als wären dort nicht wie üblich Muskeln, die er jeden Tag stählte.

„Mit was haben Sie ihn ernährt, Wasser und Zwieback?“ zischte ich, erhielt aber keine Antwort. Es war mir auch egal.
Ich riss nur das kleine Fenster auf. Unter mir erstreckte sich Beton. Kein Problem, wenn man den Sprung abfedern konnte wie eine Katze. Zumindest für Sophia und mich sollte es kein Problem sein. Das war nur der erste Stock, Herrgott noch mal! Immerhin hätten wir auch aus dem dritten Stock springen können, wie ich mit einem Blick nach oben feststellte. Ich nahm Dr. Thomson das Bündel in Decken, dass wohl mal Mick gewesen war, ab und kletterte auf die Fensterbank. Mit einem Satz sprang ich nach unten und federte den Stoß auf den Ballen meiner Zehen auf, um weder zu wecken noch ihm Schaden zu zu fügen. Er schlief seelenruhig weiter.
Sophia sprang mir nach, blieb nur noch der Arzt. Er zögerte, dann wagte er den Sprung und rollte ein Stück über den Boden. Dann richtete er sich scheinbar unverletzt auf.
Blieb nur noch zu hoffen, dass unsere Freunde ebenso viel Glück hatten wie wir...

*

Währenddessen sahen sich Logan und Guillermo einem ganz anderen Problem gegenüber.
Sie folgten Josefs Anweisung und gingen den Gang herunter, den er ihnen wies. Nach ungefähr fünfhundert Metern grauer Betonwände standen sie vor einer Tür. Sie war gleich mehrfach gesichert, das sahen die beiden sofort.
Ein kleiner Bildschirm zeigte eine hellgrüne Linie, die so gerade war wie die Nulllinie beim Kammerflimmern im Krankenhaus. Anscheinend ein Stimmenerkennungsapparat. Direkt darunter befand sich ein Tastenfeld und auf der anderen Seite der Tür ein Feld, in das man seine Hand drücken konnte. Eine kleine Kamera auf Augenhöhe scannte anscheinend die Retina und identifizierte.
Logan knurrte unterdrückt.
„Er hatte Recht. Wir kommen hier wirklich nicht rein.“ murmelte er und sah sich die Tür an. Sie war aus Stahl und mehrere Zentimeter dick. Die bekam er nicht einfach so auf gestemmt. Blieb nur, was Josef vorgeschlagen hatte.

Damit, einen Mitarbeiter nieder zu schlagen, hatte Logan kein Problem. Doch falls sie aufflogen, hatten sie sehr wohl eines. Mehr Menschen mussten wirklich nicht sterben, auch wenn er zugestehen musste, dass jeder tote Legionär ein guter Legionär war.
Zusammen zogen die beiden sich gegen die Wand zurück. Da hier unten kaum Beleuchtung angebracht war, hatten die beiden Vampire kein Problem, sich rechts und links von der Tür aufzustellen. Es würde schon jemand kommen, der Zutrittsrechte zu diesem Raum hatte.
Sie brauchten auch gar nicht lang warten, bis eine Frau kam, die aussah als käme sie direkt von der Akademie. Sie hatte streng zurück gebundenes, rotes Haar und kalte blaue Augen.

Dann wurden die beiden Zeugen, wie die Entriegelung der Tür funktionierte. Die Frau sagte ihren Namen klar und deutlich vernehmbar. Devon Danes hieß sie also, sinnierte Logan. Der Name war unwichtig. Ein Blick zu Guillermo sagte ihm, dass sein Kollege einverstanden war, die Tür offen zu halten, während er sich um die Frau kümmerte.
Devon tippte eine Zahlenfolge in das Tastenfeld und drückte ihre andere Hand in den Fingerabdruckscan. Klickend wechselten nacheinander drei Lämpchen von rot nach grün.
Ein weiterer Blickaustausch veranlasste Logan dazu, sich aus den Schatten zu schieben, wie Guillermo es auf der andren Seite der Tür tat. Ohne lang nachzudenken sprang er vor, packte die Frau um die Mitte und riss sie weg, während Guillermo seinen Fuß in die zentimeterdicke Stahltür schob, die im Begriff war, wieder zu zu schwingen.
Logan legte Devon eine Hand wie eine Stahlklammer auf den Mund, um sie am Schreien zu hindern und stemmte sich mit der Schulter in die Tür. Es knackte vernehmlich und Guillermo zischte leise.
Anscheinend hatte ihm die tonnenschwere Tür gerade den Fuß zertrümmert, aber es schadete ihm nicht viel. Er trat nur einmal etwas fester auf, als sich der Druck um seinen Fuß lockerte und die Knochen sprangen wieder an ihren richtigen Platz.

Zusammen stemmten sich die beiden Vampire gegen die Tür, die leise in die andere Richtung schwang als sonst, nämlich in die, in die sie wollten. Schließlich hatten sie es geschafft, sie so weit auf zu drücken, dass sie hindurch passten. Logan ließ Devon immer noch nicht los und sie wehrte sich nicht gegen seinen griff. Vielleicht weil sie wusste, dass ein Zucken seiner bemuskelten Arme reichte, ihr das Genick zu brechen. Sie konnte nur hoffen, dass es bei Vampiren keine Epileptiker gab und wenn, dass er keiner von diesen war.
Logan atmete tief die Luft in dem Gang ein, in den sie jetzt traten. Es roh klinisch sauber, aber auch nach Desinfektionsmitteln und ein kleines bisschen nach Blut. Vielleicht eine Mahlzeit?
Er spürte, wie sich seine Eckzähne vorschoben. Er hatte Durst, und wenn er nicht bald etwas dagegen unternahm...
Doch er vergaß seinen Durst schlagartig, als er sich dem ersten Zellenabteil zuwandte. Durch die Glasscheibe sah er jemanden, von dem er nie gedacht hätte, sie wieder zu sehen.

Fast hätte er Devon los gelassen, entschied ich dann aber anders und ruckte mit dem Kopf zu dem Walkie Talkie an seinem Gürtel. Guillermo, der die Aufforderung und Logans Verhalten richtig gedeutet und gesehen hatte, wer sich in der Zelle befand, rief Josef an.
„Josef?“ flüsterte er rauschend ins Mikro. Devon Danes glaubte, sie habe nicht richtig gehört. Josef Kostan war hier? Wieso hatten die Wachen ihn nicht längst geschnappt und erledigt? Vermutlich weil ihre Männer auch dazu zu dumm waren...
„Ja?“ kam es knapp zurück. „Halten Sie ihn doch besser fest, er fällt ja gleich runter!“ schob er noch barscher hinterher und Logan runzelte die Stirn.
„Josef, wer fällt wo...“ fing der junge Vampir an, aber der ältere ließ ihn nicht ausreden.
„Nicht so wichtig.“ er klang gestresst. „Also, was gibt’s? Ich habe gerade wenig Zeit für eine Plaudernde.“
Logan schluckte um den Kloß in seinem Hals herum und sah dann zu der Vampirin hinter der Glaswand.
„Wir haben hier unten ein paar Personen gefunden, die du dir ansehen solltest.“ machte Guillermo weiter und schnitt Logan das Wort ab.
„Hört zu, ich habe gerade wichtigeres zu tun...“ fing Josef an und seufzte dann. Er murmelte etwas, dass die beiden über das Knacken des Gerätes nicht mehr ausmachen konnten.

„Hol einfach alle Vampire aus den Verliesen, bring alle Legionäre um, die sich euch in den Weg stellen und kommt zum Hinterausgang. Wir haben einen Transporter der Legion geschnappt und wollen wieder los. Wo sind die anderen?“ Josef klang wirklich gereizt und er war nicht allein. Da war noch jemand bei ihm, aber wer das war, wusste niemand der beiden zu sagen.
„Das wissen wir nicht. Wir haben uns Zugang zu den Verliesen verschafft, aber wir können die Person, die uns hier freundlicherweise herein gelassen hat, nicht töten, bis wir fertig sind.“ erklärte Guillermo schnell. Kurze zeit herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung.
„Dann bring die Person mit.“ grollte Josef, dann brach die Verbindung ab.
Logan starrte das Funkgerät an und Guillermo schob es schulterzuckend zurück in seinen Gürtel.

„Gut, Miss Danes, dann wollen wir doch mal.“ murmelte Logan und hielt ihr immer noch den Mund zu, damit sie nicht schrie.
„Mit zitternden Händen zog Devon eine Codekarte hervor und zog sie durch den Schlitz an der Tür. Das Lämpchen wechselte auch hier auf grün und zischend schwang die Glastür zur Seite.
Catherine hob den Kopf, als Guillermo vor ihr niederkniete und ihre Fesseln aufbrach.
„Warum tust du das?“ fragte sie schwach. Die lange Behandlung durch das Silber hatte ihr sichtlich zugesetzt. Immerhin hatten sie darauf verzichtet, sie so zu foltern wie sie Josef gefoltert hatten. Vielleicht hatte sie ihnen aber auch bereitwillig erzählt, was sie wusste.
„Weil kein Vampir, egal wie schlecht er ist, dieses Schicksal verdient hat.“ gab er ruhig zurück und brach die letzte Kette auf. Als er die Hand ausstreckte, um ihr auf zu helfen, schlug sie sie weg.
„Ich brauche die Hilfe von Josef und seinen verweichlichten Freunden nicht!“ zischte sie und stand schwankend auf. Als sie taumelte, griff er ihr unter die Arme. Sie presste nur die Lippen zusammen und knurrte tief, bis er sie los ließ.

Wortlos gingen Logan und er mit Devon Danes im Schlepptau zur nächsten Zelle und holten auch Damian, der kaum mehr eigenständig laufen konnte sowie Lielan aus ihren Zellen. Catherine war die ganze Zeit über unsicher neben der Tür stehen geblieben. Sie hätte nicht die Kraft gebt, um zu fliehen und war, ob es ihr passte oder nicht, auf die anderen angewiesen. Zähneknirschend akzeptierte sie ihr Schicksal, machte sich aber eine mentale Notiz, diese Militärschlampe und am besten noch David und Josef, vor allem aber Sophia bei der nächstbesten Gelegenheit umzubringen.
„Das waren dann alle, denke ich.“ murmelte Logan und ging mit seiner Geisel im Schlepptau den Gang herunter bis zur Tür, die von innen sehr viel leichter zu öffnen war als von außen.
Dann machte er sie hinter sich wieder zu, nachdem alle sicher draußen waren. Doch kaum war die schwere Stahltür hinter ihnen allen ins Schloss gefallen, als über selbiger knackend ein Alarmlicht zum leben erwachte und schrill losheulte.

Logan grollte und sah an sich herunter, doch Devon Danes hatte keinen Muskel gerührt. Also war sie es nicht gewesen, aber das Lächeln, dass man unter Logans Hand kaum noch sehen konnte, sprach Bände. Entweder, es war ein Alarmmechanismus in die Tür eingebaut gewesen, oder sie hatte Komplizen. Wohl eher letzteres.
Hektisch sah er die anderen an.
„Wo geht es raus?“ fragte er und nahm die Hand von ihrem Mund, um sie sprechen zu lassen. Ihr entging nicht, dass er sie stattdessen um ihre kehle legte um ihr sofort die Luft abschnüren zu können, sollte sie etwas sagen, dass nicht richtig war.
„Glauben Sie, das sage ich Ihnen?“ fragte sie spöttisch und keuchte gleich darauf panisch auf, als sich seine Hand wie ein Stahlband um ihren Hals legte und er zudrückte.
„Das sollten Sie besser, es sei denn...“ drohte er und ließ ihr wieder ein bisschen mehr Luft.
„Geradeaus.“ hustete sie und er setzte sich in Bewegung, ohne sich nach den anderen umzusehen. Guillermo blickte sehr wohl nach hinten, aber alle drei Vampire folgten ihnen, wenn auch misstrauisch und zögerlich.

Zuerst langsam, dann immer schneller setzte sie sich in Bewegung. Logan hob Devon Danes währenddessen hoch, um sie besser tragen zu können und sie protestierte nicht, da sie wusste, was ihr dann geblüht hätte.
Die nächste Tür, vor der sie standen, war wieder so gesichert wie die, aus der sie vorhin verschwunden waren. Logan stutzte. Auf dem Weg hier her waren sie an keiner so gesicherten Tür vorbei gekommen.
Wütend blickte er Devon Danes an.
„Das war eine Falle!“ zischte er bösartig.
Devon lächelte selbstsicher. Allein dafür hätten ihr wahrscheinlich alle anwesenden gern den Hals umgedreht.
„War es nicht. Ich weiß nicht, wo Sie rein gekommen sind, aber üblicherweise nimmt man die Vordertür.“ erklärte sie schnippisch und der junge Vampir zischte gestresst.
„Vordertür? Vordertür?!“ fauchte er. „Wir müssen zum Hinterausgang!“ Er war sich fast sicher, dass sie auch das mit Absicht getan hatte.

„Sie wollten wissen, wo es raus geht. Kann ich doch nicht wissen, dass die Herren Blutsauger Sonderwünsche haben. So jemand wie Sie geht sicherlich nicht durch den Lieferanteneingang.“ Das Knurren wurde lauter und hallte von den Wänden wieder. Es brauchte wirklich viel, um Logan so wütend zu machen, dass er sich überhaupt ein Knurren gestattete, aber jetzt war es endgültig vorbei.
„Schön, nehmen wir eben die Vordertür. Dann laufen wir einmal halb um ihr dämliches Gebäude herum.“ lenkte er ein und ließ sie los, damit sie die Zahlenfolge in das Tastenfeld eingeben konnte, das in die Wand eingelassen war.
Doch er blieb wachsam hinter ihr stehen, um sehen zu können, was sie tat. Sie drehte sich nervös lächelnd zu ihm herum.
„Könnten Sie vielleicht einen Schritt zurück gehen? Ich kann mich nicht konzentrieren, wenn man mir über die Schulter schaut.“ sagte sie sanft, aber Logan ließ sich nicht beirren.

„Den Zeichencode vergessen Sie sicherlich nicht, nur weil jemand hinter Ihnen steht. Oder gehen Sie immer alleine hier rein und raus?“ grinste sie. Verärgert biss Devon sich auf die Lippe. Unrecht hatte er nicht, das musste man ihm lassen. Und gerade das wurmte sie so.
„Schön.“ grummelte sie und tippte eine fünfstellige Zahl in den Computer. Doch das war keinesfalls die Kombination für die Tür.
„Code identifiziert.“ scholl eine blecherne Stimme aus dem Lautsprecher.
Alle Köpfe schossen hoch. Das war bei der letzten Tür nicht passiert. Warum sollten die Sicherheitsvorkehrungen beim Ein und Ausgang höher sein als bei den Hochsicherheitsverliesen? Logan verstand die Welt nicht mehr. Zwei Sekunden später verstand er jedoch mehr. Zu viel. Erschreckend zu viel.
„Aktivierung der Selbstzerstörung in vier.... drei … zwei...“ Logan packte Devon Danes hart am Kragen ihrer Uniform. Ein Knopf riss ab und flog gegen die Wand, aber es kümmerte ihn nicht sonderlich. „Was – haben – Sie – getan?“ grollte er, doch sie lächelte nur. In diesem Moment sprang noch ein Lämpchen von rot nach grün um und bevor sie noch weit hatten rennen können, was sie natürlich sofort gemacht hatten, als sie wussten was passiert war, knallte es ohrenbetäubend und ein blendendes Licht hüllte die Vampire und die Menschenfrau von allen Seiten ein.

Hinter ihnen grollte es infernalisch und eine Feuerwalze rollte grollend hinter ihnen den Gang entlang. Jetzt hieß es, die Beine in die Hände zu nehmen und zu rennen, was das Zeug hielt.
Doch so schnell sie rannten, konnten sie doch nichts dagegen tun, dass die decke hinter ihnen nachgab und polternd und in großen Brocken zu Boden stürzte. Devon stolperte über eine Bodenwelle und riss Logan mit sich zu Boden, der  sofort wieder aufsprang.
Sollte die Legionärin sterben, um sie war es nicht schade.
„Nein... ich muss...“ fing sie an, und er drehte sich um und zog sie weg. Wäre sie dort geblieben, hätte eine Sekunde später eine Deckenplatte ihr Leben beendet.
„Dann laufen Sie!“ knurrte er und schob sie vorwärts, als die Feuerwelle durch den Gang rollte. Logan hatte das Gefühl, dass ihm die Haut am Rücken verbrannte, aber sicher war das nur Einbildung.

Unvermittelt standen sie aber vor einer neuen Tür, aber Logan und Guillermo warfen sich dagegen und sie gab unter dem Ansturm nach. Unaufhaltsam stürmten sie weiter und sahen schon das grüne Schild über der Tür, dass einen Ausgang auswies und rannten nach draußen. Dort sahen sie schon den schwarzen Transporter. Logan ließ Devon Danes ruckartig los, als er Josef an der Tür des Wagens lehnen sah. Er sah ihn eine Augenbraue heben und drehte sich um. Wo hinter ihm eigentlich Catherine, Damian und Lielan hatten stehen sollen, stand niemand.
Erschrocken fuhr er wieder herum und sah Josef an. Sobald er in sein Gesicht sah, wusste er, dass Josef Catherine sehr wohl gesehen hatte.
„Ich denke, dann sollten wir gehen.“ murmelte dieser tonlos, als die Tür nach draußen flog und eine Feuerwolke durch die Türöffnung schoss.
Von rechts näherten sich Schritte und alle, sowohl Vampire als auch die Menschenfrauen, Ben und Dr. Thomson, drehten sich herum.
„Und ich denke, das solltet ihr nicht.“ sagte eine Stimme und sechs Gestalten lösten sich aus dem Rauch und den Flammen und kamen auf sie zu.

 
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