Meine Geschichten
  Kenne den Feind
 

Jenks beugte sich näher zu dem Bildschirm mit dem Radar.

Hier, um 11 Uhr 48 hatten wir die Maschine noch auf dem Schirm. Und dann, circa zehn Minuten später, war das Signal plötzlich weg.“ Derkins schaltete den Monitor um. Jetzt sah man darauf unscharfe Bilde einer Kamera, die sich wohl an oder in dem Helikopter befunden haben musste.

Man sah darauf – wenn auch unscharf und verwackelt – das Flugzeug, in dem sich die Zielobjekte befunden hatten. Ein paar Aufnahmen später explodierte das Flugzeug in einem Feuerball. Dann jedoch stutzte Jenks. Was er zuerst für Teile des explodierenden Flugzeuges gehalten hatte, waren...

Können Sie das ranzoomen?“ fragte er aufgeregt. Jetzt hatten Sie vielleicht endlich den entscheidenden Beweis.

 

Derkins nickte und tippte etwas auf der Tastatur ein, woraufhin der Bildausschnitt vergrößert wurde. Es war verpixelt und erkennen konnte man auch nicht viel.

Ist es möglich, das deutlicher zu machen?“ fragte Jenks ungeduldig und beugte sich noch näher zum Bildschirm. Man erkannte nicht wirklich etwas und ein Laie hätte die schwarzen Punkte auch für Trümmerstücke des Flugzeuges gehalten, nicht aber Jenks. Derkins tat, wie ihm geheißen und die Aufnahme wurde ein bisschen schärfer. Nicht scharf genug, um Details zu erkennen, aber das musste er auch nicht. Ein befriedigtes Lächeln umspielte seine Lippen, dann nickte er.

Zeigen Sie mir die Aufnahmen davor.“ befahl er und sein Mitarbeiter schaltete ein paar Bilder zurück. War die Tür des Flugzeuges auf dem einen Foto noch geschlossen gewesen, stand sie jetzt offen. Ein Mann beugte sich heraus.

Als hätte er das stumme Drängen in seinem Kopf vernommen, zoomte der junge Soldat auch das Bild heran und machte es erkennbarer. Dort stand wirklich ein Mann. Er hielt etwas in der geschlossenen Faust, dass Jenks nicht erkennen konnte.

 

Wieder nickte er. „Gut, danke, Derkins. Ich habe jetzt, was ich brauche.“ sagte er und trat vom Bildschirm zurück. Ihm wurde jetzt einiges klarer. Der Mann, der sich dort aus der Tür gelehnt hatte, musste einer von denen sein, die sie jagten. Waren seine Männer vielleicht nicht aufmerksam genug gewesen und es war zu einem Kampf gekommen bei dem das Flugzeug explodiert war? Das konnte er sich nicht vorstellen...

Dieses Ding, dass der Mann dort in der Hand gehalten hatte...

Ein Geistesblitz durchfuhr ihn und gleich darauf lächelte er diabolisch. Jetzt wusste er genau, wie sie es angestellt hatten.Er ließ den Soldaten am PC sitzen und entfernte sich ohne einen Gruß und mit eiligen Schritten aus der Kommandozentrale. Schließlich kam er in dem Raum an, in dem der Staatsanwalt immer noch saß und sich nicht von der Stelle gerührt hatte.

Entschuldigen Sie die Unterbrechung. Wir hatten einen kleinen Zwischenfall mit einer unserer Übungstrupps.“ log er glatt. Der Staatsanwalt schien keinen Verdacht zu schöpfen.

 

Er lehnte sich nur auf dem unbequemen Stuhl zurück. „Dürfte ich vielleicht erfahren, warum ich hier bin?“ fragte Ben höflich, jedoch mit kühlem Unterton in der Stimme nach. Jenks musterte ihn ebenso kühl und kurz.

Sie haben mir alles gesagt, was ich wissen muss. Ich denke, es ist besser, wenn sie jetzt gehen“ sagte er und Ben erhob sich. Ohne ein Wort, ein Händeschütteln oder Ähnliches verließ er den Raum. Er warf Jenks nur noch einen kurzen, berechnenden Blick zu, dann schwang die Tür hinter ihm zu und er stand allein auf dem Gang. Innerlich stöhnte er auf. Jetzt musste er sich allein seinen Weg durch dieses Gewirr aus Korridoren suchen.

Schneller als erwartet stand er draußen und ging zu seinem Wagen.

Er fuhr erst ein ganzes Stück von dem Gelände weg, bevor er die Freisprecheinrichtung einsteckte und in seiner Kanzlei anrief. Er musste dringend Einiges klären.

 

*

 

Irgendwann hörte die Gewehrsalve auf. Ich konnte hören, wie Sophia neben mir die angehaltene Luft ausstieß und ich zog sie näher zu mir herüber. Ich musste mich einfach vergewissern, dass ihr nichts passiert war.

Alles okay?“ fragte ich überflüssigerweise, denn die Kugeln waren in den Boden vor dem Dickicht eingeschlagen. Teilweise rauchte der Boden noch, Staubfahnen wirbelten hoch und Erdbröckchen flogen umher. Auch ich hatte gemerkt, dass Erdkrümel die reinsten Geschosse sein konnten, zumal der Boden von der Sonne hart gebacken war. Meine größte Sorge waren jedoch Quergänger oder abprallende Patronen gewesen, die leicht auch in einen von uns hätten einschlagen können.

 

Noch immer ratterte über uns der Helikopter. Jetzt stand er über uns in der Luft und durch die hellbraunen, staubigen Äste des Dornengestrüpps, in das wir uns alle gezwängt hatten, konnte ich sehen, wie aus dem Hubschrauber eine Leiter herunter gelassen wurde.

Sophia neben mir nickte zu spät. „Mir ist nichts passiert.“ antwortete sie, aber ich hörte es gar nicht. Wenn jetzt diese Leute hier her kamen und das Gestrüpp durchsuchten, hätten wir ein Problem. Fieberhaft überlegte ich, was wir tun konnten, wie man sich hier heraus winden konnte, ohne dass einer von uns sterben musste, aber mir fiel nichts ein. Sollte es denn hier schon zu Ende sein? Das konnte ich mir nicht vorstellen.

Neben uns raschelte plötzlich das Gebüsch, als sich Logan und Guillermo ein Zeichen gaben und dann hastig unter den Büschen hervorkrochen, ungeachtet der Dornen, die Ihnen Haut und Kleidung gleichermaßen in Fetzen rissen. Erschrocken erkannte ich, was die Beiden vorhatten. Aber ein Ablenkungsmanöver war wohl das Dümmste, was die Beiden tun konnten.

 

Was macht ihr denn?!“ zischten Lance, Mick und ich gleichzeitig, aber wir wurden ignoriert. Hastig rappelten die Beiden sich auf, sobald sie das Gestrüpp und die Dornen hinter sich gelassen hatten und rasten auf den Hubschrauber zu, so schnell, dass das menschliche Auge sie vielleicht gar nicht wahrnahm und wenn, dann nur als helle Schatten. Bevor die Legionäre wissen konnten, was los war, wäre es schon wieder vorbei und meine Freunde wahrscheinlich tot. Ich biss die Zähne zusammen und knurrte. Meine Hände gruben sich in hilflosem Zorn in die steinharte Erde und rissen sie auf, als wäre es ein Brotlaib. Erdbrocken flogen durch die Luft. Ich wollte nicht sehen, was dort geschah, aber wegsehen konnte ich nicht.

 

Wie der Blitz waren die Beiden die Strickleiter nach oben geklettert, die aus dem Bauch des Hubschraubers baumelte, noch bevor die Soldaten sich daran abseilen konnten. Sophia hatte die Hände vor den Mund gepresst und verfolgte ebenso starr wie ich das Szenario, dass sich uns bot.

Was machen die beiden denn? Die sind wahnsinnig...“ flüsterte Lance erbost und fasste in seine Tasche, offenbar auf der Suche nach etwas, dass er nicht finden konnte.Dann sah er entgeistert wieder nach oben zu dem Helikopter, der immer noch völlig ruhig in der Luft stand. „Dieses miese...“ hörte ich ihn knurren, wusste aber nicht, was er meinte. War ihm halt der Schlüssel zu seiner Kühltruhe abhanden gekommen, was konnte ich...

Plötzlich hörte ich Mick ein Stück entfernt zischend ausatmen, dann kroch auch er mit aller hast unter den Dornenranken hervor.

Los raus da, alles raus!“ zischte er und zog Beth mit sich. Stirnrunzelnd blieben wir alle liegen, bis es über uns ohrenbetäubend knallte. Ich sah schon gar nicht nach oben, da packte ich schon Sophias Handgelenk und zog sie unter den Dornenranken heraus. Die Anderen folgten ebenso schnell und ohne, dass wir uns abgesprochen hatten, rannten wir los. Sophia stolperte, ich zog sie hoch und nahm sie kurzerhand huckepack, weil wir so schneller waren. Neben mir sah ich Mick mit Beth genau so verfahren. Hinter uns knallte es immer noch und als ich mich umsah, konnte ich weder Logan noch Guillermo irgendwo bei uns entdecken.

Ruckartig blieb ich stehen. Lance prallte gegen mich, stolperte und fiel hin. Aber gerade war mir das herzlich egal. Er rappelte sich wütend vom Boden auf.

Kannst du nicht Bescheid sagen, wenn du...“ fing er an, aber ich hob eine Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen und wie durch ein Wunder verstummte er und richtete seinen Blick auf die brennenden Überreste des Helikopters. Schwarzer Rauch stieg auf und sogar auf die Entfernung roch man das Feuer. Ich schluckte hart. Mick neben mir klappte der Mund auf.

 

Wie...“ fing er an, dann schloss er den Mund wieder. Seine Unterlippe zitterte verräterisch und Beth schloss ihn in die Arme. Auch Sophia drückte sich enger an mich, wohl aber, um sich selbst zu trösten statt meiner Wenigkeit. Ich merkte, wie ihr Körper zitterte und ihre Tränen mein Hemd durchdrangen. Immer noch hatte ich den Blick nach vorn gerichtet. Der Wind drehte und blies uns Ruß und Aschenstaub zu, den Geruch brennenden Metalls und des Treibstoffes.

Halb ohnmächtig vor Wut und Schock, vor allem aber – auch wenn ich es mir kaum eingestehen wollte – vor Trauer schlug ich ein Kreuz und drehte mich dann um. Noch einmal sah ich zurück, als Mick überrascht aufkeuchte. Aus dem Rauch und dem Nebel lösten sich zwei Gestalten und kamen auf uns zu. Die Hemden versenkt, ein bisschen verrußt aber ansonsten fröhlich und vor allem lebend kamen dort unsere Freunde, die wir schon verloren geglaubt hatten, auf uns zu gelaufen. Reflexartig ließ Mick Beth los. Über seine Lippen kam ein dunkles, bedrohliches Grollen, dass außer uns, die wir um ihn herum standen wahrscheinlich niemand hörte.

 

Wuuh, das war cool. Ich sollte wirklich öfter...“ fing Logan an, als sie bei uns standen, aber angesichts Micks gefletschter Zähne verlor sich der Rest seines euphorischen Satzes buchstäblich im Sande. Er klappte den Mund zu und schluckte, dann machte er einen Schritt zurück.

Wie der Blitz schoss Mick vor, drückte ihn zu Boden und schlug ihm mit der bloßen Faust ins Gesicht. Einmal nur, dann drückte er ihn bloß in den glutheißen Boden.

Ihr verdammten Vollidioten!“ wetterte er los. „Was macht ihr denn? Seid ihr komplett wahnsinnig?!“ er wurde mit jedem Wort lauter und Logan sah aus, als würde er sich am liebsten verdünnisieren. Guillermo schluckte und wagte dann vorsichtig einen Versuch, sich und seinen freund zu verteidigen.

Mick... wenn wir nichts getan hätten... die hätten uns alle kalt gemacht!“ wandte er zögerlich ein. Langsam erhob Mick sich von Logan und hob ihn hoch. Er funkelte ihn noch einmal wütend an, dann setzte er seinen Weg in die Wüste fort.

Lance war der Nächste, der sich an die Beiden wandte.

Den Sprengsatz ersetzt ihr mir.“ zischte er und folgte Mick. Logan seufzte. „Ein bisschen Dankbarkeit kann man nicht erwarten, oder? Da rettet man euch den Arsch, und dann...“ Er stapfte missmutig hinter uns anderen drein, die wir uns schon in Bewegung gesetzt hatten. Sophia drehte sich unvermittelt zu ihm um und lächelte. Von den Tränen sah man nichts mehr.

Ich bin froh, dass ihr uns geholfen habt und noch dazu lebt, Logan.“ sagte sie freundlich und lief dann weiter hinter mir her, eine kleine Anhöhe hinauf. Wohin man blickte, erstreckten sich jetzt Hügel und kleinere Täler, wie geschaffen für einen Hinterhalt. Aber anscheinend war der Hubschrauber das letzte Aufgebot der Legion in diesem Abschnitt der Wüste gewesen.

Logan lächelte. „Wenigstens einer, der sich freut.“ brummelte er, dann stapfte auch er weiter den Weg entlang. Guillermo bildete den Schluss. Oben auf der Hügelkuppe hielten wir an. In der Ferne glitzerte das helle Band eines Flusses.

 

Lance steuerte darauf zu. Wo Wasser war, da war auch Leben, sagten wir uns.

Wie weit ist es bis dort, was meinst du?“ fragte Mick nach und Lance wandte ihm den Kopf zu.

Heute schaffen wir das nicht mehr, aber morgen vielleicht.“ gab er zurück. „Ich würde sagen, wir laufen, bis die Nacht hereinbricht und es kühler wird, und machen dann rast. Und ehe es hell wird, sind wir schon wieder auf den Beinen. Hier dürfte es auch für Vampire kalt genug werden, um sich zu erholen und zu schlafen.“ Vorsichtig ging er den Hügel hinunter und wir Anderen folgten ihm.

 

Es ging schon auf den Abend zu, als wir endlich Rast machten. Meine Kehle fühlte sich an, als sei sie mit Sand ausgelegt und man habe mir Tabasco zu trinken gegeben, so sehr brannte sie. Der Durst bereitete uns allen mehr oder minder körperliche Schmerzen.

Erschöpft setzten wir uns in den Schatten eines kleinen Baumhaines auf den staubtrockenen Boden. Ich legte erschöpft den Kopf in den Nacken und atmete die trockene Luft ein, die sich auch in den aufkommenden Abendstunden anfühlte, als stünde man vor einem Backofen und atmete die heiße Glut ein.

Warum habt ihr nicht einen oder zwei von den Typen am Leben gelassen, dann hätten wir jetzt wenigstens was zu essen.“ murrte Ryder, der in der Nähe herumlief und trockenes Holz für ein Feuer suchte.

Sophia neben mir kramte in ihrem Rucksack und teilte sich mit Beth eine Dose Mais.

Du kannst ja zurückgehen und sehen, ob du noch etwas findest, was trinkbar ist.“ maulte Logan zurück.

 

Ryder schichtete das Holz zu einem kegelförmigen Haufen.

Hat irgendwer was zum Anzünden dabei? Feuerzeug, Streichhölzer?“ fragte er in die Runde. Alle schüttelten die Köpfe.

Du weißt genau, dass wir alle Nichtraucher sind, Mann.“ murmelte ich und setzte die Sonnenbrille ab. Sie Sonne verschwand gerade hinter dem Horizont, es gab keinen Grund mehr, sie auf zu behalten.

Mick erhob sich halb und zog aus seiner hinteren Tasche ein Feuerzeug. Ich schnaubte leise. „Typisch. Hast du mal einen Survivaltrip mitgemacht oder so?“ fragte ich sarkastisch. Sophia sah mich schräg von der Seite an. Aber ich hatte im Moment einfach nur schlechte Laune. Nichts zu trinken, brütende Hitze und Sonnenschein den ganzen Tag, da konnte man als Vampir schon missmutig werden, vor allem, wenn man so etwas nicht gewöhnt war.

Ade ihr schönen Klimaanlagen, schöne Freshies und die Kühltruhe...

 

Allein bei dem Gedanken an meinen gläsernen Sarg wurde mir elend. Wieso musste auch ausgerechnet ich hier fest hocken?

Zu meiner Überraschung nickte Mick jedoch. „Solltest du auch mal machen. Das ist lustig.“ sagte er und hielt das brennende Feuerzeug an die trockenen Scheite, die sofort Feuer fingen. Er musste nicht einmal sehr viel pusten. Wir alle setzten uns ein Stück vom Feuer weg. Die natürliche Angst davor bekamen wir sozusagen mit dem Blut eingetrichtert. Nur Sophia und Beth scheuten das Feuer nicht, sie streckten die Hände dagegen aus, um sich zu wärmen. Sophia borgte sich Guillermos Messer und schnitzte damit zwei Stecken zurecht, auf die sie Würstchen spießte. Das eine Stöckchen reichte sie Beth, das Andere behielt sie selbst.

Nach einer Weile duftete es im Umfeld nach gebratenem und Sophia blinzelte neckisch zu mir herüber.

Naa, ist wohl manchmal doch nicht das Wahre, wenn man sich nur von etwas ernährt, was man hier nicht bekommen kann, hm, Schatz?“ fragte sie grinsend und ich grollte beleidigt.

Ich sah ihr dabei zu, wie sie vorsichtig das heiße Würstchen kostete und dann mit mehr Behagen aß. Es gab hier sehr wohl etwas zu essen für uns und das wussten die beiden Frauen genau. Nur das zumindest Mick und ich niemals auf den Gedanken kämen, gerade diese Nahrungsquelle anzuzapfen. Anders verhielt es sich da bei den Anderen. Es schien, als würde ich heute Nacht besonders gut auf Sophia aufpassen müssen. Und das nicht nur wegen der wilden Tiere, die hier herum streiften.

 
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