Meine Geschichten
  Streit
 
I'm sick of the lie
and you're too late.

Evanescence – Call Me When You're Sober


Ich verließ Sophia nur, wenn ich essen oder schlafen musste, ansonsten wich ich nicht von ihrer Seite. Ich war schon froh, dass die Verletzungen gut heilten und nicht so schlimm waren, wie sie hätten sein können und wie ich zuerst angenommen hatte. Nach zwei Wochen war sie so weit genesen, dass ich sie wieder mit nach hause nehmen konnte, und ich hatte noch etwas anderes, dringendes zu erledigen.

Ich fühlte mich etwas unbehaglich in dem Geschäft für Damenmode, das ich jetzt betrat, aber ich konnte es gut überspielen und erstand ein tiefrotes, weit ausgeschnittenes Kleid für Sophia, welches ich ihr schenken wollte.
Weiter ging es zum nächsten Juwelier, um passenden Schmuck zu erstehen. In einer Kette aus Weißgold mit tropfenförmigen, polierten Rubinen und passenden Ohrringen sowie einem Armreif fand ich den passenden Schmuck zu dem Kleid. Meine dringendere Sorge waren die Ringe. Ich hatte ihr noch keinen richtigen Verlobungsring geschenkt und wollte das nachholen.
Meine Wahl fiel nach längerem Überlegen auf einen schlichten Ring aus Platin, der ein Rankenmuster eingraviert hatte und einen kleinen Stein. Nicht zu groß, aber man konnte erahnen,was er wert war und was für ein Loch er in meine Geldbörse riss. Und immer noch war mein Auftrag nicht ausgeführt, denn Ringe für die eigentliche Hochzeit würde ich auch noch brauchen.

„Was haben Sie denn da im Angebot?“ fragte ich den Juwelier höflich und der verschwand nach hinten in sein Kämmerchen und kam mit einem Arm voll Schachteln wieder.
„haben Sie irgendwelche besonderen Vorlieben, Sir?“ fragte er und machte die erste reihe Döschen auf.
„Ja...“ sagte ich zögernd.
„Kein Silber. Vielleicht Edelstahl. Oder Weißgold. Platin wäre auch schön.“ Der Juwelier nickte und begrenzte die Auswahl der Schachteln, die anderen räumte er wieder weg.
„Soll der Ring eher breit oder eher schmal sein? Schlicht oder verziert? Möchten Sie etwas eingravieren lassen? Die Ringe der Männer sind meist etwas breiter als die der Frauen.“ schwafelte er drauflos. Er hatte eine unangenehme, nasale Stimme, die mich fast wahnsinnig machte.
„Könnten Sie vielleicht...etwas eingravieren?“ fragte ich zaghaft und legte mir in Gedanken schon etwas zurecht. Mehr als das würde es nicht brauchen.

Der Mann nickte und legte sich zettel und Stift bereit, um mit zu schreiben.
„Schreiben Sie: Jophia – In love with eternity. Kann ich das Datum noch nachtragen lassen, oder würde das zu viel Aufwand bedeuten?“ fragte ich und biss mir auf die Lippe. Der Juwelier war nahe dran, die Augen zu rollen, aber die Gesetze der Höflichkeit verboten es ihm.
„Nein, sagen Sie mir einfach zwei Wochen vorher Bescheid, dann kann ich es noch ändern lassen.“ sagte er und verpackte die Ringe zusammen mit dem Zettel und der Inschrift in einer kleinen Schachtel. Ich nickte leicht. „Danke.“ gerade wollte ich mich zum gehen wenden, als er mich aufhielt. Er räusperte sich verlegen und hatte halb die Hand ausgestreckt, wie um mich zurück zu halten, die Handfläche nach oben.
„Es ist bei uns üblich, Vorkasse zu verlangen, Sir.“ sagte er und ich warf ihm einen wütenden Blick zu. Schnell zog er die Hand wieder zurück. Aber ohne hinzusehen klatschte ich ihm tausend Dollar auf den Tisch und hörte, wie er schluckte. Lächelnd und den Verlobungsring in der Tasche schlenderte ich  wieder nach hause.

Dort genehmigte ich mir als allererstes etwas zu trinken und hörte Sophia die Treppe herunter kommen. Meine Tüte mit den Einkäufen stand noch vor mir auf dem Küchentisch. Ich trank mein Glas aus und stellte es weg, dann hielt ich Sophia die Augen zu.
„He, Josef, was...“  ich führte sie zum Tisch und drückte sie auf den Stuhl herunter. Dann gab ich ihren Blick frei und zog die oberste Schachtel aus der Tüte. Die Halskette. Ich drückte sie ihr in die Hand.
„Na los, mach schon auf.“ grinste ich. Ich freute mich wie ein kleines Kind an Weihnachten, nur das diesmal nicht ich derjenige war, der etwas geschenkt bekam.

Vorsichtig zog sie den Deckel ab und ließ die Schachtel fallen, weil sie die Hände vor den Mund schlug. Man könnte meinen, ich hätte ihr eine lebende Tarantel geschenkt, so entsetzt starrte sie mich an. Bevor die Kette auf den Boden fallen und vermutlich kaputt gehen konnte, hatte ich sie dank meiner schnellen Reflex schon gefangen und ihr umgelegt. „Josef, das... ich... du...“ stammelte sie. Ich rollte seufzend die Augen. „Du hast doch noch gar nicht alles aufgemacht.“Als sie nicht reagierte, griff ich wieder seufzend an ihr vorbei nach der Tüte und förderte die nächste Schachtel zu Tage, die passenden Ohrringe und das Armband. Sie umarmte mich stürmisch und ich erwiderte nur zu gern den stürmischen Kuss, den sie mir auf die Lippen drückte. Das schmeckte nach mehr, irgendwann heute Nacht...

Nein, mahnte ich mich selbst. Das darfst du nicht, nicht mehr!
„Ich nehme mal an, das war immer noch nicht alles?“ fragte sie leicht bebend und ich verzog den Mund zu einem leichten Lächeln.
„Nein, Miss Diego, das war immer noch nicht alles.“Ich sah auf die Tüte zwischen uns und langte um sie herum. Wie zufällig nahm ich sie in den Arm und sie schmiegte sich so perfekt in meine Arme, als wäre sie eigens dafür gemacht worden.
„Ich weiß, eigentlich ist Kleider kaufen Frauensache, aber ich wollte dir die Überraschung nicht verderben, also dachte ich...“ ich zog auch die dritte Schachtel aus der Tüte, knüllte das Plastik zusammen und warf es scheinbar achtlos hinter mich. Wie gewollt landete es im Mülleimer, der leise schepperte.

Auch hier klappte sie den Deckel hoch. Ich hielt sicherheitshalber wieder meine Hände unter die Schachtel, sollte sie ihr entgleiten. Ihr Mund formte ein komisches kleines „O“, und sie starrte mich mit leuchtenden Augen an.
„Josef, du bist einfach... unmöglich!“ lachte sie und ich lachte und küsste sie auf die Kehle. Sofort wurde sie rot und ihr Herz schlug schneller.
„Das ist vielleicht nicht ganz der passende Ausdruck.“ sagte ich und wackelte mit den Augenbrauen. Sie stand auf und hielt sich das Kleid an. Sofort arbeitete alles bei mir auf Hochtouren. Allein sich vorzustellen, wie sie in dem Kleid aussähe, brachte mein Blut zum Kochen.
„Na dann zieh dich mal um.“ grinste ich und stapelte die Schachteln aufeinander.
„ich habe nämlich noch einen Anschlag auf dich vor. Wir gehen aus, mit den Jungs und ein paar Freunden.“
Die „Jungs“ waren in dem Fall Logan, Mick, Ryder und Guillermo. Strahlend verschwand sie nach oben, wo ich sie poltern hören konnte. Irgendetwas aus Glas – vermutlich eine Nachttischlampe ging zu Bruch, bevor sie wieder die Treppe nach unten stürmte und sich mir präsentierte. Ihre Wangen hatten vor Aufregung einen gesunden Stich Farbe und ihre Augen leuchteten. Das Kleid floss sehr vorteilhaft an ihrer schlanken Gestalt hinab und mir lief gegen meinen Willen das Wasser im Mund zusammen. Ich beherrschte mich mit Mühe, ging zu ihr herüber und legte ihr die Hände auf die Hüften, zog sie zu mir herüber und ließ meine Lippen an ihrer Pulsader verweilen.

„Dunkelrot. Meine Lieblingsfarbe.“ grollte ich und küsste sie. Sie lachte und wand sich aus meiner Umarmung.
„Also, gehen wir jetzt, oder was?“ fragte sie neckend und huschte an mir vorbei zur Haustür. Lachend sprang ich ihr nach.

Vor der Stadthalle parkte ich meinen Ferrari und hielt ihr die Tür auf. Der Schmuck glitzerte im Mondlicht und ließ ihn aussehen wie Tropfen von Blut auf ihrer haut. Ich erschauerte. Hätte ich doch vorher etwas mehr getrunken...
Lächelnd bot ich ihr meinen Arm zum Unterhaken an und führte sie zu den anderen.
Die anderen waren alle in weiblicher Begleitung gekommen, sogar Logan. Nur eine Person stand alleine da. Simone.
Ich trat lächelnd auf die zu und zog Sophia mit mir. „Simone Sophia, Sophia Simone.“ stellte ich vor und die beiden Damen lächelten und gaben sich die Hand.
„Also, können wir dann?“ fragte Mick, neben dem Beth stand, die sich ebenfalls bei ihm untergehakt hatte und ich nickte, bot Sophia den einen und Simone den anderen Arm an und führte sie nach drinnen. Simone machte sich von mir los und setzte sich an einen Tisch.
„Willst du nicht...“ fing ich an, aber sie schüttelte schon den Kopf, sodass ich gar nicht dazu kam, den Satz zu beenden.
„Amüsiere du dich mal schön. Ich setze eine Runde aus.“ sie wirkte vollkommen zufrieden damit und ich hatte keine Chance zu einer Erwiderung, weil Sophia mich auf die Tanzfläche zerrte.
„Ich dachte, du hättest gesagt, du könntest nicht tanzen?“ fragte ich lächelnd und zog sie enger zu mir. Eine Hand ruhte auf ihrer Hüfte, mit der anderen hielt ich ihre Hand fest und übernahm die Führung.
„Kann ich auch nicht.“ sagte sie lächelnd. „Aber wozu habe ich dich?“ sie neigte den Kopf näher zu mir, während Mick und Beth in einer schwindelerregenden Pirouette an uns vorbei sausten.
„Wo du doch scheinbar alles gut kannst.“ jetzt wurde das Lächeln ein kleines bisschen zu verstehend und ich grinste verlegen zurück.
„Zu sagen, dass ich alles gut kann ist ein bisschen übertrieben, findest du nicht? Immerhin kann ich nicht kochen, stricken oder Autos zusammen schrauben. Ach ja, und fliegen kann ich auch nicht, auch wenn das manchmal so scheint.“

Jetzt lachte sie wirklich und wir kreiselten weiter durch die reihen der Paare, bis die Musik ausklang und wir Halt machten.
„Möchtest du etwas trinken?“ fragte ich und zog sie zu dem Tisch, an dem Simone saß. Für sie und Sophia holte ich zwei Wasser, was für mich schon einen leichten Rotstich hatte. Es wurde wirklich Zeit, dass ich etwas zu trinken bekam.
Mein Lächeln, dass ich Simone zuwarf hatte sofort eine Reaktion zur Folge. Sie lächelte Sophia entschuldigend zu, dann erhob sie sich und ließ sich von mir nach draußen führen. Im Vorbeigehen erhaschte ich noch einen Blick auf Sophia, deren Augen sich zu Schlitzen verengten, als sie begriff, was ich im Begriff war zu tun, aber sie sagte nichts und da waren wir auch schon an ihr vorbei und draußen in der kühlen Nachtluft.
Ich steuerte zielstrebig ein schattigeres Plätzchen auf der Rückseite des Gebäudes an und sie rollte den Ärmel ihres tiefblauen Kleides nach oben und hielt mir die Pulsader hin. Ich nahm ihren Arm und senkte ihr die Zähne in selbigen, bevor ich anfing zu trinken und ihr der Kopf nach vorn sank. Nach einer Weile hörte ich auf und zog meine Zähne zurück. Ich reichte ihr ein Taschentuch, um die Wunden zu verbinden und sie rollte den Ärmel ihres Kleides wieder nach unten.

Gerade waren wir vor dem Eingang angekommen, als Simone mich aufhielt und wortlos zum Eingang nickte. Sophia stürmte gerade dort hinaus und ging zum Parkplatz.
„Vielleicht ist es besser, wenn du ihr das erklärst.“ sagte Simone neben mir zögernd und lächelte entschuldigend. Ich seufzte und ging zum Parkplatz, wo Sophia auf dem roten Ferrari saß als wäre es ihrer.
Die rote Schöne auf dem roten Auto. Wäre es eine andere Situation gewesen, hätte ich jetzt gelacht. So aber ging ich fast schuldbewusst auf sie zu und blieb neben ihr stehen, den Blick gesenkt, die Hände in den Hosentaschen vergraben.
„Na, schon fertig? Oder suchst du dir jetzt die nächste?“ kam es schnippisch von der Motorhaube. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und starrte in die Nacht hinaus, darauf bedacht, bloß mich nicht anzusehen.

„Sophia, es ist nicht so, wie du denkst...“ sagte ich gepresst und ballte die Fäuste. Wie ich das hasste.
„Ach ja? Was denke ich denn? Vielleicht denke ich ja, dass ich dir nicht gut genug bin?“ ihr Kopf ruckte herum und sie sah mich an, während ihre Stimme lauter wurde.
„Was ist so problematisch daran, mein Blut zu trinken, hm, Mr. Kostan?“ sie rief es fast und ich sah mich schon fast panisch um, aber außer uns war niemand auf dem Parkplatz.
„Sophia, Shhh, bitte. Darum geht es doch gar nicht...“
Sie schnaubte wütend und sah wieder weg.
„Doch genau darum geht es!“ sagte sie leise und ich schloss für einen kurzen Moment die Augen, um mich zu beruhigen.
„Moment mal.“ sagte ich langsam und öffnete die Augen wieder.
„Du willst, dass ich dich beiße und dein Blut trinke? Das möchtest du? Das ist nicht dein Ernst!“ grollte ich wütend. Ich umrundete den Wagen halb und stand jetzt vor ihr, stützte die Arme auf der Motorhaube ab und lehnte mich ihr entgegen, sodass sie ausweichen musste.
„Wenn ich dir wirklich etwas bedeuten würde...“ flüsterte sie und ich sah, dass Tränen in ihren Augen schimmerten. Ach so war das. Sie dachte sie bedeute mir nicht so viel wie Simone, weswegen ich Simone ohne Probleme beißen konnte, aber sie nicht. Ich lachte schnaubend und ihr Blick hätte auch ein Schwert sein können, dass sie gegen mich richtete.

„Jetzt hör mir mal zu, ja? Du bedeutest mir alles. Alles, okay? Aber du bist nicht einer meiner Freshies, Sophia! Du bist nicht mein Trinkpäckchen, von dem ich mir nehme, wann immer ich Durst habe!“ zischte ich. Jetzt hatte ich schon mehr Mühe, den Vampir in mir unter Kontrolle zu halten. Er wehrte sich gegen die Fesseln und drohte hervor zu brechen. Die Folgen würde selbst ich nicht absehen können. Es war besser, wenn Sie mich nicht weiter reizte. Aber das tat sie gar nicht. Sie rutschte nur von der Motorhaube und ging wütend weg. Wohin, wusste ich nicht und in meinem Zorn war es mir egal.
Ich schloss den Wagen auf und setzte mich hinter das Steuer. Zwar roch ich, wie Guillermo hinter mich trat, aber ich ließ trotzdem den Motor an. Schnurrend erwachte der Wagen zum Leben.
„Du hast das richtige getan, Mann. Es geht hier nicht mehr nur um ihr leben.“ sagte er und klopfte mir auf die Schulter. Ich schnaubte nur.
„Sag du ihr das. Ich bin es Leid ihr das jedes mal wieder zu erklären.“ dann sah ich ihn an.
„Sag den anderen, dass es mir Leid tut, wenn ich ihnen den Abend verdorben habe, machst du das?“ fragte ich und er nickte. Ich parkte rückwärts aus und fuhr davon.
 
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