Meine Geschichten
  Ein Neuanfang
 
Zuerst war mir gar nicht klar gewesen, was eine Geste, ein Wort, eine Berührung für eine Bedeutung haben konnte, aber je länger ich an Sophias Seite war, desto deutlicher wurde es mir. Es war nicht dieses fanatische Teenie-Verliebtsein, aus dem Alter war ich nun mehr als genug raus. Das war tiefer.
Ich wusste nicht mit Sicherheit zu sagen, ob sie genau so fühlte wie ich, aber ein paar Tage nach dem ich aus New York zurückkam, geschah etwas, das mir klar machte, wie sehr ich Sophia und vor allem ihre Nähe benötigte.
Ihre Mutter rief an, und während ich im Wohnzimmer saß und die Wand anstarrte, stand sie im Flur und telefonierte.
„... Mom, ich weiß, dass ich vergessen habe... ich nehme es mit, wenn ich... was? Aber wie.... aber ich kann Josef doch nicht einfach... nein, das geht nicht! Ja. Ja, in Ordnung. Ja, Mom. Gleich morgen früh. Ja. Okay, bye.“ dann legte sie auf und kam zu mir ins Zimmer zurück.
„Josef... meine Mom hat angerufen. Sie brauchen mich in Texas auf der Ranch. Einer unserer Arbeiter hatte einen Unfall und ist schwer verletzt und ich muss beim Viehtrieb aushelfen. Ist das okay?“ Ich stand auf und sie kam zu mir und umarmte mich wortlos.
„Es ist nicht für lang. Ich bin bald wieder da und dann...“ ich schüttelte den Kopf. „Du musst dich nicht vor mir rechtfertigen, Sophia. Natürlich ist es in Ordnung. Deine Familie braucht dich, da werde ich dich doch nicht aufhalten.“ sagte ich und lächelte ihr zu. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um mich zu küssen. Widerstrebend machte ich mich von ihr los und sie ging ins Schlafzimmer und packte ihre Tasche. Alles in mir schrie danach, sie nicht gehen zu lassen, sie festzuhalten oder ihr wenn nötig nach zu reisen, aber ich wusste gleichzeitig, dass ich das nicht konnte. Erstens, weil sie das niemals zugelassen hätte und zweitens, weil die texanische Sonne nun nicht gerade das war, was ein Vampir unter Entspannung verstand. Also war ich wohl gezwungen, hier zu bleiben.

Sie schien Stunden zu brauchen, um alles zu packen, aber vielleicht zögerte sie die Abreise nur länger hinaus als nötig. Ich setzte mich an den PC und suchte einen passenden Flug für sie raus und buchte die Tickets – von meinem Geld. Wenn es ihr wichtig war, konnte sie mir das Geld zurückzahlen.Mit meinen Vampirsinnen merkte ich früher als sie, wie sie am Abend hinter mich trat und meinen Nacken durchknetete. Das ließ mir ein wohliges schauern den Rücken herunter laufen und ich bekam Gänsehaut.
„Mhh, das tut gut. Mehr davon.“ schnurrte ich und lehnte mich ihr entgegen.
Plötzlich traf mich die Erkenntnis, das das meine letzte Chance sein konnte, ihr zu sagen, was ich empfand, wie einen Blitz und ich stand auf. Ich drehte mich zu ihr um und sah ihr tief in die Augen, so braun wie Milchschokolade. Ich schluckte und suchte im Kopf nach den richtigen Worten, die ausdrücken konnten, was ich empfand und was ich von ihr wollte, unbedingt, bevor sie ging.
„Sophia... ich muss dir etwas sagen.“ begann ich zaghaft und kam mir gleich wie ein Trottel vor. Wieso konnte ich nicht einmal rundheraus sagen, was Sache war, ohne zu stottern? Ich holte noch einmal tief Luft, während sie mich erwartungsvoll ansah und praktisch an meinen Lippen hing, um ja kein Wort, keine Regung zu verpassen. Ich wusste, dass vielleicht nicht einmal Worte nötig sein würden, um zu beschreiben, was wir beiden fühlten. Wir wussten einfach, das es so war, oder waren wir uns einfach noch nicht sicher genug?

Ich konnte nicht anders, ich musste es aussprechen.
„Sophia, ich glaube, ich habe mich in dich verliebt.“ ich stockte und hielt inne. Nein, das klang, als wäre ich mir nicht sicher. Aber das war ich doch!
„Also was ich eigentlich sagen wollte, ich bin mir sicher, mich in dich verliebt zu haben.“ sagte ich. Sie war atemlos und wartete auf eine andere Reaktion, aber als von mir nichts mehr kam, kniff sie die Lippen zusammen und schlug die Augen nieder. Mir wurde kalt. Jetzt lässt sie dich fallen, dachte ich panisch. Sie sagt dir, dass sie deine Gefühle nicht erwidern kann und lässt dich stehen.
Nichts von all dem passierte. Als sie wieder auf sah, lächelte sie ihr strahlendstes Lächeln.
„ich glaube, das beruht auf Gegenseitigkeit, Mr. Kostan.“ sagte sie leise, legte mir die Arme um den Nacken und küsste mich sanft, innig, aber auch eine Spur fordernd. Ein Blick in ihre Augen sagte mir, dass sie zu allem bereit war und ich fast alles mit ihr machen konnte. Sie würde mir sagen, wann ich zu weit ging oder sie genug hatte.

Sie immer noch küssend, fasste ich erst nach dem einen, dann nach dem anderen Oberschenkel und schob sie über meine Hüften nach oben, um sie tragen zu können. Meine Hände wieder hinter ihrem Rücken verschränkend und das Küssen fortsetzend, trug ich sie ins Schlafzimmer und ließ sie dann auf dem Bett nieder. Ihre Augen glänzten erwartungsvoll und ich ließ ein kehliges kleines Knurren hören, das mehr ein Lustlaut denn etwas anderes war, und ganz sicher war es keine Bedrohung an sie. Ich kletterte über sie und beugte den Kopf zu ihr herunter, um ihr die Bluse mit den Zähnen aufknöpfen zu können. Knopf für Knopf arbeitete ich mich vor, nur gelegentlich innehaltend, um sie zu küssen oder sie spielerisch und mit stumpfen Zähnen in den Hals zu zwicken.
Ich war noch nicht ganz beim letzten Knopf angekommen, als ich merkte, wie ihre Hände zu meiner Gürtelschnalle wanderten und sie auf zurrten. Sie setzte sich auf, damit ich ihr die Bluse von den Schultern streifen konnte und langte dann um sie herum nach dem Verschluss ihres BHs. Der Flog zusammen mit der Bluse irgendwo in die Ecke, während sie den Gürtel aus meiner Hose zog und ich mit einer Geschwindigkeit, die nur ein Vampir aufbrachte, aus Hose und Shorts stieg. Mein Hemd riss ein gutes Stück in ihrer Hast, das Kleidungsstück von mir zu entfernen, und sie sah mich erschrocken an, aber ich lächelte. Hemden konnte man nachkaufen, wenn Mangel herrschte. Ich hatte ja noch ein paar in meiner Reisetasche.

*


Es war noch recht früh am nächsten Morgen, als mich mein eigenes Niesen weckte. Ich fuhr verschlafen hoch. Auf dem Bauch liegend, die Arme unter dem Kopf verschränkt und irgendetwas kitzelte mich fürchterlich an der Nase, was mich wohl zum Niesen gebracht hatte. Mein erster Impuls, war, danach zu schlagen, was ich auch tat. Ich traf auch etwas, aber keinen festen Gegenstand, sondern etwas weißes, weiches, das auf mich herunter rieselte wie Schnee.
Langsam gewöhnten sich meine Augen an das Tageslicht und ich sah mich um. Mich auf den Händen halb hoch stützend blickte ich herunter auf ein Meer von Federn, teilweise auf dem Bett oder im ganzen Zimmer verteilt, und Sophia war fort. Dann fiel es mir wieder ein. Sie hatte nach Texas gemusst, wegen ihrer Familie. Langsam stand ich auf und tappte in meiner bloßen Vollkommenheit ins Bad, um zu duschen. Ein Blick in den Spiegel ließ mich zurück zucken, aber dann erkannte ich, dass mein brauner Kurzhaarschnitt voll war mit kleinen, weißen Daunen federn aus dem Kissen, das gestern Nacht in der hast und Ekstase den Geist aufgegeben haben musste. Ich ging duschen und entfernte so gut wie möglich alle federn aus meinen Haaren, dann ging ich ins Schlafzimmer zurück und stopfte die Federn zurück in das kaputte Kissen. Ich hielt in meiner aussichtslosen Arbeit erst inne, als ein paar weiße Daunen an meinen Fingern kleben blieben, weil sie offenbar nass waren. Ich zupfte eine Feder von meinem Zeigefinger und roch an der roten Flüssigkeit, die daran klebte. Das war Blut. Sophias Blut. Hatte ich sie gebissen? Sicherlich. Das ein Vampir beim Sex mal zubiss, war normal. Das gehörte dazu. Und anscheinend hatte ich sie nicht zu schwer verletzt, denn sie war immer noch nach Texas gefahren.

Irgendwann gab ich es auf, weil die federn bei jeder Bewegung des Kissens wieder aus ihrem Bezug und durch das ganze Zimmer flogen, und holte stattdessen einen Mülleimer, um das Kissen dort hinein zu verfrachten. Dann sah ich mir die federn auf dem Boden an. Die wollte ich nicht alle einzeln vom Teppich pflücken, das würde zu lange dauern. Also holte ich kurzerhand einen Staubsauger und saugte jeden Winkel des Zimmers, bis ich sicher war, das nirgendwo mehr federn zu finden sein würden. Dabei fiel mir auch der zettel auf, der auf dem Nachttisch lag. Den hob ich auf, faltete ihn auseinander und las:

Ich hoffe, du hast gut geschlafen, Josef. Mit den Federn in den Haaren siehst du übrigens echt süß aus. Solltest du öfter so stylen, nur werden da einige Kissen 'für draufgehen... Lass die Federn übrigens liegen, das ist später eine nette Erinnerung.
Tut mir leid, dass ich dich nicht geweckt habe, aber ich dachte, ich lasse dich schlafen, wenn du sonst immer mit einer Kühltruhe vorlieb nehmen musst.
Wehe, dir passiert etwas, während ich ein paar Vierbeiner durch die Gegend scheuche. Dann
reite ich notfalls her. Und lass dich nicht von Mick ärgern. :-D

Ich liebe dich, <3
Sophia


Ich lächelte stumm. Zu spät, dachte ich leise, das Kissen ist schon weg. Ich ging in die Küche und holte mir aus dem Kühlschrank einen Beutel 0-Positiv und trank ihn leer. Dann ging ich zum Postkasten und holte die Tageszeitung nach drinnen. Nicht so sehr, weil ich lesen wollte, was in der Welt  geschah, aber viel mehr suchte ich den Immobilienteil. Ich brauchte endlich eine eigene Wohnung, auch wenn man vielleicht sagen konnte, Sophia und ich wären jetzt zusammen, aber ich konnte nicht ewig in ihrer Kühltruhe schlafen.

Nach ein paar Anzeigen fand ich etwas, das mir zusagte. Es war etwas weiter weg, aber das war kein Problem. Ich würde mit meinen Möbeln auch meinen Ferrari aus LA kommen lassen, dann wäre ich in zehn Minuten bei ihr, sollte sie mich brauchen. Nach dem Telefon greifend machte ich einen Termin mit dem Makler aus und sah mir die Wohnung an.

Sie gefiel mir wirklich. Die Möbel würden erst noch kommen müssen und so lange würde ich sehr wohl noch Sophias Kühltruhe brauchen, aber das würde sich bald ändern. Außerdem würde ich Sophias Wohnung beobachten und darauf aufpassen, das hatte ich mir selbst geschworen, auch wenn ich es ihr nicht versprochen hatte. Wenig später war der Kaufvertrag unterschrieben und gedanklich richtete ich die Wohnung schon nach meinen Wünschen ein. Ich vermisste ein bisschen mein Haus in Bevery Hills, aber hier würde ich auch zurechtkommen. Ich musste. Ich musste einfach einen Neuanfang machen und mit der Vergangenheit abschließen. Das konnte ich zusammen mit Sophia, wenn sie bereit dazu war.
 
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