Meine Geschichten
  Beschützerinstinkt...?
 
Mick und ich rannten so schnell, das man wohl meinen konnte, wir würden fliegen. Ich wollte nur schnell fort von dort. Wo Catherine gestorben war. Aber... war sie wirklich tot? Sollten wir es wirklich geschafft haben und sollte all das schon jetzt ein Ende haben? Ich glaubte nicht wirklich daran. Wir hatten Sophias Haus fast erreicht, die ich immer noch in den Armen trug wie ein Kind. Sie hatte die Arme um meinen Hals geschlungen und schlief. Unruhig drehte sie sich hin und her. Murmelte etwas, das wie mein Name klang und lächelte still. Ich lächelte auch, auch wenn sie das nicht sehen konnte.
Es musste unbewusst passiert sein, aber plötzlich bewegte sich ihr Kopf auf meinen zu und sie küsste mich, wohl im Traum, mitten auf den Mund. Für zwei Sekunden verlor ich die Kontrolle über mich und den Weg, auf dem ich lief und stolperte. Hätte Mick nicht die Hand ausgestreckt und mich gefangen, ich hätte mit Sophia in den Armen eine Bruchlandung hingelegt, durch die sie mit Sicherheit aufgewacht wäre.

So aber schlief sie friedlich weiter und Mick grinste mich von der Seite an.
„Da ist wohl jemand ziemlich in dich verschossen, hm? Der edle Ritter rettet das arme Fräulein aus den Klauen des Drachen und sie versprechen sich ewige Liebe. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie in tausend Jahren noch.“ frotzelte er und ich schnaubte.

Mittlerweile waren wir bei Sophias Haus angekommen. Das Licht brannte noch immer, weil ich vergessen hatte, es auszumachen. Ich ließ Mick vorgehen, da ich mit Sophia in den Armen das Fenster nicht würde aufmachen können. Ich würde unweigerlich abstürzen und Sophia mit mir. So aber machte er mir das Fenster auf und ich schlüpfte mit ihr ins Schlafzimmer, schlug die Decke des Bettes zurück und legte sie hinein, deckte sie wieder zu und ging zum Fenster zurück, um mich hinaus zu schwingen. Aber ich hatte die Rechnung ohne meine Gefühle gemacht.
Der Kuss brannte noch immer auf meinen Lippen und ich sah zurück zum Bett. Mick verstand das gut genug, um sich lautlos durch das Fenster nach draußen zu schwingen. Bald war er auf und davon und ich machte das Fenster wieder zu und ging zum Bett zurück.

Was machte ich noch hier? Warum ging ich nicht einfach auch nach... wohin eigentlich? Ich hatte hier keine Wohnung, also musste ich wohl oder übel hier bleiben.
Ich fühlte mich von dem Bett seltsam angezogen, wie ein Eisensplitter von einem Magneten. Vorsichtig trat ich näher und betrachtete die schlafende Sophia. Sie sah so friedlich aus. Keine Spur davon, dass sie bis vor wenigen Minuten noch Todesangst gelitten hatte. Ob sie wohl Alpträume haben würde?
Ich hoffte es nicht, denn ich war nicht gerade der ideale Typ, um Leute zu beruhigen.

Vorsichtig setzte ich mich auf die Bettkante. Sie wachte nicht auf, war zu gefangen in der Welt ihres Traumes oder was auch immer, auf jeden Fall zauberte es ihr ein stilles Lächeln aufs Gesicht.
Ich war unzufrieden. Das war es nicht, was ich wollte. Nur hier neben ihr sitzen war nicht das, was ich mir insgeheim erhofft hatte.
Also hob ich Sophia vorsichtig hoch, krabbelte unter sie und setzte sie auf meinen Schoß, bevor ich die Decke über ihr ausbreitete und den Kopf gegen das Brett am Bettende lehnte. Ich schlang die Arme um sie herum und sie rollte sich auf die Seite und umarmte mich ebenfalls.
Eine Falte teilte ihre Stirn und sie murmelte etwas.
Plötzlich warf sie sich unruhig hin und her, was noch dadurch verstärkt wurde, dass ich sie festhielt, damit sie nicht vom Bett rollte.
„Shhh“, flüsterte ich ihr leise ins Ohr, „alles gut. Schlaf weiter.“ ich strich ihr das Haar aus der Stirn und sie seufzte leise, benutzte meine Hand als Kopfkissen und schlief weiter, während ich den langsam heraufziehenden Morgen betrachtete.

Es war schon reichlich spät am nächsten Morgen, als mich der Durst so heftig quälte, dass ich unter ihr hindurch schlüpfte. Ich vergewisserte mich noch einmal, das sie noch schlief, dann schlich ich auf Zehenspitzen in die Küche und suchte im Kühlschrank nach den Blutkonserven, die ich dort verstaut hatte.
Ich fand die restlichen fünf und schnitt eine davon an.
„He, gib mir auch mal was ab, schließlich war das mal meines.“ die Stimme ließ mich aus dem Stand gut einen halben Meter in die Luft springen vor Schreck und fast hätte ich ein wahres Blutbad angerichtet, konnte aber grade noch verhindern, dass mir das Glas aus der Hand rutschte und auf den hellen Küchenfliesen zerschellte.
„Zum Teufel noch mal, Mick, erschrecke mich nie wieder so!“ zischte ich leise und schenkte auch ihm ein Glas voll der rubinfarbenen Flüssigkeit.
Ich reichte es ihm, dann setzte ich mich auf die Anrichte, sprang aber sofort wieder herunter. Sophia war sicherlich hungrig, nach allem, was gestern passiert war. Ich stellte mein Glas weg, während Mick sich auf die Küchenzeile setzte, und machte den Kühlschrank auf.
„Mick, was isst man als Mensch zum Frühstück? Ich meine, bei dir ist das noch nicht so lange her, aber ich weiß das schon gar nicht mehr...“ murmelte ich und er sprang von der Anrichte und sah mir über die Schulter.
„Also... erstmal nimmst du die Butter da und dann... ein bisschen von der Wurst. Genau. Und dann haben wir da noch die Marmelade, die stellst du auch aufs Tablett. Und... nein, das nicht.“ er entwand meinen Händen die Tube, an der ich gerade gerochen hatte. Senf. Bäh. Der scharfe Geruch biss einem förmlich in die Nase. So was wollte sie sicher nicht essen.
Ich legte die Senftube wieder zurück und nahm zwei Eier aus dem Kühlschrank, setzte Wasser auf dem Herd auf und legte die Eier hinein. Auf dem Brotkorb lag zu oberst eine Packung Aufbackbrötchen und ich sah den Ofen an, als wolle er mich verschlingen und bei lebendigem Leib rösten.

Mick sah das und kam lachend zu mir herüber, nahm mir die Tüte aus den Händen, legte die Brötchen auf ein Blech und heizte den Ofen an, während ich das Tablett zusammen mit Besteck zum Tisch trug, Kaffee kochte und er die Brötchen in den Ofen schob.
„Aus dem Ofen wirst du sie ja wieder heraus bekommen, oder? Der frisst dich schon nicht, keine Sorge. Ich meine,du bekämpfst im Alleingang – naja fast -  einen gefährlichen Vampir, aber dann hat der große Josef Kostan Angst vor einem Ofen?“ frotzelte er und ich grummelte etwas unverständliches.
Er schwang sich wieder zum Fenster heraus und ich konnte ihm gerade noch ein „Dankeschön.“ zuflüstern, bevor er verschwand.
Als die Uhr für die Brötchen klingelte, nahm ich sie aus dem Ofen, ganz ohne mir die Hände zu verbrennen, und legte sie in den dafür vorgesehenen Brotkorb. Ich goss Kaffee in eine Tasse, stellte alles auf den Tisch und klopfte dann an Sophias offene Schlafzimmertür. Sie schreckte aus dem Schlaf.
„Wasn los?“ nuschelte sie, teilte den Haarvorhang, der ihr die Sicht versperrte, stand auf und umarmte mich schon wieder, was mir ein wohliges Kribbeln irgendwo hinter meinem Nabel bescherte.
„Ich habe mich gestern gar nicht richtig bedankt, für die Rettung und all das...“ murmelte sie in meinen Hemdkragen und diesmal küsste sie mich in vollem Bewusstsein. Ich ließ es mir gefallen, weil das die Schmetterlinge in meinem Bauch dazu veranlasste, stürmisch Salsa zu tanzen.

„Jederzeit wieder, Sophia.“ murmelte ich und küsste sie zurück. „Aber jetzt gibt’s erst mal Frühstück. Für dich. Und wehe, du weißt das nicht zu würdigen, ich habe mir solche Mühe gegeben.“
Sie lachte leise, und ließ sich von mir in die Küche schleifen.
„Tada, echtes, menschliches Frühstück. Wenn man bedenkt, dass ich seit 1629 nicht mehr richtig gefrühstückt habe, dann...“ mir fielen gerade noch rechtzeitig die beiden Gläser auf, in denen noch ein Bodensatz Blut war und ich spülte sie grünlich aus und räumte sie wieder weg, während Sophia sich an den Tisch setzte und ein Brötchen aufschnitt.
„Seit 1629?! Wow. Du hast so viel verpasst... Kakao, Nutella, Fanta... Entschuldige.“ fügte sie an, als sie meinen amüsierten Gesichtsausdruck sah.
Sie schüttelte den Kopf, und ich wusste nicht, ob sie mich damit meinte oder sich selbst.
„Und dann bringst du dich gestern so in Gefahr, nur meinetwegen...“ murmelte sie und das Brötchen in ihrer Hand zitterte. Ich konnte sehen, wie eine einzelne Träne ihre Wange hinab rann und stand mit einem Satz neben ihr und wischte sie vorsichtig mit der Fingerspitze weg.
„He, nicht weinen. Ich kann nicht sehen, wie andere weinen, dann muss ich auch immer... also lach mal wieder, okay?“ flüsterte ich und kam ihr ganz nahe. So nahe, das ich sie noch intensiver riechen konnte als sonst. Aber anders als gestern Abend begehrte ich sie nicht mehr. Zumindest nicht mehr ihr Blut. Ich fuhr mit den Lippen von ihrer Schulter bis unter ihr Ohr, immer das Singen ihres Blutes, das durch die Pulsader rauschte, in den Ohren.

„Und nebenbei bringst du dich gerade in tödliche Gefahr.“ knurrte ich gespielt und sie lachte. Sie hatte keine Angst mehr, zumindest nicht vor mir.
Irgendwann hörte ich auf, weil ich hören konnte, wie ihr Herzschlag vor Aufregung unregelmäßig wurde, und gab ihr Zeit, sich zu beruhigen.
Ich setzte mich ihr gegenüber, faltete die Hände und setzte meine Geschäftsmiene auf.
„Also, was wollen Sie heute unternehmen, Miss Diego?“ fragte ich in einem geschäftsmäßigen Tonfall, über den sie schon wieder kichern musste.
„Oh ich weiß nicht... wie wärs damit: Wir jagen Catherine?“ fragte sie und lächelte breit, als sie meinen geschockten Gesichtsausdruck sah.
„Hey ich mache bloß Witze. Vielleicht willst du dich etwas ausruhen?“ fragte sie und vernichtete die Reste ihres Brötchens.
Ich nickte. Plötzlich fühlte ich mich doch mehr als müde.
„Kann ich deine Kühltruhe haben, für ein Nickerchen?“ fragte ich so, als würde ich sie das jeden Tag fragen, aber sie verschluckte sich bloß an ihrem Kaffee, und ich musste ihr auf den Rücken klopfen, damit sie nicht erstickte.

„Du schläfst in einer Kühltruhe?“ fragte sie ehrlich erstaunt. „ich dachte immer, Vampire schlafen in Särgen. Oder sind das Schauermärchen?“
Ich konnte nicht anders, ich lachte los.
„In einem Sarg... nein...“ japste ich nach ein paar Minuten. „Nein, ich schlafe tatsächlich in einer Kühltruhe. Fleisch muss man kühl lagern, sonst wird es schlecht. Du lässt ein Rindersteak ja auch nicht in der Sonne liegen.“
Diesmal war es an ihr, zu lachen.
„Also schön... die untere Schublade ist frei, aber ich bezweifle, dass du da reinpasst.“ Sie räumte den Tisch ab und stellte alles weg, dann klappte sie die Kühltruhe auf und ich zog alles, was ich an hatte, bis auf die Shorts aus.
„Lass mich einfach in einer oder zwei Stunden wieder raus, okay? Alleine schaffe ich das nämlich nicht.“ ich legte mich mit gekreuzten Armen in die Truhe und machte die Augen zu. Ich merkte, wie der Deckel geschlossen wurde, aber er ging zehn Sekunden später auch schon wieder auf.

„Bist du sicher, das du das tun willst? Das sieht unbequem aus...“ fragte sie. Ich lachte, griff nach oben und strich ihr über die Wange.
„Ja, ich will es genau so machen. Und du bist mir lustig... du wunderst dich nicht, ob ich in einer Kühltruhe schlafe, aber darüber, ob ich es bequem habe?“ fragte ich lachend. „Ist schon okay so. Nur verschwinde nicht wieder, okay? Wenn ich aufwache will ich, dass du immer noch da bist.“ sagte ich, dann schloss ich die Augen, kreuzte den Arm vor der Brust und sie machte den Deckel zu.
 
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