Meine Geschichten
  Und so beginnt es
 
Es war dunkel. Und eng. Doch halt, nicht ganz dunkel. Von einer Seite schien Licht in mein kleines Gefängnis. Kalt war mir auch nicht. Ich rutschte hin und her, drückte und schob, aber nichts rührte sich. Wo saß ich denn hier fest? Wieso kümmerte sich keiner um mich? War dort überhaupt irgendwer? Leise fiepte ich und stieß einen hohen, vibrierenden Ton aus. Dann ruckelte ich wieder hin und her.

„Schau mal, da tut sich was. Es schlüpft!“ hörte ich eine aufgeregte Stimme flüstern. Da war also doch jemand. Langsam tat mir alles weh. Diese komischen Dinger auf meinem Rücken, die mir fast den gesamten wertvollen Platz wegnahmen und fest an meine Seiten gedrückt waren, da ließ sich ohnehin nichts mit anfangen. Wieder ruckelte ich und jetzt schien mein Gefängnis den Boden verlassen zu haben, es rollte nämlich durch die Gegend! Mit mir darin! Durch das ganze hin und herdrehen wurde mir schlecht. Ich fiepte wieder. Leise hörte ich jemanden lachen. Wieder schob ich mit meinem Kopf eine Wand meines Gefängnisses an. Und wieder hatte ich den Boden verlassen und es machte einmal laut „Peng!“. Ein harter Stoss ging durch das ganze komische Ding und ich spürte, wie meine „Behausung“ nachgab. Endlich konnte ich den Kopf ins Freie strecken und musste erst einmal blinzeln. Hell war es hier. Ganz hell. Ich wollte wieder zurück in diese kleine dunkle Höhle, in der man wenigstens nicht geblendet wurde. Wieder hörte ich jemanden lachen.
„Nein, nein, mein Kleines. Du musst hier bleiben. In dein Ei kannst du nicht zurück. Da hast du die ganzen letzten sechs Monate drin verbracht, und jetzt wollen wir dich mal anschauen.“ Ich sah mich um. Ein großer Schatten fiel auf mich und ich rollte mich ängstlich zusammen.
Eine große Gestalt mir vier unheimlich langen Beinen und einem noch längeren Hals an dessen Ende ein riesiger Kopf mit gelben Augen saß, begutachteten mich. Ich wurde mit den Zähnen dieses Kopfes am Schwanz gepackt und herumgedreht. Leise fiepte ich wieder.
„Meinst du nicht, du tust ihm weh?“ fragte eine besorgte Stimme, die nicht zu dem großen Etwas über mir gehörte. Ich drehte mich um. Hinter mir stand ja noch so ein Wesen!
„Hallo Kleines. Nun schau doch nicht so ängstlich. Wir sind immerhin deine Eltern.“ Vorsichtig wurde ich angestupst. Zuerst verstand ich nicht, was ich zu tun hatte, doch nachdem mich dieses Ding das gerade gesprochen hatte, ein weiteres Mal angestupst hatte, verstand ich. Vorsichtig stand ich auf. Aber ich blieb nicht lange stehen. Wenige Sekunden später rutschte ich in einer Pfütze aus, die unter mir war und lag, alle Viere von mir gestreckt, auf dem Boden. Das große Wesen über mir lachte.
„Na komm, lass mich dir helfen, ja?“ Ich wurde wieder vorsichtig mit den Zähnen hochgehoben und zu einer Stelle getragen, an der es trockener war. Sanft setzte man mich ab und ich blieb stehen und sah sie fragend an. Ein weiteres Mal fiepte ich. „Na lauf, los!“ munterte sie mich auf. Wieder wurde ich aufmunternd angestupst und machte zwei zögernde Schrittchen in Richtung dieses anderen großen Wesens, welches sich mittlerweile hingesetzt hatte und auf mich wartete. Ich zögerte, dann lief ich weiter. Ging das langsam! Probehalber lief ich ein bisschen schneller, und fiel Schwanz über Kopf hin. Grummelnd rollte ich mich zusammen. Ich merkte schon gar nicht mehr, wie meine Eltern sich zu mir legten und ich mit etwas großem, warmem zugedeckt wurde .Ich wusste nicht, was „Eltern“ waren, aber ich fühlte mich sicher. Bestimmt waren sie nicht gefährlich. Glücklich schlief ich ein, denn an diesem Tag war doch viel passiert und ich war müde.

Ich wachte davon auf, dass etwas leise knackte. Ich hob erschrocken den Kopf, und sah mich um. Leise gähnte ich und streckte mich ausgiebig.
Wieder dieses helle Lachen hinter mir. Die große Decke (Damals wusste ich noch nicht, was ein Flügel war) wurde angehoben und das Gesicht vom Vortag sah mich an.
„Hallo, Kleiner. Na, gut geschlafen?“ Ich wurde wieder angestupst. Wie gestern schon stand ich auf und lief ein Stück. Plötzlich schwirrte etwas blitzschnell an meiner Schnauze vorbei. Ich erschrak fürchterlich und suchte Schutz hinter einem dieser Pfeiler, auf denen die großen Wesen herumliefen. Sie taten das schon so viel sicherer als ich! Ich musste wohl sehr verstört gucken, denn das Wesen, hinter dem ich mich gerade versteckt hatte, lachte schon wieder. Über mich? Ich ließ den Schwanz hängen.
„Na komm, Kleiner. Mama zeigt dir jetzt deinen neuen Spielgefährten.“
Ach so, Mama hieß also eines dieser großen Wesen.
„Ma!“ quietschte ich vorsichtig und sie lachte.
„Ja, schon fast richtig. Und das da drüben“ – sie zeigte auf das andere große Wesen, das noch am Boden lag – „das ist Papa. Kannst du das sagen? Pa-pa! Versuch mal!“
Ich schüttelte den Kopf.
„Pa!“
Er hob den Kopf und sah zu uns herüber.
„Pa! Pa! Pa!“ krähte ich glücklich und lief zu ihm hin.
Ich war noch nicht ganz bei ihm, als mir wieder dieses Etwas an der Nase vorbeiflog. Erschrocken setzte ich mich hin. Dann blieb dieses Ding vor meiner Nase. Es schwebte in der Luft und war so winzig. Ich hatte schon gedacht, ich wäre klein, aber das da war ja noch kleiner.
Ich schnappte danach, und es flog weg.
„Kleiner! Man sollte besser nicht nach seinen Freunden schnappen!“ sagte meine Mama streng. Das kleine Wesen kam vorsichtig näher geflattert und setzte sich auf einen Stachel auf meinem Nasenrücken, sodass ich schielen musste, um es zu sehen.
„Das, mein Kleiner, ist deine neue Freundin. Ihr Name ist Cárië. Nur du hast noch keinen Namen, mein kleiner Schatz.“ Sagte sie und guckte dabei so komisch. Ich schüttelte den Kopf, und das kleine Wesen flog herunter. Ich sah es mir genauer an. Eigentlich war das Feenkind hübsch. Aber damals dachte ich natürlich noch nicht daran.
Meine Mutter klatschte kurz darauf in die Pranken, was mich wieder erschrocken zusammenzucken ließ. „Ich weiß jetzt, wie wir dich nennen. Du sollst Aníro heißen, was Wunsch bedeutet. Kannst du schon *Wunsch* sagen?“
Ich probierte es. „Wusch.“ Sagte ich fröhlich.
 
  Heute waren schon 14 Besucher (17 Hits) hier!  
 
Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden