Meine Geschichten
  Erste Erkundungen
 
Einige Wochen vergingen, in denen ich langsam lernte, meiner Mutter alles nachzuplappern und etwas sanfter mit Cárië umzugehen. Wir spielten viel miteinander, auch wenn ich vorsichtig mit ihr war, um sie nicht zu verletzen. Ich wuchs jeden Tag ein kleines Stück und erkundete die Höhle immer eifriger. Aber ich wagte mich nicht weit in das verzweigte Höhlensystem hinein, denn ich hatte Angst, nicht mehr zurückzufinden, und blieb immer in Sichtweite meiner Eltern. Meine Mutter brachte immer gutes Fleisch mit nach Hause, an dem ich mich satt fressen konnte. Cárië holte sich dann irgendwo anders ihr Frühstück, denn sie rümpfte nur angewidert ihr Näschen, wenn wir anderen fraßen. Eines Tages brachte sie ein paar duftende Blumen mit in unsere Höhle. Vorsichtig trat ich näher und schnupperte daran, dann sah ich ihr zu, wie sie mit ihren winzigen Händen ein Blütenblatt abriss und daran knabberte. Neugierig sah ich zu. Sie hielt mir den Rest der Blume hin. Misstrauisch biss ich ab, kaute eine Weile, aber so schnell hatte ich noch nie etwas wieder ausgespuckt.
„Bäh!“ sagte ich angewidert.
„Schmeckt scheußlich!“ Ich verzog das Gesicht
Ich drehte mich weg, wieder der Sonne zu. Erst musste ich geblendet blinzeln, aber als ich mich an die Helligkeit gewöhnt hatte, wurde ich neugierig auf die Welt da draußen. Ich wusste, dass ich die Höhle nicht allein verlassen durfte, aber erstens war Cárië da und zweitens waren meine Eltern nicht da, sie waren auf der Jagd. Draußen sah ich mich vorsichtig um. Das helle Licht schien von allen Seiten zu kommen und ich kniff die Augen fest zu. Ich hatte mich noch nicht weit hinaus getraut, als Cárië neben mir landete.
„Was hast du, Aníro?“ fragte sie leise. Ich sah sie an. Ihre roten Haare schienen im Sonnenlicht zu leuchten, als stünde ihr Kopf in Flammen. Ihr rotes Kleid und ihre durchscheinenden Flügel schimmerten in der Sonne und ihre braunen Augen blickten mich besorgt an. Ich knabberte an einer Klaue und dachte nach. Wenn ich mich zu weit wagte, während meine Eltern nicht da waren…
Die Fee schien meine Gedanken gelesen zu haben, denn sie sagte:
„Aníro, das darfst du nicht tun! Du weißt, das du dann Ärger bekommst!“
Ich funkelte sie schelmisch an. „Wer soll es denn erfahren? Komm, wir machen eine Entdeckungsreise und schauen uns ein bisschen um. Ich will doch nur wissen, was hinter diesen Felsen da ist!“ Sagte ich und zeigte zu einem Berg von Felsbrocken, die am Rand der Felsplatte lagen, die in die Höhle führte. Ich ging hin und lugte vorsichtig herüber. Unter mir war nur gähnende Leere, bestimmt zweihundert Schritt tief klaffte der Abgrund. Da wollte ich nicht runterfallen! Jetzt wurde mir auch klar, warum am Rande dieser Felsplatte so viele Steine aufgeschichtet waren. Meine Eltern mussten das getan haben, eben damit ich nicht von der Klippe fiel. Denn fliegen konnte ich noch nicht. Aber vielleicht war jetzt ein guter Zeitpunkt, das zu erproben!
Ich hatte gerade meine Flügel ausgespannt, als meine Eltern wieder vor mir landeten.
„Komm mein Kleiner.“ Sagte meine Mutter und packte mich mit den Zähnen im Nacken. Vorsichtig legte sie ihre Klauen um mich herum und Hob dann ab.
„Wo gehen wir hin, Mama?“ fragte ich über das Sausen des Windes hinweg. Ich folgte dem stetigen auf und ab ihrer Flügel.
„Wir müssen zum Rat, um dich vorzustellen. Die anderen müssen doch wissen, das es dich gibt.“ Sagte sie und lächelte. Mir entging nicht, dass sie einen besorgten Blick mit meinem Vater tauschte.
Vorsichtig sah ich nach unten. Gähnende Tiefe. Unter uns erstreckte sich das endlose Grasland. Wo man hinblickte, ein wogendes Meer aus grünen Stängeln. Wir waren aus den Bergen im Südosten aufgebrochen, das erklärte mir zumindest mein Vater, während wir flogen. Ich wusste nicht, was Südosten war. Wie flogen fast den ganzen Tag. Die Sonne ging langsam im Westen unter, als wir eine Stelle erreichten, an der hohe Dampfsäulen aus dem Boden schossen. Es roch komisch und brannte in der Nase, sodass ich mehrmals niesen musste. Meine Mutter sah liebevoll zu mir herunter. „Das ist nur der Schwefel, der aus den Quellen aufsteigt. Aber für uns Drachen ist er vollkommen ungefährlich. Du musst keine Angst haben.“ Sie kreisten eine Weile über diesem komischen Ort, dann setzten wir sanft auf und meine Mutter setzte mich ab. Noch viele andere Drachen waren hier versammelt, und nicht zuletzt ein Haufen von Feen, die in einem einzigen bunten Schwarm herumschwirrten.
Cárië und die Feen meiner Eltern gesellten sich sogleich dazu. Ich sah auch mehrere kleine Drachen, so groß wie ich. Ich wollte zu ihnen hinlaufen, doch mein Vater hielt mich sanft, aber bestimmend am Schwanz fest. Ich quietschte leise, aber er ließ nicht los.
„Nein, Aníro, du musst erst dem Rat vorgestellt werden. Dann darfst du gerne spielen, während die Großen noch was besprechen, ja?“ ich murrte missmutig, aber dann lief ich meinen Eltern schnell hinterher.

Sie schoben sich durch die Reihen der Drachen, die dort um eine dieser Quellen einen Kreis gebildet hatten. Wir gingen noch ein Stück weiter, weg von der Quelle und stellten uns dort auf. In der Mitte des Kreises stand ein Drache, viel größer als ich und wohl auch sehr viel älter. Als er mich und meine Eltern sah, lächelte er.
„Naneth, Aratar. Schön euch zu sehen. Das ist dann also euer Jüngster?“ sagte er und blickte wieder zu mir herüber. Ich machte mich ein Stück größer als ich eigentlich war und hob den Kopf.
„Ein hübscher Junge. Seine Schuppen sind schön dunkelrot und er schaut klug aus. Komm her, Kleiner. Dann kann ich dich mal genauer ansehen.“ Sagte er und winkte einladend mit einer Klaue. Unsicher blickte ich zu meinen Eltern zurück. Meine Mutter gab mir einen Schubs mit der Schnauze und ich ging zu dem alten Drachen herüber.
„Wie heißt du denn, Kleiner?“ fragte er freundlich. Ich brauchte keine Angst haben. Irgendwie wusste ich das. „Aníro.“ Er nickte leicht mit dem Kopf.
„Aníro. Soso. Weißt du, das das Wunsch bedeutet in der Sprache der Elben?“ Ich zögerte.
„Ja. Mama hat mir das gesagt.“ Er lachte leise.
„Der Name scheint ja passend gewählt zu sein.“ Meinte er mit einem Blick zu meiner Mutter, die den Kopf senkte und leise schnaubte. „Nun, Aníro, du wirst sicher noch viel Freude an diesem Platz haben. Hier kommen wir zusammen, wenn wir etwas zu besprechen haben, oder manche treffen sich hier, wenn sie sich langweilen. Meist treffen wir uns hier bei Vollmond, aber heute haben wir mal eine Ausnahme gemacht. Du konntest ja nicht bis zum nächsten Vollmond warten.“ Sagte er und zwinkerte mir zu. Ich hörte sehr genau zu, wie es mir eingeschärft worden war.
„Nun, du kannst jetzt mit den anderen kleinen Drachen spielen gehen. Das willst du doch schon, seit du hier bist, nicht wahr?“ fragte er lächelnd und ich nickte. Dann drehte ich mich herum und lief zu den anderen Drachenkindern, die außerhalb der Gruppe spielten
 
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