Meine Geschichten
  Der Kampf
 
Alle fuhren herum. Hinter ihnen stand ein Mann, ganz in schwarz gekleidet bis auf wenige Teile seiner Kleidung, die blutrot waren.
Nelinómë zitterte und vergrub das Gesicht in den Händen. Celahir stand auf und sah den Mann an.
„Wer bist du und was hast du mit ihr gemacht du -“
Der Mann sah ihn an und lachte dann schallend los.
„Wir hatten schon unseren Spaß zusammen.“ sagte er grinsend. Er sah zu der Königin, die als zitterndes Häufchen Elend am Boden hockte und ihn mit weit aufgerissenen Augen anstarrte.
„Nicht wahr, kleine Elbenschlampe? Damit habe ich in dieser Welt noch einen weiteren Stein im Brett.“ flüsterte er und seine Augen glitzerten manisch.
„Willst du deinen Freunden nicht sagen wie viel Spaß wir hatten? Du hast es doch auch gewollt, gib es ruhig zu! Du scheinst dich ganz der Aufgabe verschrieben zu haben, dieser Welt einen würdigen Erben zu hinterlassen. Meinen Erben!“
Celahir zögerte eine Sekunde angesichts dieser Äußerung. Nicht nur er, auch alle anderen waren geschockt ob dieser plötzlichen Einsicht und des Verstehens, das in ihnen aufkeimte. Das also hatte sie gemeint...
Mit zwei Schritten stand Celahir vor dem Mann und hielt ihm das Schwert an die Kehle.
„Noch ein Wort und ich werde....“
Lässig schob der Mann das Schwert zur Seite, so als beträfe es ihn gar nicht, so als würde er nicht mit dem Leben bedroht.
Ein gehässiges Lächeln umspielte seine Lippen, als er fort fuhr, als wäre nichts passiert.
„Lass mich dir eine Geschichte erzählen, kleine Schlampe. Lass mich dir erzählen von einem Mann, der so gerne die Macht an sich reißen wollte, das er eine elbische Königin, schön wie der Frühlingsmond, um Hilfe bat bei seinem Unternehmen. Doch die schöne Königin lehnte es ab, ihm zu helfen, und so sperrte er sie tief unten in ihrem eigenen Schloss in eine Zelle und kam nur dann und wann zu ihr herunter, um ihr seine Liebe zu beweisen und seine Stärke. Doch die kleine Elbenschlampe wollte sich seinem Willen nicht beugen. Unendlich gütig, wie der Mann war, zeigte er ihr, welche Macht sie zusammen haben konnten. Doch immer noch war die kleine Schlampe unbeugsam in ihrem Willen. Doch der fremde Mann leistete gute Überzeugungsarbeit, und so gab die Königin ihm, was er verlangte, nach so langer Zeit. Und sie gab ihm nicht nur das, sondern noch einiges mehr. Denn wir haben ja eine Übereinkunft getroffen, nicht wahr?“
Celahir platzte der Kragen.
„Sprich nicht in Rätseln und werde deutlicher, du Schuft!“ rief er und stellte sich dabei so, das die Königin vor den Blicken des Mannes geschützt war.
Der Mann sah ihn an, mit einem Lächeln im Gesicht, bei dem ihm nicht ganz wohl war, doch er ließ sich nicht beirren.
„Ich spreche in Rätseln? Nun, wenn dem so ist, dann lass mich deutlicher werden. Im Ausgleich für das, was ich ihr gab – und glaubt mir, wenn ich euch sage, sie hat es genossen – überließ sie mir die übrigen Schlüssel. Jetzt brauche ich nur noch die drei, die ihr habt, und dann kann ich -“
„Du lügst.“ kam eine Stimme aus der Ecke des Kerkers, und sie konnten Varyemo erkennen, der dort an der Wand lehnte. Der Mann musterte ihn eingehend und lachte dann auf.
„Ach nein! Unser verlorenes Söhnchen ist wieder da! Wie ich sehe,konnte dich das Fehlverhalten eines meiner Diener nicht aus dem Weg räumen. Bedauerlich. Aber du hast sicherlich eine Menge zu erzählen, oder nicht?“
Varyemo löste sich aus den Schatten und kam zu ihnen herüber.
„Ich weiß nicht, was du meinst.“ sagte er kalt.
„Weißt du das wirklich nicht? Dann lass mich deinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen.“
Er drehte sich wieder zu den anderen um. Die Königin war mittlerweile auf die Füße gekommen und klammerte sich an Celahir, um nicht zu fallen. Er deckte sie immer noch mit seinem Körper und unsicher sah sie an ihm vorbei auf das, was sich dort abspielte.
„Wer war es denn, der mich über Monate mit Informationen versorgt hat, was die Reiseroute dieses Packs hier angeht? Du hast Kontakt mit mir aufgenommen, erinnerst du dich? Du wolltest die übrigen Schlüssel zu mir bringen, und das hast du ja nun auch geschafft. Sehr schlau, wie du sie dazu gebracht hast, in diese Burg zu kommen, ich muss schon sagen. Deine Imitation der Stimme dieses Drachen...“ Celahir sah ihn verwirrt an.
„Aber nicht Varyemo kann das getan haben,denn die Drachendame hat uns selbst gesagt, das sie es war, die uns gerufen hat!“ er warf Varyemo einen so hasserfüllten Blick zu, das dieser sich wieder zurück in die Schatten kauerte.
Der Mann strich sich über das Kinn und blickte sie alle einen nach dem anderen nachdenklich an.
„Hm... das gibt der Sache ein ganz anderes Aussehen. Vielleicht hätte ich die Drachin hier schon zu Anfang zu Tode quälen sollen, aber jetzt muss ich ihr sogar dankbar sein, das sie mir meine Beute beschafft hat, auch wenn sie es vielleicht nicht wollte. Aber vielleicht tue ich das noch. Vielleicht sogar jetzt!“

                             *

Ich umrundete das Schloss einmal zu Fuß, bis ich gefunden hatte, was ich suchte. Die drei Zwerge kamen hinter mir her und ich hatte nichts dagegen. Schließlich fand ich, was ich suchte. Der alte Abwasserschacht. Nur ein Gitter schützte das Rohr, und ein kleines Rinnsal Wasser strömte heraus. Schmutzig braune Brühe, die stank wie... na ja wie Abwasser halt.
Das Gitter war schnell heraus gerissen und zur Seite geschafft. Unsere Schritte halten in dem dunklen Tunnel wieder, den wir mit ein paar Fackeln erhellten. Eigentlich wäre die Dunkelheit kein Problem für einen von uns gewesen, aber mit dem Licht und der Wärme des Feuers fühlte zumindest ich mich sicherer.
Und dieser Gang schien kein Ende nehmen zu wollen. Die Wände glitzerten feucht und ab und an huschten Ratten an uns vorbei. Nicht das einer von uns Angst vor Ratten gehabt hätte.
„Was meint ihr, wie lange das noch so geht?“ kam von hinten Casârs gedämpfte Stimme.
„Weiß ich nicht.“ flüsterte ich zurück. „Aber irgendwo hier muss doch... ah!“ ich hatte Halt gemacht und sah nach oben. Eine metallene Leiter führte nach oben und endete vor einer Falltür, die anscheinend genau in den besagten Keller führen musste, denn weiter voraus endete der Gang an einer massiven Wand.
„Gut, wollen wir mal.“ Ich drückte meine Flügel fest an den Körper, damit ich auch durch das Loch passte und kletterte dann die Leiter hoch. Mit einem Ruck stieß ich die Falltür auf, die krachend aus den Angeln flog und schob mich dann hindurch. Die Zwerge folgten mir und sobald wir draußen waren, zückten sie ihre Waffen.
Der Gang, in dem wir jetzt standen, war hell erleuchtet, allerdings nicht von Fackeln oder Kerzen, sondern von Steinen, die ein warmes gelbes Leuchten verbreiteten.
Die Zwerge waren meinem Blick gefolgt.
„Wir nennen sie Calagon, was Lichtstein bedeutet. Unsere Vorfahren machten sie der Königin einst zum Geschenk und sie scheint es weise genutzt zu haben.“ sagte Teccór, als wir weiter gingen. Durch die dicken Mauern dieses Ganges drang kein Laut herein. Dachten wir. Plötzlich machte der Weg eine Biegung und wir standen unerwartet vor einem neuen Hindernis.
Man hatte nicht alle Wachen zum Löschen des Feuers abkommandiert.

                             *

Mit einem Ruck hatte der Mann Celahir das Schwert entrissen und wollte es dem Drachenweibchen in den Körper stoßen.
„Vielleicht schone ich ihr Leben, wenn du auspackst. Wenn ihr alle euch erzählt, was euch zu euren Taten getrieben hat, lasse ich sie vielleicht am Leben.“ Er sah Varyemo auffordernd an.
Der schüttelte nur den Kopf.
„Tue nicht so, als wärst du jetzt er barmherzige Samariter! Du wirst uns alle so oder so töten, wenn du auch gerade nicht deine wahre Gestalt zeigst. Vielleicht sollte mal jemand über dich auspacken?“ Er sah die anderen an. Celahir runzelte die Stirn.
„Was meinst du damit, er zeige nicht seine wahre Gestalt?“ fragte er nicht gerade freundlich, denn er hatte den Verrat noch nicht vergessen und Varyemo würde früher oder später dafür büßen.
„Ich meine damit“, sagte der dunkelhaarige Elb mit einem gewinnenden Lächeln, „dass dieser Mann eigentlich kein Mann ist, sondern ein Drache. Der Ring an seiner Hand macht es ihm möglich, sich zu verwandeln. Wahrscheinlich hat er ihn schon seit Wochen nicht abgelegt, um hier im Schloss unerkannt herum streifen zu können und mit der Königin zu machen, was immer er wollte, unerkannt. Ich denke, das ist auch der Ring, von dem die Zwerge sprachen. Er hat seine Magie in ihn geleitet und ihn für sich genutzt. Ich habe das alles mitbekommen in.... meinen Gesprächen mit ihm. Er hat die Elben in diesem Schloss beeinflusst und auch die Menschen in den umliegenden Dörfern. Er hat sie alle auf seine Seite gezogen und ein großes Heer aufgestellt, das nur auf seinen Befehl wartet, alle Drachen zu töten, die es findet.“ Celahir zog eine Augenbraue hoch. Der Ausdruck auf seinem Gesicht wandelte sich von Misstrauen zu Abscheu.
„Ah ja. Aus deinen Gesprächen mit ihm weißt du das also. Und was ist mit dir? Bist du jetzt vielleicht besser als er, nur weil du ihn entlarvt hast? Das ändert gar nichts! Du bist immer noch ein widerlicher kleiner Mistkerl! Du hast uns alle verraten und hier her geführt! Ich habe dir von Anfang an nicht vertraut und jetzt weiß ich ja wieso!“ rief er. Varyemo jedoch lächelte ihn immer noch an, so triumphierend, das Celahir fast schlecht wurde.
„Aber ihr müsst mir schon dankbar sein. Wäre ich nicht gewesen, hättet ihr sie“, er ruckte mit dem Kopf in Richtung der Königin, „gar nicht befreien können und sie wäre hier drin elendig verreckt. Also, ich denke, ihr schuldet mir etwas.“ meinte er grinsend. Maedrhos hielt es nicht mehr aus.
„Celahir hat recht. Du bist ein widerliches Stück Dreck! Warum wir dich überhaupt gerettet haben, kann ich nicht verstehen. Aníro hatte Recht. Er hat dir von Anfang an misstraut und wir anderen hätten es auch tun sollen.“
Der Mann, der noch immer neben Varyemo stand, lachte schallend auf und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Väterlich zog er ihn zu sich heran.
„Da kann man mal sehen, wie wenig wir Bösewichte noch gelten in dieser Welt. Wo hin wir auch kommen, wir werden verfolgt und von allen gehasst. Aber nun genug geredet. Ich hatte nicht vor, mit euch allen eine Teetafel abzuhalten, also her mit den Schlüsseln!“
Ein Rasseln ertönte und alle wandten sich zur Tür.

                             *

Wir drückten uns wieder in den Schatten der mauern, entfernt von den Steinen, die ihr Licht auf und werfen konnten. „Verdammt.“ knurrten wir alle gleichzeitig, aber leise genug, das man uns nicht hören konnte. Ich ließ meinen Blick durch den engen Tunnel schweifen, aber es gab keinen Weg, weder an den Wachen vorbei, noch, das wir ungesehen wieder nach draußen gekommen wären. Die Schreie von draußen waren verstummt, und so nahm ich an, das das Feuer gelöscht worden war. Bald würde es hier nur so wimmeln von Wachposten, also mussten wir schnell handeln.
„Hat einer von euch einen Plan?“ fragte ich leise an die Zwerge gewandt. Die schüttelten nur die Köpfe und ich unterdrückte einen weiteren Fluch.
Dann aber sagte Cothór leise: „Ich glaube ich weiß, was wir machen. Wir spielen jetzt ein bisschen Kerkermeister und Gefangene.“ sagte er grinsend. Ich runzelte die Stirn. „Und wie willst du das machen, ohne Ketten und dergleichen? Willst du auf die Schnelle welche schmieden?“ Er sah sich um. Hinter uns an den Wänden hingen genug davon. Wohl waren sie dazu gedacht, Gefangene an den Armen hängend von der Decke baumeln zu lassen. Ich riss sie herunter und gab sie ihm. Schneller als ich schauen konnte, hatte er seine beiden Brüder gefesselt und auch mir Hinter- und Vorderbeine mit schweren Eisenketten gerade so weit gefesselt, das ich noch laufen konnte. Er zog sich die Kapuze seines Reiseumhangs in die Stirn und brummte dann mit tiefer Stimme: „Los jetzt, ab!“ Ich hatte Mühe, mich wie ein Gefangener zu verhalten, doch ich senkte den Kopf, wie alle anderen und ließ mich von ihm davonführen, geradewegs auf die Wachen zu. Vor ihnen blieb Cothór stehen.
„Hab dem Chef Gefangene zu bringen.“ brummte er. Die Wachen sahen sich unsicher an, dann nickten sie und ließen uns passieren. Ich hielt den Atem an, als wir in den Kerker traten. Ein falsches Wort von irgendwem dort drin, und wir wären geliefert. Ich ließ den Kopf hängen und blinzelte durch meine halb geschlossenen Augenlider nach oben, um zu sehen, was vor sich ging. Die anderen schienen wie erstarrt, doch Cothór spielte seine Rolle gut.
„Hab hier noch ein paar Gefangene, Chef.“ murmelte er und hielt den Blick dabei unterwürfig gesenkt, wie es schien. Der Mann sah ihn lange an, sein Blick schien sich in ihn zu bohren. Als er sprach, traf mich fast der Schlag. „Hm... ich kann mich nicht erinnern, weitere Gefangennahmen befohlen zu haben.“
ich wagte nicht zu atmen. Hoffentlich sah er nicht zu genau hin. Wenn ich gekonnt hätte, ich hätte angefangen zu schwitzen vor Angst. Doch gleichzeitig war es auch die Gelegenheit, ihn endlich auszuschalten. Keiner von ihnen schien zu wissen, mit wem sie es da zu tun hatten, denn sie rührten sich nicht. Vielleicht lag es auch am Schock angesichts dieses Theaters.
„Hab sie draußen erwischt, wie sie sich hier rein schleichen wollten, Chef.“ Er rieb sich nachdenklich das Kinn. „Rein schleichen, so so. Nun, bring sie in die Zellen, die noch frei sind.“
Er sah uns nach, wie wir an ihm vorbei gingen, und Cothór war schon halb an ihm vorbei, als er uns aufhielt. „Halt mal. Du siehst dem Wicht hier erstaunlich ähnlich, oder irre ich mich?“
das war es. Wir waren aufgeflogen. Nun galt es, keine zeit mehr zu verlieren.
„JETZT!“ brüllte ich und erkannte im selben Augenblick die Schwachstelle in unserem Plan:
Durch die Ketten an meinen Beinen konnte ich mich nicht frei bewegen und schon gar nicht irgendwen angreifen. Hinter uns kamen die wachen in den Raum gestürzt.

Jetzt schien alles aus dem Ruder zu laufen, doch meine Freunde waren geistesgegenwärtige genug, um schnell zu handeln. Maedrhos stellte sich vor die Königin und deckte sie mit seinem Körper, während Celahir dem Mann das Schwert entriss und es ihm in den Körper treiben wollte, doch der wich geschickt zur Seite aus. „Nein!“ schrie ich, „überlasse ihn mir!“
Während Cothór eilig versuchte, die Ketten an meinen Beinen mit der Axt zu durchtrennen, waren die anderen mit den Wachposten ,die jetzt herein strömten, mehr als beschäftigt.
Endlich waren wenigstens mein Vorderbeine frei, sodass ich nach dem Kerl schlagen konnte, doch er wich mir geschickt aus. Meine Zähne schnappten immer wieder ins Leere.
Ich muss ihn dazu bringen, den Ring abzunehmen. Dachte ich panisch, während der Raum hinter mir immer weniger wurde und ich fast mit dem Rücken zur Wand stand. Wieder schnappte ich nach ihm, doch es nutzte nichts. Celahir duellierte sich mit Varyemo, Maedrhos musste sich gleich gegen zwei Wachen gleichzeitig wehren und die Drachendame hatte sich schützend vor die Königin gestellt und knurrte und fauchte, wenn ihr jemand zu Nahe kam. Sie hatte mehr Erfolg als ich, denn als sie nach einem der Wachposten schnappte, erwischte sie ihn. Blut spritze umher, als er zwischen ihren Zähnen sein Leben ließ. Ihr Kopf schwang herum, und der tote Wachposten krachte in die nächste Wand. Wieder spritze Blut auf, als er dagegen schlug und sein Schädel mit einem hässlichen Knacken aufbrach, das Blut und Gehirnmasse umher spritzten.
Ich sah mich im Raum um. Er war zu klein für gleich drei Drachen. Dann fiel mir etwas ein. Langsam ging ich rückwärts auf den Ausgang zu und hoffte, das er mir folgen würde. Er sah nicht meine Absicht und hatte der toten Wache das Schwert entwendet, mit dem er nach mir schlug. Ich duckte mich weg und schnappte wieder nach ihm, reizte ihn somit nur noch mehr.
Schlagend, schnappend und dabei immer rückwärts gehend lockte ich ihn nach draußen.
„Ich wusste gleich, wer du bist.“ zischte ich und schnappte wieder nach ihm, doch die Spitze seines Schwertes fuhr mir in meine empfindliche Nase und ich jaulte auf.
Er lachte, trotz der Anstrengungen. „Und ich wusste gleich, was für ein falsches Spiel du treibst. Gefangener, ich wusste gleich, was gespielt wird.“ meine er siegessicher, doch Wut schwang in seinem Ton mit.
Endlich standen wir draußen. Mittlerweile war es dunkel, und nur die Sterne leuchteten am Nachthimmel. Der Mond war nur eine klauenförmige Sichel, dünn und blass.
Doch es kümmerte mich nicht. Kaum war ich sicher, das die Mauern des Schlosses mich nicht mehr behindern würden, spannte ich meine Flügel aus und hob ab. Unbeweglich stand ich über ihm in der Luft.
„Komm doch herauf, wenn du doch traust!“ rief ich hinab. Ich konnte sehen, wie er zögerte, er wollte sich nicht von seinem Schatz trennen.
Abwartend flog ich über ihm meine Kreise. Ich konnte sehen, wie es ihn ärgerte, das ich dort oben war und er nicht. Ich lachte. „Traust du dich nicht? Es ist keiner deiner Diener hier, um dich zu retten! Aber ich dachte mir, das du feige bist. Du lässt ja auch andere für dich diese Morde begehen! Willst du dir selbst die Finger nicht schmutzig machen? Oder kannst du kein Blut sehen? Vielleicht hast du auch einfach Angst? Weinst du wie ein kleines Mädchen?“ Selbst aus dieser Höhe konnte ich ihn knurren hören, und es klang mehr als gereizt. Er war richtig sauer. Wenn ich es noch ein kleines bisschen weiter trieb, hatte ich ihn soweit.
Und dann geschah, was ich wollte.
Seine Augen funkelten schwarz wie Obsidiane im fahlen Mondlicht, sie glitzerten gefährlich. Er war wahnsinnig.  Langsam hob er die rechte Hand, an der ich selbst auf diese Entfernung den Ring glitzern sehen konnte, und zog ihn sich langsam vom Finger. Doch anstatt ihn sich wieder an die Kette um seinen Hals zu binden, warf er ihn wütend und achtlos ins Gras. Sein erster und letzter Fehler. In der selben Sekunde, in der der Ring das Gras berührte, wuchsen Flügel aus seinen Schulter hervor, so ruckartig, das ich fast aus der Luft fiel vor Schreck. So schnell hatte er sich das letzte Mal nicht verwandeln können. Sein gesamter Körper streckte sich, sein Hals wurden länger, seine Hände und Füße wurden zu klauenbewehren Pranken, ein langer Schwanz ringelte sich aus seinem Gewand hervor, das mit einem reißenden Geräusch gesprengt wurde, es war nicht groß genug für seinen sich schnell verwandelnden Körper.
Hörner, Zähne und Klauen schossen aus seinem Fleisch und der Drache unter mir öffnete das Maul und brüllte zornig auf. Er spannte seine Flügel aus, die mächtiger waren als meine und hob mit einem einzigen mächtigen Satz von der Erde ab.
„Jetzt bist du nicht mehr so siegessicher, hm? Jetzt, wo auch ich Flügel habe, wirst du es schwer haben, mich zu besiegen!“ knurrte er und schoss auf mich los.
Es hatte schon ein gutes, wenn man kleiner und wendiger war, denn ich tauchte schnell ab, als er auf mich zu flog und war jetzt plötzlich hinter ihm.
Wieder stieß er ein Knurren aus, das in einem Schrei endete. Er schloss sein Maul nicht wieder, und ich wusste, was kommen musste. Schnell ließ ich mich fallen, denn wenige Lidschläge später verbrannte ein Flammenstoß die Luft dort, wo ich gerade noch in der Luft gestanden hatte. Fauchend stürzte ich mich nun meinerseits auf ihn. Meine Klauen schlugen nach ihm, und ich spürte, wie sie über seine schuppige Seite kratzten, da drehte er den Spieß um. Er hieb seinerseits nach mir, und erwischte meinen Flügelrand. Heiser schrie ich auf und spie Feuer. Doch wie ich vor ihm, wich auch er mir mit einer Mühelosigkeit aus, die mich verblüffte. Er war so viel größer als ich und dabei genau so wendig, dass es mich Mühe kostete, ihm auszuweichen. Ich musste mir schnell etwas überlegen, oder wir würden noch bis in die Morgenstunden hinein kämpfen. Sicher hatte er doch eine Schwachstelle?
Wieder fiel mir nur der Ringe ein, von dem er sich zuerst nicht hatte trennen wollen. Konnte es möglich sein, das er bereit so viel von sich in diesen Ring geleitet hatte, das er starb, wenn er zerstört wurde? Oder musste ich ihn dazu bringen, den Ring wieder anzuziehen, damit er in seiner menschlichen Gestalt noch verwundbarer war? Aber wie schaffte ich das, wenn er rasend vor Wut war? Ich sah keinen Weg. Ich musste den Ring zerstören und damit seinen Meister, auch wenn das hieß, das Anársúle seinen Bruder und Teccór das Geschenk für seine Freundin verlieren würde. Aber einen Ring konnte man neu schmieden, ein Leben nicht.
Pfeilschnell stürzte ich der erde entgegen, in der Hoffnung, schneller zu sein als er. Zuerst verstand er nicht, was ich vor hatte, doch dann schien ihn die Erkenntnis wie ein Blitz getroffen zu haben und brüllend stürzte er mir hinterher. Ich würde trotzdem als erster dort unten sein und den Ring aus dem Gras klauben, das konnte er nicht mehr verhindern.
Als ich schon fast auf dem Erdboden aufgeschlagen war, griff ich mit meiner Klaue zielsicher nach dem Kleinod und zog dann wieder hoch. Hinter mir verbrannte ein Feuerstoß die Luft und  der schwarze Drache brüllte enttäuscht.
„Aber du weißt nicht, wie man ihn zerstört!“ lachte er mir hinterher und ich musste mit schrecken erkennen, das er recht hatte. Doch so schnell gab ich nicht auf. Ich warf den Ring hoch in die Luft, sodass er selbst im fahlen Mondlicht kurz aufblinkte wie ein fallender Stern, dann spie ich mein Feuer auf ihn. Nichts passierte. Der Drache unter mir wand sich nicht vor Schmerzen, er verging auch nicht und der Ring blieb, wie er war. Doch ich passte nicht auf, und so hüllte mich das Feuer des schwarzen Drachen ein. Fürs erste spürte ich keinen Schmerz, denn meine schuppen waren feuerfest, aber ich war noch jung, und der Drache unter mir konnte weit aus länger Feuer speien als ich das konnte. Langsam aber sicher brannte sich sein Feuer seinen weg durch meine Schuppen, die beständig heißer und heißer wurden.
Was machte ich denn noch hier? Ich musste fort, bevor er mich ganz verbrannte hatte!
Ich schlug mit den Flügeln und katapultierte mich außer Reichweite seiner Flamme. Um mich herum verschwamm die Landschaft zu einem Wirbel aus Farben, und ich konnte nich mehr klar denken. Sein Feuer hatte mir doch mehr zugesetzt, als ich das vermutet hatte.
Ich spie noch einmal mit letzter Kraft meine Flamen auf den Ring. Im selben Augenblick rief jemand etwas auf elbisch, jemand schrie wie in Todesqualen und ich stürzte mit rasender Geschwindigkeit dem Erdboden entgegen. Ich schien ewig zu fallen, bevor ich unten aufschlug, und die Welt wurde schwarz.


FINIS
 
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