Meine Geschichten
  Die Jagd
 
Als ich endlich, eine halbe Stunde später am gemeinsamen Fressplatz der Drachen ankam, war nur noch Anársúle da und fraß. Ich gesellte mich zu ihm.
„Na, Aníro, schon Fortschritte gemacht?“ fragte er grinsend und leckte sich das Blut von den Fängen. Ich grummelte nur und grub meine Zähne in eine Hirschkeule, deren Knochen krachend zwischen meinen Kiefern zerbrachen. Ich schluckte und sah ihn an. „Ich kann es, aber ich lasse mich zu leicht ablenken.“
Er musste lachen. „Na und wie du dich verbessert hast, das hat man gesehen!“ meinte er. Ich rollte wieder mit den Augen und schnaubte. „Mach dich auch noch drüber lustig, ja toll.“ Wieder riss ich ein Stück Fleisch aus dem Hirsch und schluckte es ruckartig herunter. „Wir haben zweibeinigen Besuch.“ Sagte ich, bevor ich mich über das nächste Stück hermachte.
Anársúle fuhr herum. Dort stand ein Mann, ganz in schwarz bis auf den Saum seines Umhangs und seiner Weste, diese waren blutrot. Er hatte schwarzes Haar und sah gar nicht sympathisch aus. Seine Augen waren kalt, stechend und ohne jede Regung auf mich und Anár gerichtet.
Langsam kam er auf Anársúle zu, den blick nicht von ihm wendend. Er schien sich mit Blicken in ihn bohren zu wollen. Mich beachtete er gar nicht.
„Anársúle. Schön, dich wieder zu sehen.“ Sagte der Mann und trat noch einen Schritt näher.
Der orange Drache zischte und der Mann kam vor ihm zum Stehen. „Ich kenne dich nicht, Mensch. Verschwinde von hier. Ich habe dich nicht eingeladen zu kommen und du wirst…“
Der Mann schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort ab. „Wir kennen uns sehr wohl, Bruder.“ Sagte er deutlich hörbar. Der Drache wich vor ihm zurück und auch ich wollte meinen Ohren nicht trauen. Bruder? Hatte er wirklich Bruder gesagt?
Doch dann ging eine wundersame Veränderung mit dem Mann vor sich. Dunkler Rauch hüllte ihn ein, der sogar die Sonne verdunkelte. Durch die Rauchschwaden war zuerst nicht viel zu erkennen. Doch dann sah es aus, als würde sich dort etwas unter Schmerzen winden und krümmen. Ein schauerlicher laut drang heraus, wie das Jaulen eines verendenden Tieres, nur noch entsetzlicher. Die Schemen im Rauch wurden größer, wuchsen und wurden länger. Mit einem Mal verschwand der rauch und ich hielt den Atem an. Vor uns stand ein Drache, genau so groß wie Anársúle, aber das genaue Gegenteil von ihm.

Dieser Drache war von einem schwarzen Farbton, der selbst die Nacht vor Neid hätte erblassen lassen. Seine Flügelmembranen, die Brust und der Kamm, der sich seinen Hals hinunter zog, waren von einem blutigen rot, ganz so wie manche teile an der Kleidung des Mannes, der vor Sekunden noch an genau dieser Stelle gestanden hatte. Deshalb hatte mich der Blick aus diesen Augen an etwas erinnert. Es waren Drachenaugen gewesen, so hart und kalt wie Wintersterne.
Noch immer schenkte mir der Drache keine Beachtung. Anár wich einen Schritt vor ihm zurück.
„Mordorháma? Was machst du hier? Was willst du? Wieso…“
Der schwarze lachte. „Hör auf mit den dummen Fragen! Das hättest du nicht gedacht, was? Das ich die Gestalt wechseln kann? Aber ich erkläre es dir gerne. Unter einer Bedingung: Das du mir hilfst.“ Anársúle starrte ihn hasserfüllt an. „Du warst schon immer das genaue Gegenteil von mir. Wieso sollte ich dir helfen? Was verbindet uns denn noch? Du hast unsere Mutter getötet, hast du das vergessen? Nenn mir einen Grund, warum ich dir helfen sollte.“
Jetzt lachte der Schwarze schallend. Es klang rau und keineswegs freundlich. Eher boshaft und voller Tücke. „Wieso du mir helfen sollst? Sehe ich so aus, als hätte ich deine Hilfe nötig? Und glaub mir, es starben durch meine hand noch weit mehr Drachen als nur unsere Mutter.“ Sein Blick aus orangeroten Augen flackerte kurz zu mir herüber, und ich wusste sofort, was er meinte. Hätte ich gekonnt, ich wäre vor Zorn rot angelaufen.
Er lachte heiser, als er den Ausdruck auf meinem Gesicht sah. „Jaaa, kleiner Drache. Ich wusste sofort, wer du bist. Und glaub nicht, ich bereue, sie abgeschlachtet zu haben. Im Gegenteil: es hat Spaß gemacht.“ Er grinste schon wieder. Fast hätte ich mich auf ihn gestürzt, aber Anársúle stellte sich schützend vor mich. „Was soll das heißen, du hast sie abgeschlachtet? Hast du Aníros…“ Wieder lachte der schwarze, seine Augen funkelten amüsiert und angriffslustig. „Nunja…sagen wir, abschlachten lassen. Du kennst die Alben inzwischen sicherlich? Sie unterstehen meinem Befehl und tun alles, was ich ihnen sage, und wann ich es ihnen sage.“ Anár zitterte und wandte den Kopf ab. „Dann hast du auch….die anderen…? Wieso? Was bringt dir das? Was hast du davon, Drachen zu töten? Sie haben dir nichts getan!“ Er schrie fast, seine Stimme war so voller Hass und Verzweiflung, dass ich schützend den Kopf einzog.
Das Funkeln in den Augen des Schwarzen wurde noch eine Spur boshafter, er schien sich an dem Anblick seines Bruders zu weiden.
„Ich bin eigentlich gekommen, um dir ein Angebot zu machen. Eines, das du nicht wirst ablehnen können.“
Anár hob den Kopf und sah ihn hasserfüllt an. „Was für ein Angebot könntest du mir machen, auf das ich eingehen würde?“ zischte er.
Der Schwarze besah sich einen Moment lang interessiert seine klaue, bevor er sprach. „Wie wäre es…hiermit?" fragte er und zog einen kleinen goldenen Gegenstand an einer Kette hervor.
Ich sah genauer hin. Es war ein Ring, golden, über und über mit Runen und Symbolen bedeckt, die ich nicht lesen konnte.
Anársúle schnaubte entrüstet. „Was soll ich denn damit? Mir wäre er zu klein, und einer Drachendame sicherlich auch. Was also wäre dein Nutzen davon?“
Mordorháma grinste. „Der Nutzen hieraus ist die Macht, die in diesem kleinen Ding steckt. Dieses kleine Ding ist der Grund, warum ich mich überhaupt verwandeln konnte. Warum mir all die Alben gefolgt sind und auch so mancher Drache. Das alles steckt hier drin. Und mit nur einem einzigen Wort könnte ich dich töten oder erblinden lassen… oder noch schlimmeres. Vielleicht werde ich das tun, wenn du nicht auf unseren Handel eingehst. Aber selbst wenn ich es nicht jetzt tue, stirbst du doch durch seine Macht. Und mit dir alle anderen Drachen. Ich werde dafür sorgen, dass ihr alle sterbt. Und ich werde meine menschliche gestalt behalten und von nun an al einer der Ihren den Samen des Hasses in ihren Herzen pflanzen, auf das sie alle Drachen angreifen und vernichten. Denn du weißt ja, ich mache mir nicht gerne die Hände schmutzig. Aber allein ist das kaum zu schaffen. Ich habe noch nicht genug macht. Deshalb brauche ich dich. Stell dir doch nur einmal vor, wie das wäre! Seite an Seite die Welt vom Abschaum zu…“
Anársúle knurrte und seine Augen funkelten golden im Licht der Mittagssonne. Er hatte seinen Posten vor mir verlassen und stand jetzt nur Zentimeter vor dem anderen Drachen. „Hör mir gut zu, ja? Ich werde dir nicht helfen. Es gibt nichts, was mir mehr zuwider wäre als das. Ich würde nie etwas tun, das dir helfen könnte, unschuldige Kreaturen zu töten! Mach deine Sache allein. Ich werde alle Mittel in Bewegung setzten, dich aufzuhalten, und dich daran zu hindern, deine Taten auszuüben!“
Der andere Drache schüttelte seine Flügel aus, sein blick huschte wieder zu mir herüber.
„Wie steht e mit deinem kleinen Freund? Hätte er nicht vielleicht Lust auf ein bisschen mehr Macht? Das muss um Längen besser sein als alles, was DU ihm jemals bieten kannst!“
Der Blick aus seinen stechenden Augen traf mich mit ganzer Härte, es schien, als wolle er mich hypnotisieren. Ich atmete hörbar aus. „Selbst wenn du mir nichts getan hättest, selbst wenn du meine Eltern nicht hättest töten lassen, selbst wenn du der letzte Drache auf dieser Welt wärest, selbst dann würde ich mich dir nicht anschließen. Ich habe geschworen, den zu finden und zu töten, der meinen Eltern das Leben stahl, und daran halte ich fest. Ich werde mich voll und ganz der Aufgabe verschreiben, dich zu bekämpfen, denn einen anderen Sinn hat mein leben nicht.“
Seine Augen wurden schmal. Plötzlich klang seine Stimme einschmeichelnd und zu süß. Aber der Ausdruck erreichte seine Augen nicht.
„Dann lass mich deinem Leben einen neuen Sinn geben. Den Sinn, Macht über andere zu haben. Macht über die, die schwach sind. Zu schwach, selbst die Macht zu ergreifen. Bist du so schwach, kleiner Drache? Bist du nicht viel eher stark, stärker als jeder andere?“
Anársúle zischte wütend und der Kopf des Schwarzen fuhr zu ihm herum. „Hör auf! Reicht es nicht, dass du mir jahrelang dein süßes Gift in die Ohren geblasen hast? Musst du ihn jetzt auch noch so behandeln?“
Ich schüttelte den Kopf. Für ein paar Sekunden hatte ich tatsächlich versucht, ihm zuzustimmen. Aber ich besann mich eines besseren. Der Kerl hatte meine Eltern getötet. Er verdiente nichts als den Tod.
„Schön, wenn ihr alle nicht wollt, suche ich mir woanders meine Verbündeten. Ein paar von den Menschen sind sicher naiv genug für so etwas. Man sieht sich!“ Mit einem Satz war er in der Luft und auf und davon.

*

Schnee rieselte von den Zweigen über Varyemos Kopf und ein Ast knackte unter seinem leichten Tritt. Der Wolf an seiner Seite knurrte leise und bleckte die Zähne. „Ruhig, Bruder.“ murmelte der Elb und legte eine Hand auf den Kopf des grauen Rüden neben ihm. Kein Laut war zu hören, kein Ast knackte unter den Schritten eines wilden Tieres. In dieser Gegend sollte es Chimäras geben. Und Varyemo war nicht sehr erpicht darauf, eine von ihnen näher kennen zu lernen. Wachsam sah er sich um. Er musste vorsichtig sein, das wusste er. Sicherheitshalber zog er sein Schwert. Die Klinge schimmerte bläulich – weiß im Licht der Wintersonne uns reflektierte das blendende Weiß des Schnees um ihn herum. Sie war etwas länger als vier Fuß. Das Heft war aus dunkelblau emailliertem Stahl mit Rillen, die genug Platz für zwei Hände ließen. Das Metall vibrierte sanft in seiner Hand und gab einen singenden Ton von sich. Der Wolf hob den Kopf und fixierte ihn mit bernsteingelben Augen, ganz so, als forsche er in seinem Gesicht nach etwas, einer versteckten Furcht. Das Schwert des Wolfselben zog kleine Kreise dicht über dem Schnee. Es war elbische Machart, natürlich und mit einer Magie durchwirkt, die so alt war wie die Elben selbst. Sein ganzer Körper war angespannt wie die Sehne eines Bogens kurz vor dem Schuss. Da war irgendwas. Der Wolf richtete den Blick wieder geradeaus, auf den Pfad vor ihm, der sich durch die Bäume schlängelte. Varyemo spürte ganz deutlich die Anwesenheit von etwas… Bösem hier im Wald. Was, konnte er nicht genau sagen. Irgendetwas Unbekanntes war in diesem Wald und lauerte auf ihn. Der Wolf winselte leise und zog den Schwanz ein. Zitternd drückte er sich hinter seinen Herrn. „Ruhig, Bruder.“ murmelte Varyemo. „Was macht dir denn solche Angst? Bist du wieder klüger als ich? Weißt du, was das Böse ist, das hier herumstreift?“ Der Graue knurrte nur und drückte sich eng an die Beine des Elben. Varyemos Atem kam in kleinen weißen Wölkchen aus seinem Mund. Irgendwo knackte ein Ast und der Elb fuhr herum, das Schwert vor der Brust. Der Wolf löste sich aus seiner Deckung und stellte sich knurrend neben Varyemo. Wieder war es still. Ein Ast brach unter der Last des Schnees und fiel zu Boden. Der Wolf knurrte wieder, sein Nackenfell stellte sich auf. Plötzlich kam aus dem Gebüsch ein Energiestrahl geschossen und verwandelte den Schnee zu ihren Füßen in blubbernden Schlamm.
Varyemo hob die linke Hand. Der Stahlhandschuh, den er dort trug, schien zu massiv und starr zu sein, um mit dieser Hand eine Faust zu bilden, aber genau das tat er. Genau in dem Moment, als der Alb aus dem Gebüsch trat, fuhren vier lange Stahlklingen aus der Handoberseite und rasteten mit einem leisen Klicken ein. Die Schneiden schimmerten hell in der Sonne. Zuerst wirkte der Alb verunsichert, fing sich aber schnell wieder und schoss auf Varyemo zu. Die Klingen, die eigentlich die Kehle des Angreifers aufreißen sollten, wurden wirkungslos abgeblockt und der Alb drosch seinerseits zu. Varyemo konnte den Schlag auf seinen Kopf gerade noch mit dem eigenen Schwert auffangen, ging aber durch die Wucht des Anpralls in die Knie. Das nutzte der Alb aus um an ihm vorbei zu hechten und einen Rückhandschlag gegen Varyemos Nacken zu führen, der aber misslang, da der Elb sich rechtzeitig nach vorne fallen ließ. Er stand auf und hielt die Klauenhand ausgestreckt, bereit zum Zuschlagen. Doch der Alb stand nicht mehr vor ihm. Er drehte sich einmal um die eigene Achse, aber der Kerl war weg. Dachte er. Kein Laut warnte ihn, als sich der Alb von oben aus einer Baumkrone fallen ließ und auf seinem Rücken landete. Das doppelschneidige Schwert bohrte sich tief in seinen rechten Arm und Varyemo schrie vor Schmerz laut auf. Er schaffte es noch, dem Alb die Linke mit den Klauen durchs Gesicht zu ziehen, bevor die Bewusstlosigkeit nach ihm griff. Während alles um ihn herum verschwamm und schwarz wurde, sah er noch, wie der Alb davonrannte.

*

Celahir ging unruhig in seiner kleinen Kammer auf und ab. Schon seit Stunden. Seit ihn die Königin fortgeschickt hatte. Warum, warum musste er solche Dinge zu ihr sagen? Sie würde ihm nie wieder in irgendeiner Weise vertrauen.
Aber er verstand das alles nicht. Wie konnte sie so etwas tun? Wie konnte sie sie so auf die Probe stellen und dann nichts davon sagen? Oder war es am Ende nur ein Scherz gewesen? Nein, das konnte er sich nicht denken. So war die Königin nicht, dass sie über so etwas Scherze machte.
Er ging zu der Wand herüber, an die er seine Waffen gelehnt hatte. Das Schwert… er zog es blank und drehte es im Licht der Kerzenhalter an den Wänden hin und her. Es hatte seinem Vater gehört, der damit zahlreiche Orks und am Ende sogar einen Troll niedergestreckt hatte. Damals gab es so etwas wie Alben noch nicht. Nichts, was den Frieden in diesen grünen Hainen bedrohte, doch jetzt…
Seufzend stellte er das Schwert wieder an die Wand. Sein Blick wanderte weiter zu dem Bogen. Er nahm ihn aus dem Futteral und fuhr mit seiner Hand an dem dunkel gemaserten Nussholz entlang. Er spannte die Sehne und ließ sie wieder los. Mit diesem Bogen hätte er Maedrhos fast beim Bogenschießen besiegt…wenn nicht ein Windstoß seinen letzten Pfeil vom Kurs abgelenkt hätte.
Eine kleine Bewegung nur, und alles konnte zu Nichte gemacht sein. Ein Windstoß konnte Blätter von den Bäumen reißen sie entwurzeln und herumschleudern wie Spielzeug.
Vielleicht war es diesmal auch nur eine Bewegung, ein Wort, das alles ins Wanken brachte? Etwa so lächerliches wie ein Windstoß konnte alles gefährden. Und das alles nur wegen Kreaturen, die eigentlich nicht einmal existieren durften. Das Böse durfte nicht existieren. Es durfte nicht….
Er hatte sich selbst noch nie zu den großen Philosophen oder Dichtern seiner Zeit gezählt, aber das machte ihn doch nachdenklich.
Er setzte sich auf sein Bett, sprang nach zwei Sekunden wieder auf und lief wieder rastlos im Raum auf und ab.
Leise ging hinter im die schwere Eichentür auf und er fuhr herum.
Königin Nelinómë stand dort, einen Kerzenhalter in den Händen und sie lächelte entschuldigend. „Ich wollte zu so später Stunde eigentlich nicht stören, aber wir haben ja noch etwas zu klären.“ Sagte sie und stellte den Kerzenleuchter auf seinen Nachttisch.
Sie setzte sich auf das Bett und sah ihn erwartungsvoll an. Er blieb stehen. Es hatte etwas von einem Rollentausch, und das war er nicht gewöhnt. Argwöhnisch starrte er zu ihr herunter. Sie seufzte und faltete die Hände im Schoß. „Ich kann nicht immer nur die strenge Königin sein, die alle in mir sehen. Manchmal bin auch ich…auch ich bin nicht vor Irrtümern gefeit. Aber genau deswegen bin ich hier. Ich möchte dir erklären, was gestern passiert ist.“ Sie sah ihn lange an. Er erwiderte den Blick aus seinen eigenen, stahlgrauen Augen. Und dann passierte etwas, was er noch nie bei ihr gesehen hatte: Sie senkte den Blick, fast scheu und unterwürfig.
„Was gibt es da noch zu erklären? Ich habe mich nicht angemessen benommen. Ich habe die Etikette unseres Hofes beschmutzt und verdiene es nur, dass du mich dafür mit aller Härte bestrafst. Und du scheinst es nicht zu tun. Warum?“ fragte er. Sie hob den Blick und er war überrascht, darin immer noch Spuren der Scheu zu finden.
„Weil…ich will nicht sagen, das ich dich bräuchte, obwohl es genau das ist: ich brauche dich. Und Maedrhos. Deswegen“, sie rieb sich über die Augen und stand auf. Hoch und aufrecht wie ein junger Baum und eben so stolz. „Deswegen möchte ich, dass du, Celahir, die Jagd anführst, die ich morgen früh einberufen werde...“ Er sah zur Seite und sie runzelte die Stirn. „Du dachtest, ich würde dir nicht vertrauen?“ fragte sie kaum hörbar. Er hob erschrocken den Kopf und sah sie furchtsam an. „Ja.“ flüsterte er kaum hörbar.
„Dann lass dir gesagt sein, Celahir, das ich nur diejenigen zu Führern der Elbenjagd mache, denen ich bedingungslos vertraue. Du musst dich nicht fürchten. Suche dir Leute aus, die du für geeignet hältst, mit dir zu reiten, und komme morgen früh in den Thronsaal. Du solltest dich ausruhen. Wenn du morgen in der Audienz gewesen bist, wirst du danach in meine Gemächer kommen, in denen ich dich und deine Gefährten ausrüsten werde. Und jetzt schlafe.“ Sie löschte das Licht und ging hinaus. Celahir blieb grübelnd in der Dunkelheit zurück. Es dauerte lange, bis er endlich einschlief.

Früh am nächsten Morgen machte Celahir sich auf, die anderen zu suchen. Er fand Irwaen, Maedrhos und Nerys zusammen in der Eingangshalle. Sie unterhielten sich und verstummten, als sie ihn sahen. Das gefiel ihm gar nicht. Aber er ließ sich nichts anmerken und ging zu ihnen.
„Morgen. Hat euch meine Botschaft gestern Abend noch erreicht? Ich weiß, es war spät, aber…“
Die anderen nickten und Irwaen nahm seine Hand. „Komm. Die Königin wartet schon. Du weißt, das sie nicht gerne warten gelassen wird.“ Zusammen gingen sie auf die hohe Tür zu und die Türflügel schwangen wie auf einen stummen Befehl hin auseinander. Der Springbrunnen in der Mitte des Thronsaales plätscherte leise und die Königin saß unbeweglich auf ihrem Thron. In einiger Entfernung davon blieben die vier stehen und verneigten sich
„Celahir, tritt vor.“ hörte er die leise Stimme der Königin, kaum mehr als ein Flüstern und doch gut zu hören. Er tat, wie ihm geheißen und stand bald vor ihr.
„Du weißt noch, was ich dir gestern gesagt habe?“ fragte sie leise und er hatte das Gefühl, das nur er diese Worte vernehmen sollte, deshalb nickte er kaum merklich. „Gut.“ Jetzt sprach sie lauter, sodass alle sie hören konnten. „Wie ich sehe, hast du dir deine Gefährten bereits erwählt. Das ist gut. Bald bricht der Winter herein, grausamer als jemals zuvor. Dagegen sollt ihr gewappnet sein. Ich werde euch selbst ausstatten. Seht ihr diese vier Türen dort? Jeder von euch wird durch eine davon gehen und sehen, was ihn erwartet. Sobald ihr ausgestattet seid, könnt ihr gehen. Dich, Celahir, und dich, Maedrhos, mache ich zu den Führern der Elbenjagd. Es ist eine große Ehre, aber das wisst ihr. Geht jetzt. Ich gebe euch alles Glück und allen Segen mit auf den Weg, den ich habe. Möge euer Unternehmen gelingen.“ Damit entließ sie sie und jeder von ihnen trat in eine andere der vier Kammern ein um auf ihr gemeinsames Schicksal zu warten.

*

„Also, jetzt erzähl mal genau.“ Forderte Cothór seinen Bruder auf. „Was ist eigentlich gewesen? Wieso sind die Alben so scharf auf den Ring?“ Teccór kaute an einem Stück Brot und starrte nachdenklich in die Flammen des kleinen Lagerfeuers.
„Also…Tarbór kam in die Schmiede gestürzt und stammelte etwa davon das irgendwer kommen würde…dann wurde er von hinten erschossen und dieser Alb stand in der Tür. Ich wollte ihn angreifen, mit der frisch geschmiedeten Axt“, er warf einen Blick auf selbige, die neben seinem Bruder an einem Felsen lehnte und das Feuer reflektierte, „ und da hat er mich aufgehalten… da waren so dünne Ketten, die die Axt gestoppt haben. Er hat mich angesehen wie… ich dachte, dieser Blick würde mich aufsaugen oder so. Na und dann…dann muss ich wohl ohnmächtig geworden sein. Den Ring hatten die beiden wohl auch entdeckt und mitgenommen. Ich lag auf dem Waldboden, und die beiden beratschlagten, was sie mit mir zu tun hätten…dann seid ihr gekommen, und den Rest wisst ihr ja.“ Wieder biss Teccór von seinem Brot ab und starrte in die Flammen. „Wenn wir wenigstens den Ring wieder finden würden, wäre ich ja schon zufrieden… ich hatte eigentlich anderes damit vor, als das er mir gestohlen wird und ich den Dieb durch die halbe Welt hinterherlaufen darf.“
Ein Knacken im Gebüsch zu ihrer rechten ließ sie herumfahren. Cothór sprang auf, die Axt im Anschlag, Casâr hatte seine Beile zur Hand.
Teccór blieb, wo er war und tastete nach der Axt an seiner Seite. „Wer ist da?“ rief Casâr in die Dunkelheit hinein. Nichts rührte sich
Dann, ohne einen weiteren Laut, sprang ein einzelner Alb aus dem Gebüsch und zischte wütend, als er die drei Zwerge erblickte. Der Bogen in seinen Händen spannte sich, ein Pfeil schoss hervor, zischte aber Knapp an Cothór vorbei, der sich mit einem wilden Kampfschrei auf den Alb stürzte. Es war stockdunkel, nur das Feuer warf einen kleinen Lichtkreis. Der Alb war gut getarnt. „Verfluchtes Spitzohr!“ rief Teccór wütend, auch er war aufgesprungen und stand kampfbereit da, die Axt im Anschlag. Ein Schatten löste sich aus der Dunkelheit und brachte sein Gesicht ganz nah neben seines. „Habe ich dir nicht gesagt, du sollt mich nicht so nennen, Nauco?“ zischte der Alb und hielt ihm eine Klinge an den Hals. „Ihr seid schuld, das Dagnir tot ist. Und jetzt werde ich vollenden, was er nicht konnte. Ich werde….“ Er brach röchelnd ab und knickte weg, das Messer ritzte leicht Teccórs hals. Er stand auf und sah sich um. Casâr stand hinter ihm, von seinem Beil troff das dunkle Blut des Alben zu seinen Füßen. „Man sollte immer seine Umgebung im Blick behalten.“ Meinte er grinsend und bückte sich, um den Alb zu durchsuchen. Nach einer kleinen Weile stand er auf. „Nichts. Kein Ring, kein Schmuck, nichts von Wert. Wenn er einen Meister oder Auftraggeber hatte, hat er seinen Auftrag gründlich ausgeführt. Ich fürchte, den Ring siehst du nicht wieder.“ Sagte er und setzte sich wieder ans Feuer. „Schaff den schwarzen weg. Er stört uns hier doch nur.“ Meinte er dann mit vollem Mund. Teccór packte den Alben bei den Füssen und zog ihn in ein weiter entferntes Gebüsch, dann bedeckte er den Toten mit Laub. Er kehrte ans Feuer zurück und setzte sich zu den anderen beiden. „Vielleicht kommt ja noch so ein Spitzohr und will uns was. Das wird ein Spaß!“ frohlockte Cothór und rieb die die Hände. „Freu dich lieber nicht zu früh, Bruderherz. Es könnte auch sein, das wir gleich auf den Chef treffen, oder aber wir treffen gar keinen. Womit ich auch einverstanden wäre.“ Sagte Casâr grimmig.
Sie saßen noch um das Feuer, bis es heruntergebrannt war, dann rollten sie sich in ihre Decken und schliefen fast augenblicklich ein.
 
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