Meine Geschichten
  Das Puzzle fügt sich
 
Wir folgten Celahir, bis er an einer Lichtung anhielt. In ihrer Mitte brannte ein großes Feuer, und mehrere andere Elben saßen darum herum. Ich zählte vier und das schienen alle zu sein, die mit ihm hier her gekommen waren. Prüfend sog ich die Luft durch die Nüstern ein. Es drohte keine Gefahr von ihnen. Das hätte ich gerochen. Bei dem einen Elb, der etwas abseits saß, hatte ich allerdings kein so gutes Gefühl. Er war… anders als die anderen. Verschlossener.
Die anderen Elben sprangen auf, als wir auf die Lichtung traten.
„Wen hast du denn da alles angeschleppt, Celahir?“ fragte eine Frau. Er ging zu ihr uns umarmte sie kurz.
„Habt ihr mir auch was vom Braten übrig gelassen?“ fragte er lächelnd und sah zu einem anderen männlichen Elben hin, der jetzt zu ihnen herüber kam. Dann sah er wieder zu der Frau.
„Ich habe diese Fee hier aus einer Falle befreit. Na, und wie ihr wisst, ist eine Fee niemals ohne ihren Drachen unterwegs, also werden die beiden uns auf unserer reise begleiten. Die Zwerge waren wohl auch ihrem Hilferuf gefolgt, aber ich war schneller. Vielleicht können sie uns selbst sagen, was sie wollen, wenn du noch etwas Braten für uns alle übrig hast.“
Cárië setzte sich wieder auf meine Stirn und Celahir sah sich nach uns um. „Ihr könnt gerne kommen und mit uns essen. Nur fürchte ich, das es für Euch als Drachen nicht mehr reicht.“ Sagte er entschuldigend und lächelte mich an. Ich verzog die Lefzen zu einem Grinsen.
„Ich habe schon gejagt, bevor ihr mir über den Weg gelaufen seid also werde ich euch nichts wegfressen, keine Angst.“ Die Elbin starrte mich mit unverhohlenem Interesse an, während die anderen sich um das Feuer verteilten. Ich suchte mir einen Platz weiter abseits aus, von wo aus ich alles gut im Blick hatte, aber gleichzeitig niemanden störte.
Celahir schnitt nun große Stücke aus dem Hirsch, der über dem Feuer briet, und verteilte sie an die Zwerge. Auch seine Freunde sagten zu einer zweiten Runden nicht nein und bedienten sich ebenfalls.
Schließlich sah er zu der Elbin, die ihm gegenüber saß.
„Nun, Irwaen, du wolltest wissen, wer das hier alles ist, mit denen ich unterwegs war. Vielleicht sollten sie das jedoch von sich selbst sagen, denn mir wollten sie nicht sagen, wer sie sind oder was sie wollen.“ Er sah mich an.
„Mein Name ist Aníro, und ich durchstreife die Wälder hier mit meiner Freundin Cárië, in der Hoffnung die Alben zu finden und zu vernichten und das Böse zu besiegen, das sie in dieses Land gesät haben. Ich denke, allein dadurch haben wir schon ein gemeinsames Ziel.“ Ich starrte in die Flammen, dann wanderte mein Blick zu dem Elben, der abseits von der Gruppe und mit dem Rücken zu mir saß. Als hätte er meine Blicke gespürt, drehte er sich um und starrte mich an.
Dann räusperte sich einer der Zwerge.
„Mein Name ist Teccór, das sind meine Brüder Casâr und Cothór und wir sind auf der Suche nach einem Ring, den uns die Alben stahlen. Wir wollen ihn zurückerhalten und die Alben vernichten.“ Ich horchte auf.
„Einen Ring? Ein goldener? Da könnt ihr lange suchen, bis ihr den gefunden habt. Und wiederbekommen werdet ihr ihn ebenso wenig.“ Die drei starrten mich verwundert an.
„Woher weißt du das?“ fragte Teccór flüsternd.
„Weil ich ihn gesehen habe. Ein Drache hat ihn in seinen Besitz gebracht, ein böser Drache. Er hat die Kontrolle über die Alben und ist der Ursprung alles Bösen in dieser Welt. Ich weiß das, weil er der Bruder meines Lehrmeisters ist. Er hat den Ring vermutlich von dem Alben bekommen, der ihn euch abgenommen hat. Mit diesem Ring kann er seine Gestalt ändern und zu einem Menschen werden, die perfekte Tarnung, wenn er unerkannt Übles tun will. Als Drache hätte er es nicht so leicht, Zwist und Hass in die Herzen der Menschen zu sähen wie als einer der ihren.“ Mit einem Mal wurde es sehr still auf der Lichtung, nur das Knacken der Scheite im Feuer war zu hören und dann und wann der Ruf einer Eule. Endlich hatten sich alle wieder gefasst.
„Das ist schrecklich.“ Sagte einer der Zwillinge, ich konnte sie nicht auseinander halten. „Wir müssen doch irgendetwas tun können, ihn angreifen oder so… Er kann nicht weiter diese taten begehen, und nicht bestraft werden…“ ich schnaubte und mein Feuer gesellte sich zu dem, das ohnehin schon dort brannte.
„Meinst du, dieser Gedanke wäre nicht uns allen schon gekommen? Aber wir wissen nicht einmal, wo er jetzt ist. Er kann überall sein und darauf warten, dass seine Armee stark genug ist, diese Welt anzugreifen und zu vernichten. Er könnte uns hier im Wald auflauern oder bespitzeln lassen oder ähnliches. Euren Ring werdet ihr nicht wieder sehen, er muss zerstört werden, denn wer weiß, welch schrecklich Magie er in ihn geleitet hat.“ Ich ließ den Kopf auf die Pranken sinken und starrte in die flammen. Schließlich ergriff Celahir das Wort.
„Wir haben ebenso einen guten Grund, die Alben zu hassen wie ihr auch. Nicht nur, das wir auf widernatürliche Weise mit ihnen verwandt sind, sie sind im Begriff, uns unser wichtigstes Geheimnis zu stehlen. Denn Nerys, Maedrhos, Irwaen und ich wurden ausgesandt, die sieben Schlüssel unseres Volkes zu beschaffen. Wer alle diese Schlüssel besitzt, hat wahrlich Macht über uns. Ich denke, auch das wird dieser Drache sein, der da hinter steckt. Er lässt sie finden und zu ihm bringen. Wohin diese Schlüssel führen, weiß nur die Königin allein, niemand sonst. Ihren Schlüssel haben wir, zusammen mit noch drei weiteren, die wir in den letzten fünf Jahren zusammengesucht haben. Unsere Aufgabe ist es also, alle sieben Schlüssel zusammenzubekommen und sie der Königin zu bringen. Ich denke, uns alle eint der Gedanke, das Böse zu besiegen. Nun ist es an euch, zu entscheiden, ob wir uns zusammenschließen oder einzeln unserer Wege gehen.“ Zusammen standen sie auf und bildeten einen Kreis neben dem Feuer. Ich gesellte mich dazu. Nur der fremde Elb, der auch bis jetzt weder gesagt hatte, was er bei der Gruppe wollte, noch, wie er hieß, hielt sich abseits und kam nicht herüber.
Alle sieben, Elben wie Zwerge (wenn auch die letzten etwas zögerlicher) streckte eine Hand vor und Entschieden sich somit, zusammen zu bleiben und eine Gruppe zu bilden. Ich legte meine Pranke vorsichtig zu oberst, um niemanden zu verletzen, und Cárië legte ihre Kleine, blütengleiche Hand auf meine.
„Gut, dann ist es beschlossen, das wir zusammen gegen das Böse kämpfen, uns gegenseitig beschützen und füreinander mit dem Tod einstehen würden.“ Celahirs Blick wanderte zu dem Elben, der etwas abseits saß und in eine andere Richtung starrte.
„Varyemo, was ist mit dir? Trennst du dich von uns?“ fragte er zynisch und sah ihn aus zusammengekniffenen Augen an.
Varyemo antwortete nicht. Er starrte weiter in den Wald hinaus, auch dann noch, als sich die anderen schlafen legten. Nach einer Weile kam es mir so vor, als wäre er zu einem Eiszapfen erstarrt, doch das war anscheinend nicht so, denn er ging zu seinem Lager ( wieder etwas abseits von den anderen) und rollte sich dort zusammen.
Wenig später schloss auch ich die Augen und schlief ein.

*

Es war leicht, fast zu leicht, in den Palast einzudringen. Die Wachen vor der Tür des Thronsaales bekamen nicht die Chance, ihn ernsthaft aufzuhalten. Mit durchgeschnittenen Kehlen rutschten sie an der Wand entlang zu Boden. Kein einziger Tropfen Blut besudelte die Wände oder den glänzenden Marmorboden, vollkommen lautlos starben sie. Ohne einen Laut schob er die Türflügel auf. Er war allein mit der Königin in dem riesigen Raum, ihr Gefolge hatte sie schon lange verlassen, zumal es fast Mitternacht war. Sie schreckte aus ihrem Schlummer auf, der Brunnen in der Mitte des Saales war fast still, nur leise plätscherte er. „Was wollt Ihr hier? Wie seid Ihr hier herein gekommen, ohne das meine Wachen…?“ Dann sah sie eben diese tot hinter ihm liegen und keuchte erschrocken auf. „Wer seid Ihr, das Ihr es Euch erlaubt, so in mein…“ weiter kam sie nicht, denn plötzlich hatte er sie von ihrem Thron hochgezogen und legte ihr eine Klinge an den Hals. Erschrocken hielt sie still. Er war jetzt ganz nah bei ihr, seine Lippen berührten ihr Ohr, als er mit ihr sprach. „Ich würde sagen, ihr tut, was ich Euch sage, andernfalls könnte es sein, das es Euch ebenso ergeht wie der Wache vor der Tür. Dann muss sich Euer Volk Gedanken um eine neue Herrscherin machen.“
Sie wagte kaum zu atmen, geschweige denn sich zu rühren, denn sie konnte nur zu deutlich die blanke Klinge an ihrer Kehle fühlen, die ihr leben sicherlich genau so schnell beenden konnte, wie er gesagt hatte. Sie würde mit durchgeschnittener kehle hier liegen und armselig verbluten, niemand würde ihre stummen Hilfeschreie hören können und erst kommen, wenn alles zu spät war. Wenn es nichts mehr zu retten gab.
Aber sie machte sich nicht wirklich Sorgen um ihr eigenes leben. Da hatte sie vorgesorgt. Sie wusste, wen sie als Nachfolge bestimmen würde. Das alles war schon so lange festgelegt gewesen… man würde die Aufzeichnungen darüber nach ihrem Tod finden. Falaroy wusste, wo sie waren und was mit ihnen zu tun wäre… nur was sich in den Dokumenten finden würde, wusste er nicht.
„Was wollt Ihr von mir?“ fragte sie noch einmal. Ihre Stimme klang heiser und krächzend vor Angst.
Sie spürte die Klinge des Schwertes an ihrer Kehle leicht vibrieren, als er lachte. Ein raues, freudloses Lachen, gleichzeitig überraschend sanft und im nächsten Moment so schrill und hysterisch, das sich das Geräusch wie Säure in ihr Trommelfell ätzte.
„Was ich will? Nun, erst einmal ist das hier keine gute Haltung, um ein Gespräch zu führen, findet Ihr nicht auch?“ Sie spürte, wie die Klinge von ihrem Hals verschwand und er sie zu sich herumdrehte. Sie sah ihm in die Augen. Kalt, hart, fast wie Schlangenaugen schienen sie zu sein, ohne eine andere Regung als Hass. Doch das Gesicht war ihr vollkommen unbekannt. Und er wusste das nur zu genau.
„Seht es Euch genau an. Ihr werdet es schon bald überall sehen, dieses Gesicht. Weil ich Die Schlüssel finden und ihre Macht an mich reißen werde. Ich werde jeden töten, der sich mir in den Weg stellt, ebenso wie alle zeugen. Es ist nicht gut, wenn einer allein zu viel weiß.“ Er grinste sie hämisch an.
Eigentlich war ich hier, um Euch ein Angebot zu machen, nachdem der letzte, dem ich dieses Angebot gemacht habe, es einfach ausgeschlagen hat…“ Er spielte mit etwas in der Tasche seines weiten Umhangs. Er beugte sich näher zu ihr.
„Ich weiß, dass Ihr wisst, wo sich die Schlüssel befinden. Ich weiß, dass Ihr jemanden ausgesandt habt, sie zu finden und zu Euch zu bringen. Dabei wäre es so viel einfacher, einfach mit mir zusammen zu arbeiten, findet Ihr nicht? Ihr könnt mir das Geheimnis natürlich einfach anvertrauen, wo ich es am Ende ohnehin weiß.“
Nelinómë zuckte zurück, als er ihr die Hand darbot. Sie nahm sie nicht, sondern blieb stehen wo sie war, ohne eine Regung. Er bemerkte das, und es schien ihn zu verärgern.
„Ich verstehe. Ihr wollt also nicht mit mir zusammenarbeiten. Nun, dann muss ich Euch wohl dazu zwingen. Dann hättet Ihr Euer Volk verraten. Nicht sehr schöne Aussichten, was? Aber ich finde ohnehin heraus, was es mit den Schlüsseln auf sich hat. Also benötige ich Euch nicht länger.“
Ihr ganzer Körper versteifte sich, als er ihr wieder die Klinge an den Hals legte. Sie wusste, dass ihr Leben in wenigen Sekunden enden würde, und doch hatte sie keine Angst. Nachdem sie tot war, würde es für ihr Volk trotzdem eine Zukunft geben. Dafür hatte sie gesorgt. Da konnte sie auch…“Ah, wartet. Mir ist etwas Besseres für Euch eingefallen. Ich werde Euch lange leiden lassen, bevor Ihr endlich sterben dürft. Ihr werdet dem Untergang Eures Volkes beiwohnen. Ihr werdet den Tod jedes einzelnen Soldaten Kindes oder Weibes mit ansehen und vielleicht dürft Ihr dann endlich sterben. Was haltet Ihr davon? Wieder lachte er dieses hysterische, verrückte Lachen, bei dem ihr ganz anders wurde.

*

Nebel war heraufgezogen, als wir am nächsten Morgen aufbrachen. Das heißt, wir brachen nicht wirklich auf, sondern setzten uns erst einmal am Feuer zusammen und beratschlagten das weitere vorgehen. Varyemo hielt sich noch immer abseits, holte sich sein Frühstück und verschwand gleich darauf wieder. Ich war misstrauisch, traute ihm noch nicht wirklich und beobachtete ihn immer wieder au den Augenwinkeln. Was wusste ich denn über ihn? Nichts. Ich wusste über keinen von ihnen hier irgendetwas. Aber im Gegensatz zu Varyemo waren die anderen freundlich gewesen und hatten mich unter sich geduldet, während er... nichts getan hatte. Er hatte sich nicht einmal vorgestellt. Seinen Namen hatte ich doch nur erfahren, weil Celahir in mit diesem angesprochen hatte. Ich knurrte leise und die anderen sahen mich an. Dann schnaubte ich und ließ meinen Kopf auf die Pranken sinken. Kleine Rauchwolken quollen aus meinen Nüstern und Cárië setzte sich zu mir. Celahir beobachtete und und ich drehte den Kopf weg. Schließlich schluckte er den letzten Bissen herunter und klatschte in die Hände. „Gut, lasst uns aufbrechen. Hier gibt es nichts mehr, und wir müssen uns beeilen, zu den anderen Fürsten zu kommen, bevor unsere Feinde es tun.“ Er stand auf und ging zu seinem Pferd herüber, welches frei über die Wiese lief, auf der wir unsere Nacht verbracht hatten, genau so wie die anderen. Es kam nicht näher, eher legte es die Ohren an und rollte mit den Augen. Es wollt mir nicht zu nahe kommen und meine Geruch schreckte es ab. Ich knurrte leise, kaum hörbar und zeigte spielerisch die Zähne. Schrill wiehernd machte das Pferd einen Satz nach hinten und stob davon.
Celahir drehte sich zornfunkelnd zu mir um. „Das hast du gut gemacht, Aníro. Ich bin beeindruckt.“ sagte er sarkastisch und ich grinste schadenfroh. Wutschnaubend drehte er sich wieder um und lief seinem Pferd hinterher, das im Wald verschwunden war.
Varyemo sah zu mir herüber und grinste mich an, doch als er meinen Blick bemerkte, sah er schnell wieder weg.
Irgendetwas stimmte mit ihm nicht, und ich wollte herausfinden, was das war. Die anderen sattelten ihre mittlerweile ruhigen Pferde und warteten auf Celahir, der mit seinem Pferd aus dem Wald kam. Es hatte die Ohren angelegt und rollte panisch mit den Augen. Weder ließ es sich an mich heranführen, noch ging es etwa in die Richtung, in die es sollte. Entnervt schwang sich der Elb in den Sattel des panisch tänzelnden Pferdes und setzte sich an die Spitze des Jagdtrupps. Teccór ging zu ihm und schwang sich mit Hilfe eines Baumstumpfes hinter ihm in den Sattel, genau so machten es die anderen beiden Zwerge bei Maedrhos und Irwaen. Cárië kam zu mir geflogen und setzte sich zwischen meine Hörner. Celahir beobachtete jeden ihrer schritte, drehte sich dann aber um und gab seinem Hengst so heftig die Sporen, dass Teccór fast von seinem Rücken gerutscht wäre. Ich stieg mit zwei mächtigen Flügelschlägen in die Luft und blieb etwas weiter über ihnen, um die Pferde nicht allzu sehr zu erschrecken.
 
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