Meine Geschichten
  Wenn Freunde zu Feinden werden
 
Allmählich wurde es Mel langweilig im Krankenhaus. Das war die erste Nacht im Krankenhaus und sie wusste genau, warum sie sich nicht gerne hier aufhielt. Dieser Geruch, das Piepsen der Monitore  und überhaupt die ganze Atmosphäre. Und dann erst das Essen! Grauenhaft.
Hoffentlich gaben ihr die Ärzte bald das OK, das sie wieder gehen durfte. Vor allem wollte sie wissen, was mit Arthur passiert war und ob er und Nick überhaupt noch am Leben waren.
Ich würde es wissen, wenn er tot wäre, dachte sie bedrückt und war sich dennoch nicht ganz sicher. Vielleicht fanden sie gar keinen Weg mehr aus dieser Anomalie, wo auch immer sie gerade waren.
Hoffentlich kam er noch rechtzeitig zurück, damit sie ihm die guten Nachrichten erzählen konnte. Er musste doch wissen... Oder vielleicht ahnte er es schon? Dabei hatte sie gar keine Gelegenheit gehabt, ihm etwas zu sagen. Die einzige, die ihr Geheimnis kannte, war Abby.

Mel drehte ihren Kopf auf die Seite und konnte so aus dem Fenster sehen. Es war stockfinster, nicht einmal der Mond war da, ganz zu schweigen von den Sternen. Sie sah zu ihrem Arm herüber, der in einer Schlinge aus weißem Verband steckte und sich anfühlte, als würde er gar nicht zu ihrem Körper gehören. Was Arthur wohl gerade machte? Ob er auch an sie dachte, so wie sie an ihn? Sie hoffte es und drehte sich unruhig im Bett hin und her. Sie konnte lange nicht schlafen, bis die Nachtschwester kam und ihr eine Beruhigungsspritze gab, als sie darum bat. Langsam dämmerte sie weg und merkt nicht, wie die Tür Minuten später wieder auf ging.

Sie merkte es erst, als die Person schon an ihrem Bett stand und sich an ihrem Arm zu schaffen machte. Sie fuhr hoch. Im Dunkeln konnte sie kaum etwas erkennen, außer die Silhouette der Person, denn ein wenig Licht schien vom Gang durch den Spalt in der Tür. Sie wollte noch etwas sagen, doch dann spürte sie, wie die Person, die sicher nicht die Nachtschwester war, eine Spritze an der Kanüle an ihrem Arm befestigte und ihr den Inhalt in den Körper gab. Mel konnte sich nicht wehren, sie musste es geschehen lassen. Was passiert hier, dachte sie panisch. Diese Person ist sicherlich nicht vom Krankenhauspersonal und ...

Weiter kam sie nicht, denn dann entfaltete das Betäubungsmittel seine Wirkung und sie sank zurück in völlige Schwärze. Man will mich entführen, war ihr letzter Gedanke, bevor sie ohnmächtig wurde. Sie bekam gar nicht mehr mit, wie die Person sie aus ihrem Bett hob und davontrug.

*

Sie wachte erst Stunden später wieder auf. Langsam hob sie den Kopf und sah sich um. Die Hände hatte man ihr hinter dem Rücken zusammen gebunden, der Gips war brutal entfernt worden und der gebrochene Arm schmerzte so stark, das Mel die Zähne zusammenbeißen musste, um nicht zu schreien. Wer hatte sie entführt? Wo war sie hier? Sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Das musste der Tag nach der Hochzeit sein, also der fünfte Juli. Vielleicht war sie aber auch länger bewusstlos gewesen? Sie sah sich in dem hohen Raum um. Kahle graue Wände, ein kleines, vergittertes Fenster, durch das nur wenig Sonnenlicht herein fiel. Der Boden, auf dem sie saß, war trocken, aber kalt. Und sie hatte nichts an außer dieses Krankenhausnachthemdes. Sie schauderte. Wenn der Kerl sie.... Nein, das würde sie sicherlich gemerkt haben, Betäubungsmittel hin oder her. Sie hoffte nur, das bald jemand kam, um sie zu befreien, denn selbst würde sie das wohl kaum schaffen. Wenn Abby und Connor heute vorbei kamen, um sie zu besuchen, würde ihnen ja auffallen, das das Bett leer war. Und sie war ja auch nicht in ein anderes Zimmer verlegt worden.
Wie sie das hasste, von einem Abenteuer in das nächste zu rutschen. Wieso konnte sie nicht ein friedliches leben führen wie jeder andere Bürger auch?

Sie versuchte, sich zu bewegen, den der Betonboden wurde langsam unbequem, aber ihr gebrochener Arm hinderte sie daran. Alles, was sie für ihre Bemühungen bekam, war ein blendender Schmerz und sie stöhnte unterdrückt auf. Wieso sollte man es einer Geisel auch bequem machen. Aber wer hatte sie überhaupt hier her gebracht und warum? Ihre Frage wurde in der nächsten Sekunde beantwortet, als die Tür aufging und ein wenig mehr Licht herein fiel.

Ein Mann trat hindurch, mit einem Tablett in den Händen. Mels Blick arbeitete sich von unten nach oben hoch. Er trug weiße Turnschuhe und eine verwaschene Jeans, ein braun gelb kariertes Hemd.
Langsam arbeitete sie sich zu seinem Gesicht vor und als ihr Blick darauf fiel, schrak sie zurück.
„Lex?“ flüsterte sie ungläubig und starrte ihn an. Er verzog den Mund zu einem spöttischen Lächeln und stellte das Tablett vor ihr auf den Boden. Dann richtete er sich wieder auf, steckte die Daumen in den Bund seiner Jeans und schaukelte leicht auf den Ballen seiner Füße vor und zurück, bevor er sprach.

„Sehr richtig erkannt, Melanie.“ Er beugte sich wieder zu ihr herunter und durchtrennte ihr die Fesseln. „Das mit deinem Arm tut mir sehr Leid, aber ich musste dich schließlich fesseln, also blieb mir keine andere Wahl.“ Sie starrte ihn hasserfüllt an und biss dann die Zähne zusammen, als sie ihren gebrochenen Arm in eine halbwegs normale Position brachte. „Du hättest mich auch nur mit einem Arm fesseln können. Mit einem Gips kann man nicht wirklich viel anstellen.“ sagte sie wütend und streckte sich, um an das Tablett zu kommen.

„Ich werde es mir für das nächste Mal merken.“ sagte er spöttisch und wandte sich zur Tür. „Ich denke, Arthur wird bald genug kommen? Dann wird er ja miterleben, was es heißt, jemanden zu verlieren, den man liebt.“ Mit diesen Worten verschwand er durch die Tür und schloss von außen ab.
Mel sank noch weiter in sich zusammen, soweit das möglich war. Er hatte sie hier her gebracht, um sie umzubringen, um sich an Arthur für etwas zu rächen, das er nicht getan hatte.

Vorsichtig wollte sie sich strecken, um das Tablett an ich heran zu ziehen, denn sie hatte seit dem vorigen Abend nichts mehr gegessen, doch dann hielt sie inne und wollte das Tablett von ich scheben, auch wenn es verführerisch roch. Frische Brötchen, ein Plastikbecher mit Kaffee, Wurst, Marmelade, Käse, ein hart gekochtes Ei. Ihr Magen rumorte protestierend und das Wasser lief ihr im Mund zusammen. Ich muss essen, wenn ich nicht schlappmachen will. Und hier geht es nicht nur um mich, dachte sie und griff nach einem Brötchen. Für eine Sekunde vergaß sie ihre Verletzung und wollte die andere Hand nach dem Messer ausstrecken, um das Brötchen aufschneiden zu können, doch dann schoss ein scharfer Schmerz von der Schulter bis ihn ihre Fingerspitzen, der sie fast ohnmächtig werden ließ. Gut, dachte sie verbittert, esse ich das blöde Ding halt trocken.

Kaum hatte sie die letzten Reste des Frühstücks vertilgt, als auch schon wieder die Tür aufging und Lex hindurch trat. Er hielt ein Bündel mit Kleidern in den Händen, das er ihr vor die Füße warf. Dann hob er das Tablett auf und wandte sich wieder zur Tür.
„Lex, warte! Wieso macht du das? Du musst doch wissen, das Arthur nicht lange auf sich warten lassen wird! Das bringt doch nichts! Lass mich gehen, bitte! Glaubst du, es macht Abby wieder lebendig, wenn du -“ Das Tablett krachte neben ihr an die Wand und das dünne Plastik zerplatzte in tausend scharfe Scherben. Glücklicherweise traf keine davon Mel oder ihn, aber es war beeindruckend.

Sie machte sich so klein wie möglich, als er sich vor ihr aufbaute. „Nein, aber dann habe ich endlich meine Rache!“ zischte er, bevor er die Tür hinter sich zu knallte und wie immer von außen ab schloss.
Mel sank schluchzend in sich zusammen. Gott, hol uns hier raus, irgendwer! Gerade jetzt war Arthur unerreichbar für sie, und sie wusste nicht einmal, ob er je wieder kommen würde.
 
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