Meine Geschichten
  Die Klippe
 
Wieder und wieder ließ er sich die Worte durch den kopf gehen, die er ihnen geschrieben hatte. Ein schwacher Trost. Keiner von ihnen, keiner würde es verstehen.
Hagrid nicht, und Ted, erst recht nicht. Er würde auch den letzten Menschen verlieren, der in akzeptierte und bedingungslos liebte. Es tut mir so Leid, Remus, das ich das deinem Sohn antun muss. Aber ich kann nichts tun. Eines Tages wird es passieren, so oder so. Ob früher oder später, spielt das eine Rolle?
Er wollte irgendwo hin, wo er allein und ungestört war, nachdenken konnte, und dann einen Plan schmieden, wie er ein Ende machen konnte. Ich habe allen Menschen in meiner Umgebung schaden gebracht, das wird nun ein ende finden.
Er fuhr aus der Stadt heraus und weiter durch die Landschaft, weiter, immer weiter. Nach vielen Stunden, er wusste nicht, wie vielen oder wie viele Meilen er zurückgelegt hatte, kam er ans Meer. Ein steiles Kliff stürzte unter ihm in die blauen Fluten. Das war der Ort, an dem er vor so langer zeit erfahren hatte, das er ein Zauberer war. Dort draußen auf dieser Insel. Die See war aufgepeitscht gewesen damals, doch jetzt war sie still und glatt, wie ein poliertes Stück Glas oder ein Spiegel.
Er trat an den Rand der Klippen und sah hinunter. Spränge er hier herunter, würde seine Leiche wohl nie gefunden. Zerschellen würde er auf den nadelspitzen Felsen unter ihm, Vögel und Fische hätten seine Reste wohl nur zu gerne.
Er zog eine Kopie des Briefes aus der Tasche, den er im Krankenhaus hinterlassen hatte, und las ihn sich noch einmal durch.

Meine lieben Freunde, meine Familie,

Es tut mir so unendlich Leid, euch das hier nicht persönlich sagen zu können, doch wenn ihr das hier lest, werde ich schon nicht mehr da sein. Ich gehe, weil ich keinen Sinn mehr in meinem leben sehe.
Hagrid, wenn du da bist und das hier liest, ich weiß, du wirst schreien und toben, doch ändern kannst du es nicht. Ich mochte dich vom ersten Moment an. Erst wollte ich dir nicht glauben, was du mir an meinem 11. Geburtstag offenbartest- und jetzt? Sieh, was bis jetzt passiert ist! Denke nicht schlecht von mir, aber es geht nicht. Ich kann so nicht weitermachen. Trotz allem liebe ich dich wie einen Bruder und Freund. Bitte versteh es.
Ted, ich war vom ersten Moment an hingerissen von dir, auch wenn ich damals jünger war, als du jetzt bist, habe ich mich nach dem Tod deiner Eltern doch breit erklärt, für dich zu sorgen und liebe dich wie einen Sohn. Auch du musst verstehen, ich will dir nicht die wichtigste Person in deinem leben wegnehmen, doch ich kann nicht anders, Ginny hat dir wahrscheinlich gesagt, warum. Ich liebe dich, vergiss das bitte niemals, ja?
Ginny, auch du wirst nicht verstehen können, wie ich so etwas tun konnte, doch auch dir sage ich, ich kann nicht mehr. Oft hast du für mich die Sonne aufgehen lassen, wenn es in mir drin kalt und leer war, und allein dafür liebe ich dich. Doch ich weiß genau so gut wie du selbst, das du nicht willst, dass ich leide. Also mache ich es kurz und schmerzlos, für alle von uns. Ihr müsst nicht mit ansehen, wie ich langsam aber sicher verfalle, und ich selbst auch nicht. Allein das macht es für mich erträglicher. Für euch wahrscheinlich nicht. Versucht gar nicht erst, mich zu finden, ihr werdet nicht mehr rechtzeitig kommen.
Und ich habe keine Angst vor dem Tod. Ich werde alle wieder sehen, die ich liebe und die mir eine menge bedeutet haben auf meinem Weg zu dem, was ich heute bin.
Wahrscheinlich werdet ihr alle dennoch versuchen, mich zu finden. Ich werde zusehen, dass ihr das nicht schafft. Ihr habt keine Ahnung, wie weh es tut, euch verlassen zu müssen, doch viel größer noch ist der Schmerz, wenn ich an das denke, was hätte kommen müssen. Also bitte tadelt mich nicht dafür. Nehmt es hin. Es ist besser so. Für alle.
In ewiger Treue und liebe,
Harry.

Er ging noch ein Stück näher an den Rand der Klippe, und kleine Steine bröckelten ab und verschwanden im Nirgendwo.
Irgendetwas hielt ihn zurück. Wollte er das wirklich? Wollte er wirklich sterben?
Er holte noch einmal tief Luft und schloss die Augen.

Zur selben Zeit in London.

Ginny ging mit Ted an ihrer Seite durch die Gänge des Krankenhauses. Vor Harrys Zimmer angekommen, klopfte sie leise.
Sie erhielt keine Antwort. „ Harry?“
Wieder antwortete ihr niemand.
Langsam drückte sie die Klinke herunter und trat in den Raum. Er war leer.
Das Bett war ordentlich gemacht, alles war sau
Ber und ordentlich nur… er fehlte.
Noch hatte sie nicht das Gefühl, das etwas nicht stimmen könnte. Sie ging zur Rezeption und fragte nach. Vielleicht hatte man ihn auf ein anderes Zimmer verlegt?
Aber…nein. Er hatte nicht das Zimmer gewechselt Sie lief zurück, jetzt machte sich Panik in ihr breit wie ein hungriges Tier.
Ted stand am Nachttisch und hielt etwas in der Hand. Ein Stück Pergament.
„ Ginny, sieht mal hier.“ Sagte er und klang erschreckend ruhig.
Sie ging zu ihm herüber und nahm ihm das Blatt aus der Hand.

Meine lieben Freunde, meine Familie,

Es tut mir so unendlich Leid, euch das hier nicht persönlich sagen zu können, doch wenn ihr das hier lest, werde ich schon nicht mehr da sein….

Erschrocken presste sie sich eine Hand vor den Mund, doch ein ersticktes Schluchzen konnte sie nicht mehr aufhalten.
Ted ging zu ihr herüber und nahm sie in den Arm. Kraftlos sank sie gegen ihn und ließ ihren Tränen freien Lauf.
Eine Stimme ließ sie aus ihren Gedanken schrecken.
„ Hey Ginny-„ sie wandte sich um.
Ron und Hermine standen in der Tür. Rons Gesichtsausdruck wandelte sich von Freude zu Schock.
„ Was-?“
„ Er… er ist weg!“ sie brachte nur ein hysterisches Krächzen zu Stande.
Ron starrte sie immer noch an. „ Wer ist weg-„ Aber dann fiel sein Blick auf das bett und er musste sich auf das Bett setzen, um nicht zu fallen. Er war aschgrau im Gesicht. Ginny reichte ihm wortlos den Brief und sie konnte sehen, wie sein Mund mit jeder Zeile etwas weiter aufklappte und sich auch in seinen Augen Tränen sammelten.
„ Das… das kann er nicht machen…“ flüsterte er leise. Hermine setzte sich zu ihm und legte einen Arm um seine Schulter, dann las sie den Brief ebenfalls.
„ Wie konnte das passieren?“ fragte sie entsetzt.
Ginny hickste einmal.
„ Er… er hat gestern das Ergebnis bekommen, warum ich euch angerufen hab… ich wollte es euch am Telefon nicht sagen… er braucht dringend einen Knochenmarkspender, wenn er den nicht findet…. Er hat vielleicht nur noch ein halbes Jahr zu leben und… dieser Stümper von einem Arzt war so schlau ihm sehr detailliert zu sagen, was genau er hat. Er… ich kam heute Morgen hier an und sein Bett war leer und…dieser Brief lag auf dem Kopfkissen… wenn er sich wirklich was antut…“ sie schluchzte auf.“ Wie sollen wir ihn nur jemals finden? Wir müssen doch etwas tun…“
Hermine atmete einmal tief durch.
„Wissen die Kinder davon?“ fragte sie.
Ginny schüttelte den Kopf.
„ Lily ist bei meiner Mutter, ich konnte ihr doch nicht sagen… James und Al sind ja in der Schule, aber ich will sie doch nicht total damit verängstigen…“
„ Okay, Ginny, hör mir zu. Du musst es ihnen sagen. Allen dreien. Sag vielleicht auch den Lehrern bescheid, vielleicht finden sich dort noch Leute, die bereit wären zu…“
„ Moin.“ Ein großer Schatten fiel auf sie und versperrte die Tür.
„ Hagrid!“ rief Hermine überrascht. „ Wo kommst du denn her?“
Er sah sie an. „ N´ja hab mir mal das Wochenende frei genommen, weil ich euch mal besuchen wollt´“ Dann fiel ihm die Stimmung im Raum auf und er runzelte die Stirn. „Was´n los?“
Hermine reichte ihm mit zitternder Hand den Brief.
Hagrids Gesicht verlor fast sofort sämtliche Farbe. „ Oh nein!“
Ginny weinte nur noch heftiger. „ Wir…wir müssen doch etwas tun! Hagrid… bitte du musst uns helfen!“
„ Das werde ich. Bin mit dem Motorrad da, weißt schon, das was Sirius ihm geschenkt hat.
Aber habt ihr eine Ahnung, wo er hin sein könnte?“
Ginny hickste noch einmal, dann sagte sie.“ Es…es gibt so viele Orte, wo er sein könnte, wenn er einfach nur nachdenken will… er könnte in Godric´s Hollow sein, beim Grab seiner Eltern oder an all den Plätzen, an denen wir alle schon gemeinsam gewesen sind… Aber… wenn er sich… wirklich etwas antun will…“
Hagrid zögerte nicht lange.“ Okay, dann teilen wir uns auf. Ron, du gehst zum ligusterweg- ich weiß, das er da nie gerne gewesen ist, aber immerhin hat da alles angefangen, vielleicht will er es da zu Ende bringen. Ginny und Hermine, ihr geht nach Godric´s Hollow und schaut da nach.
Und ich… gehe zur Küste runter. Vielleicht ist er da irgendwo.“
Ted sah sich um. „ Und mit wem gehe ich?“ fragte er. Hermine hatte eine Idee. „ Geh doch nach Hogwarts und sag den Lehrern bescheid, die sollen her kommen. Vielleicht findet sich dort noch jemand, der uns helfen kann. Und verpflichte alle Lehrer! Aber versuch es so zu machen, das die Kinder nichts merken.“ Sagte sie zu ihm und die drei apparierten davon, Hagrid ging zu seinem Motorrad und beschränkte sich auf ein davonfahren, statt eines Davonfliegens.

Er stand noch immer an derselben Stelle. Und wartete. Und wartete. Worauf? Darauf, das sich sein Selbsterhaltungstrieb meldete und ihm sagte Nein stopp du darfst nicht springen?
Was brachte es jetzt noch. Zu warten? Sollte er es nicht lieber jetzt tun?
Er wollte, aber er konnte nicht. Er kämpfte darum, dass sein Wille die Oberhand gewann, nicht sein Verstand, der ihm doch davon abriet zu springen. Wann habe ich zuletzt etwas getan, ohne nachzudenken? Dachte er missmutig.
Denk an deine Familie. Flüsterte eine leise Stimme in seinem Kopf. Denk an deine Freunde! Was würden deine Eltern agen? Meinst du, sie fänden das Toll?
SCHNAUZE
Denkst du, all diese Personen sind umsonst gestorben, damit du dich jetzt da runter stürzt? Meinst du nicht, sie wollten, dass du weiterlebst und glücklich bist?
Da haben sie aber den Haken nicht bedacht, den diese Sache hat. Dachte er verbittert und stand immer noch zitternd am Rand dieser Klippe. Mittlerweile war ein starker Wind aufgekommen und das Meer war nicht mehr spiegelglatt. Es schäumte wütend und rauschte gegen die Felsen unter ihm, spritzte so hoch, dass er die Gischt auf seinem Gesicht spüren, die salzige Luft riechen und beinahe auch schmecken konnte. Wenn ich all das hier aufgeben soll, dann für einen guten Zweck. Dachte er lächelnd, aber er traute sich doch nicht, den letzten Schritt zu tun.
Plötzlich erfüllte ein donnerndes Brummen die Luft und Hagrids riesiges Motorrad landete ein paar Meter von ihm entfernt auf den Felsen.
Eine große Gestalt sprang herunter und ehe Harry sich versah, hatte Hagrid ihn in eine Knochenbrechende Umarmung gezogen.
„Du bist so ein Idiot! So ein verdammter dreimal verfluchter Idiot, uns allen so eine Angst zu machen, verdammt!“ schluchzte er. Harry starrte mit ausdruckslosem Gesicht an ihm vorbei.
„ Lass uns nach Hause fahren, ja, Harry?“ hörte er Hagrid leise fragen.“ Wir gehen nach hause und…sag´n all´n das es dir wieder gut geht, nich?“
Harry machte sich von ihm los.“ Am besten, du gehst jetzt, Hagrid. Ich war hier noch nicht fertig.“ Sagte Harry dumpf und Hagrid knurrte.
Urplötzlich schoss seine große Faust vor und packte ihn am Hemdkragen, dann schob er ihn stück für Stück über den Rand.
„ DU WILLST STERBEN? NUR ZU; ICH LASSE GERNE LOS; WENN ES DAS IST, WAS DU WILLST! BRAUCHST ES NUR ZU SAGEN, ARRY!!!“ brüllte er und schob ihn noch ein Stück weiter über den Rand.
„ LOS DOCH; SAG SCHON! ICH KANN MIR NOCH EINE PASSENDE LÜGE AUSDENKEN; SAGEN WIR EINFACH, ICH WÄRE ZU SPÄT GEKOMMEN; UM ES ZU VERHINDER!“ schrie er weiter, sodass Harry die Ohren schmerzten. Vorsichtig schaute er nach unten. Ihm war gar nicht bewusst gewesen, wie hoch es hier eigentlich war. „ Schon gut, schon gut! Lass mich wieder aufstehen, okay? Ich springe nicht, ich schwörs!“
Hagrid knurrte noch einmal und funkelte ihn wütend an.
„ Mach – das – nie - wieder!“ zischte er und setzte Harry auf festem Boden ab.
Er schleifte ihn regelrecht zu seinem Motorrad, immer noch zornig vor sich hin murmelnd.
„ Was haste dir denn dabei gedacht, hm? Haste auch mal an Ginny und Ron und Hermine oder an Ted und deine Kinder gedacht? Hast du an mich gedacht, bevor du diesem Mist verzapft hast?“ fragte er, als sie wieder im Motorrad saßen und an der Küste entlang flogen.
„ Nein, Hagrid. Ich hab gar nicht nachgedacht. Du hast den Brief doch bestimmt gelesen? Dann weißt du doch eh alles. Mir ist nicht mehr zu helfen, verstehst du?“
Er drehte sich zu ihm um. „ Ach, und das ist ein Grund, so viele Menschen ins Chaos zu stürzen? Also wirklich!“
Harry sah weg.
„ Lass gut sein, ja? Ist ja nichts passiert.“
„ Nichts- NICHTS passiert? Ginny und die anderen sind fast umgekommen vor Angst! Das nennst du nichts?!“ fragte Hagrid erschüttert.
Doch Harry hörte ihm schon nicht mehr zu, er war eingeschlafen.
 
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