Meine Geschichten
  1-6
 
Entglitten

Hast du wirklich geglaubt, uns alle hinter Licht führen zu können? Wolltest du uns allen Sand in die Augen streuen? Da musst du schon früher aufstehen. Ich weiß, wie ich ihm diese Worte gesagt habe, kurz nachdem er uns eröffnet hat, er müsse fort. Fort von uns, fort von Auenland. Und damals habe ich den Sinn noch nicht verstanden. Natürlich, wir drei Verschwörer, wir wussten von dem Ring. Und natürlich wussten wir auch, das er weit mehr war als nur ein magisches Spielzeug, wie die Dinge, die die Zwerge aus Dal damals beim fest mit anschleppten. Natürlich habe ich mich für ihn und für Bilbo gefreut. Man wird schließlich nur einmal jährig, oder, wie in Bilbos Fall, hundertelf. Ich selbst war damals noch zu klein, um den Sinn zu begreifen, der hinter Bilbos Abschlussrede stand. Schließlich war ich selbst erst elf. Aber ich weiß noch so klar wie damals, wie er sagte: Drittens und zuletzt, möchte ich etwas bekannt geben. Mit Bedauern gebe ich bekannt, das dies das Ende ist. Ich gehe. Ich verlasse euch jetzt. Auf Wiedersehen.
Und er verschwand in einem Lichtblitz. Er war weg. Ich konnte es nicht glauben, er war weg.
Und dann, als Frodo uns sagte, er müsse fort aus dem Auenland, da habe ich langsam verstanden. Ich (Und wohl auch die anderen) hatten Angst, er könnte uns Durch die Finger rutschen wie Merry so schön gesagt hat. Wir wollten nicht zurückgelassen werden, sondern ihm folgen, wohin er auch geht. Uns zur Not an ihn ketten oder ihm folgen, egal wie. Aber zurückgelassen werden wollte keiner von uns. Und jetzt, Frodo, hast du es doch geschafft. Du hast uns zurückgelassen.
Ich finde keinen Frieden im Auenland. Hast du einmal gesagt. Wo hast du deinen Frieden gefunden, Vetter? Dort, wo du jetzt bist, in den Unsterblichen Landen? Ich wünschte, du hättest uns nicht verlassen. Hättest du nicht auch hier deinen frieden finden können? Aber vielleicht hat Merry Recht. Vielleicht konntest du wirklich nicht mehr, und ich begreife nicht den Schmerz, den man dir dort im verhasten Land zugefügt hat. Doch das tue ich. Gewiss hast du -und hat auch Sam- uns vieles verschwiegen. Doch ich will die Wahrheit nicht bis ins Detail wissen. Ich will nur wissen, ob du Frieden gefunden hast, dort, in diesem Land. Ob du glücklich bist, dort. Ich muss es wissen. Ich…muss es dich sagen hören. Sag mir, dass du geheilt bist. Sonst kann auch ich nicht glücklich werden in dieser Welt.

Was wäre wenn...?

Feuer, Rauch und Hitze schlagen mir von dort unten entgegen, von dort, wo er hinein gefallen ist. Hasserfüllt starre ich die zwei Figuren vor mir an. Aber plötzlich verstehe ich. Ich fühle mich frei, frei von allem Verlangen zu töten und ich widerstehe dem Drang, dort hinunter zu springen, wo er hingegangen ist. Ich bin frei von allem Zwang, das wird mir jetzt klar.

Es ist, als wäre ein großes Gewicht von meinen Schultern genommen worden und auch aus meinem Denken ist etwas verschwunden. Ich bin frei, dahin zu gehen, wo ich will, ohne von IHM gezwungen zu werden. Und plötzlich sehe ich die zwei dort in einem ganz anderen Licht. Nicht mehr als feinde sondern als Verbündete, vielleicht als Freunde denen ich vertrauen kann und die mir vertrauen können, so viel ist sicher. „ Du bist frei.“ Sagt Frodo.“ Frei zu gehen wohin du willst.“ Ich sehe ihn an und weiß: Er will mir nichts Böses und wollte es nie, doch ich habe sein Vertrauen missbraucht und ihn betrogen. Sein Freund hatte Recht, mir zu misstrauen, denn nichts anderes habe ich verdient. Doch ich werde ihnen zeigen, dass ich auch anders kann. Ich werde gehen, weit weg, und ein neues Leben beginnen. „ Geh jetzt und vergiss, was passiert ist. Fang neu an.“ Er reiht mir seine Hand, die an der der Finger fehlt, den ich nur Minuten zuvor abgebissen habe. Das wollte ich nicht. Mit einem Schlag wird mir klar, was ich getan habe. Am Liebsten würde ich laut schreien:“ Das wollte ich nicht, verzeih mir!“ Doch ich kann es nicht. Ich bringe keinen Ton heraus. Wir waren(oder sind?) Feinde, doch er reicht mir die Hand zur Versöhnung, und ist bereit, alles Unrecht zu vergessen, wenn ich gehe. Doch ich weiß, der verrat, den ich begangen habe, ist zu groß, um noch geheilt zu werden. Er wird nie vergessen, was gewesen ist, auch dann nicht, wenn ich weg bin. Also gehe ich, um ihm das Vergessen leichter zu machen.

Aus den Schatten

Langsam gehen sie nebeneinander her über das Schlachtfeld. Rauch kriecht über den Boden und verpestet die Luft mit dem Gestank nach verbranntem Fleisch. Die riesigen Kadaver der Mûmakil liegen dort wie große graue Hügel und mitten drin, der stinkende Kadaver eines Wesens, das geradezu aus den Alpträumen zu kommen scheint. Ein Troll.
„Der, der den gefällt hat, muss wohl schon…“
„Nein, warte Legolas. Da liegt einer drunter. Oh mein…“
Jemand zieht scharf die Luft ein. Sonst hört man nichts. Es ist beunruhigend still. Aber endlich, endlich wird die tonnenschwere Last von mir genommen. „Verdammt!“ höre ich eine Stimme knurren. Es klingt undeutlich, so weit weg. Wie kann hier, in all der Dunkelheit und dem Schmerz noch jemand sein, außer mir? Ich verstehe es nicht. Aber die grauen Wolken um mein Bewusstsein sind dicht, und ich bekomme nur am Rande etwas mit. Weiter und immer weiter entfernen sich die Stimmen, so als würde man in den Schlaf hinübergleiten, aber dennoch hören, wie jemand redet. Im Unterbewusstsein.
„Ist er…?“ fragt eine zaghafte Stimme, die so gar nicht zu ihrem Besitzer passen will. Starke Arme heben mich hoch und trage mich davon. Es ist, als würde ich fliegen, nur schöner. Aber ich vergesse die Stimmen für eine Weile, als der Schmerz erneut durch jede einzelne Faser meines Körpers pocht, es ist, als würde glühende Lava durch meine Adern gegossen. Es ist so heiß, o heiß. Ich stehe in Flammen, merkt das keiner?
„Nein…nein, er atmet noch. Aber schwach. Wir müssen ihn hier wegbringen.“
Und wieder umfängt mich Dunkelheit und die Wolken um mein Bewusstsein werden dichter und ersticken alles andere.

Und jetzt liegst du hier, rührst dich nicht. Nur schwach hebt und senkt sich dein Brustkorb, und man kann hören, wie viel Mühe dir jeder einzelne Atemzug bereitet. Ich selbst will nicht ans Schlafen denken. Ich kann mir keine Schwäche erlauben. Was, wenn du aufhörst, zu atmen, während ich schlafe? Was, wenn du stirbst, und ich konnte dir nicht helfen?
Aragorn hat mir gesagt, wie schlecht es um dich steht.
„Merry, willst du nicht etwas essen? Wenigstens…“
Ich schüttele nur den Kopf. Ich will dich nicht einmal für fünf Minuten alleine lassen, selbst dann nicht, wenn ich weiß, Aragorn oder Gandalf sind bei dir.
Und dabei weiß ich genau, was du durchmachen musst.
„Er hat sich fast Mehr Knochen gebrochen, als gesund für ihn wäre. Sein rechtes Knie…ich weiß nicht einmal, ob er überhaupt je wieder damit wird laufen können. Seine Rippen sind mehrfach gebrochen, wir können von Glück sagen, dass sich noch keine in seine Lunge gebohrt hat…“ ich schließe die Augen. Wieder sind da diese Bilder in meinem Kopf, die ich nicht loswerde. Nicht einmal in meinem Schlaf, denn dann ist es besonders schlimm.
„Ich weiß nicht, ob er je wieder ganz gesund wird, Merry. Nicht einmal ob er…“
Nicht einmal ob er wieder aufwachen wird. Das wolltest du doch sagen, Aragorn, nicht wahr? Aber du tust es nicht. Du willst mir das ersparen, aber du kannst es nicht. Ich werde der erste sein, der es erfährt. Deswegen sitze ich hier und rühre mich keinen Millimeter von der Stelle. Ich war von Anfang an ein fester Teil deines Lebens, von der Sekunde an, als meine Mutter dich mir in die Arme legte, und was haben wir nicht alles durchgemacht in all den Jahren? Wenn du dich jetzt so feige davonstiehlst, Peregrin Tuk, dann werde ich dir wohl oder übel folgen müssen. Ohne dich hat mein leben keinen Sinn mehr. Ohne dich will und kann ich nicht weiterleben.
Es vergehen Tage, die so endlos scheinen, als wären sie aus Kaugummi, das sich zieht uns zieht. Als du erste Anzeichen der Besserung zeigst, erlaube auch ich mir zu schlafen. Das Fieber geht langsam herunter, und viele der blauen Flecken und Prellungen sind nicht mehr ganz so schlimm.
Ich erlaube mir eines Tages, eine Weile an deiner Seite zu dösen, deine gesunde Hand in meiner. Ich bin noch nicht wirklich eingeschlafen, als ich wieder hochschrecke und merke, deine Hand drückt ganz vorsichtig die meine. Ich hebe den Kopf und kann sehen, dass auch du die Augen offen hast und mich ansiehst. Du siehst mich einfach nur an mit einem Blick, als wolltest du sagen: “Es ist alles in Ordnung.“ Und ich weiß, das ist es.

Von Sinnen

Ich drehe mich langsam zu ihm um. Er kauert in einer Ecke am Boden und zittert. So sehr, dass ich am liebsten zu ihm hingehen würde, um ihn zu trösten. Aber ich weiß, er würde es nicht zulassen. Das ist etwas, durch das wir alle alleine gehen müssen.
„Sie kommt nie mehr wieder, oder?“ fragt er mich leise und mit tränenerstickter Stimme. Ich nicke, aber da ich weiß, dass er das nicht sehen kann, sage ich leise „Ja.“
Ich würde dich so gerne trösten, Bruder, doch ich weiß, ich kann es nicht.

Und dabei bin ich jünger als er. Und nach meinem Vater auch der wertlosere von uns beiden. Wo ich gehe und stehe heißt es nur“ Boromir hier, Boromir da.“ Nicht, das ich neidisch wäre, nein. Neidisch bestimmt nicht. Ich gönne ihm ja den Triumph.
Nicht, dass unser Vater jemals anders gedacht oder empfunden hätte seit dem Tag, als unsere Mutter einfach nicht wieder aufstand. In seinen Augen war ich schon immer wertlos, zu nichts zu gebrauchen.
Ich bin nicht neidisch gewesen auf meinen Bruder, den ich so geliebt habe. Nein. Aber immer in seinem Schatten stehen zu müssen, immer nur Zweitbester zu sein, das macht einen nicht glücklich. Und als du dann in diesem Boot auf mich zutriebst, lieber Bruder, da wurde es mir mit einem Schlag klar. Das, wozu du ausgezogen sein musst, muss gescheitert sein.
„Er hätte ihn mir bringen müssen. Hier wäre er sicher verwahrt worden, nur in Notzeiten benutzt und sorgfältig bewacht.“ Konnte Vater denn nicht verstehen, was das Ding mit dir angerichtet hat? Was es mit ihm angerichtet hat? Er ist wahnsinnig geworden, schon bald nach Mutters Tod. Und jetzt hat ihn dieser Wahnsinn in den Tod getrieben, und dich auch. Werde ich am Ende gar der nächste sein? Werde auch ich von seinem Zauber gebannt und in den Tod stürzen? Ich will alles tun, damit das nicht passiert. Ich will am Leben bleiben und dein Andenken in Ehren halten.

Du kannst mir nicht helfen...

Ich starre ihn an. Sekundenlang, bevor ich endlich handeln kann.
„ Ich will dir doch nur helfen.“ Ich sehe nur, wie sich seine Lippen bewegen, alles andere blende ich aus. Er will ihn mir wegnehmen, ihn für sich haben. Gollum hatte Recht. Ich hätte es wissen müssen. Ich hätte ihm nicht vertrauen dürfen.
„ Ich könnte ihn für dich tragen, wenn du…“
„Gib ihn her.“ Meine Stimme klingt fremd, rau, scharf und schneidend wie die Steine, die wir unter unseren Füßen spüren konnten und die uns den Aufstieg zur Qual machten.
„ Gib ihn her, Sam.“ Diesmal sage ich es lauter, falls er mich nicht gehört hat. Er schaut mich nur traurig und mitleidig an. Ich brauche kein Mitleid. Nicht von ihm. Und auch von sonst niemandem.
„ Ich will dir doch nur helfen. Ich kann die Last für dich tragen…für dich tragen…“ Etwas klingelt in meinen Ohren und mit einem Aufschrei reiße ich meinen Schatz an mich.
„ Du! Du bist Schuld an allem!“ schreie ich.
Aber erst als ich sehe, dass sich seine Augen mit Tränen füllen angesichts dieser Aussage, erwache ich aus meiner Starre. Ich habe ihn mit meinem Schwert beinahe getötet, als er mich schützen wollte.
Und nun will er mir meinen Schatz, meinen größten Besitz, einfach so rauben? Das kann ich nicht glauben. Langsam sehe ich wieder klar. Er will mir nur helfen, doch er kann es nicht.
„ Diese Aufgabe ist mir auferlegt worden, Sam. Ich muss ihn tragen. Ich allein. Du kannst mir nicht helfen. Nicht jetzt.“
Und dabei weiß ich, dass er es doch versuchen wird, so stur wie er ist

Bree

Es war schon dunkel und es regnete, als ihr an das hohe Tor kamt. Zu hoch für euch, um darüber zu klettern. Nicht zu hoch für mich.
Ich sah, wie ihr am Torwächter vorbeikamt, dem eure Erscheinung so gar nicht gefiel. Aber immerhin, ihr kamt an ihm vorbei. Ich würde auch an ihm vorbeikommen, wenn er erst in seinem Häuschen verschwunden war, allerdings leise und ungesehen.

Leise schwang ich mich über das Tor und verschmolz mit der Dunkelheit.
Bemerkt ihr mich deshalb nicht? Und bin ich deshalb schneller im Gasthaus und sitze schon, als ihr zur Tür hereintretet? Dafür, dass ihr etwas so wertvolles und gefährliches mit euch führt, seid ihr erstaunlich unvorsichtig.
Das wird einmal mehr bewiesen durch die Dummheit, die einer von euch begeht. Da muss ich doch einmal eingreifen.

Natürlich, euch bin ich als Streicher vorgestellt worden, der Waldläufer, von dem niemand genaues weiß. Vielleicht ist es besser so. Ihr wollt nicht wissen, wie viele Jahre ich im Exil leben musste, damit mir diese Rolle passt. Wird mir die Rolle, die ich eines Tages anstrebe, genau so gut passen? Werde ich versagen oder werde ich siegen? Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass ich jetzt dafür sorgen muss, dass der Auftrag nicht scheitert.
Verantwortung. Schon wieder lastet sie auf meinen Schultern, doch sie drückt mich nicht nieder. Ich habe gelernt, mit ihr zu leben, und sie ist mein ständiger Begleiter geworden.
 
  Heute waren schon 12 Besucher (22 Hits) hier!  
 
Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden